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Die Obamas

Die Obamas

Titel: Die Obamas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Kantor
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Präsidentschaftswahlkampfs sagte Obama zu Freunden, er könne Valerie Jarrett gar nicht ansehen, wenn er eine Rede halte, sonst würde er zu emotional werden und anfangen zu weinen.
    Obama war damals ständig unterwegs, und Jarrett nahm ihm vieles ab: Sie behielt die Zentrale im Auge, sie fungierte gegenüber Außenstehenden als Abgesandte und kümmerte sich um die sensible Rassenfrage. Sie war reflektiert, diplomatisch und präzise, aber ihr Verhältnis zu Obamas Beratern gestaltete sich mitunter schwierig: Mit der Bundespolitik war sie nicht vertraut, und ihre bloße Anwesenheit wirkte manchmal wie eine Kritik an der Arbeit der anderen. »Ich habe nur ein Programm«, sagte sie gern und meinte damit den Erfolg des Präsidenten – was Raum ließ für den Gedanken, dass für ihre Kollegen durchaus noch anderes wichtig war. Ihr enges Verhältnis zu Michelle Obama, die so oft Kritik am Team ihres Mannes übte, verstärkte diesen Eindruck. Barack Obama sei anders als andere Politiker – ein Gedanke, den so nur Michelle Obama laut zu äußern wagte und für den die anderen in Washington, Rahm Emanuel eingeschlossen, wenig Verständnis aufbrachten.
    Jarrett ist klein, sie hat eine leise Stimme, und dennoch versteht sie es wie kaum ein anderer, den Obamas ein Gefühl der Sicherheit zu geben. Irgendwann zwischen 2004 und 2008 hatte sich das Leben des Ehepaars in einer Weise entwickelt, dass zwei Leute allein es nicht mehr organisieren konnten. Jarrett kannte sie besser als irgendjemand sonst, und sie wurde die Dritte im Bunde, die den Sprung mit ihnen wagte. Sie war gleichsam der zusätzliche Speicherplatz auf ihrem Computer, der ihnen bei ihrer großen Aufgabe zur Verfügung stand.
    Jarrett hätte alles für sie getan – ob es nun darum ging, potenzielle Außenminister unter ihre Fittiche zu nehmen oder einen Tisch im Restaurant für die Obamas zu reservieren, mit dem Hinweis, Stillschweigen zu bewahren. Doch sie hatte auch noch eine andere wichtige Rolle: Sie vermittelte bei Streitigkeiten zwischen den Ehepartnern Obama. Im Weißen Haus war sie die Einzige, die in alle Aspekte ihres Lebens einbezogen wurde: Sie war eine der leitenden Mitarbeiterinnen im Westflügel, zuständig für die Kontakte zu Regierungsvertretern und Interessengruppen, gleichzeitig war sie Michelles engste Beraterin und hatte sich mit Nesbitt und Whitaker angefreundet. Sie machte sogar mit den Obamas Urlaub.
    Rahm Emanuel war gegen ihre Berufung ins Weiße Haus gewesen, er hatte sogar mit Rod Blagojevich, dem früheren Gouverneur von Illinois, darüber gesprochen, sie für Obamas frei gewordenen Senatssitz zu nominieren (und war damit unversehens mitten in ein Ermittlungsverfahren gegen Blagojevich hineingeraten). Freunde aus Chicago taten sich im Westflügel oft schwer. Jarrett hatte keine klar definierte Position in der Organisation, und sie konnte nicht gleichzeitig Freundin und Mitarbeiterin sein – zwei Rollen, die zwangsläufig miteinander kollidieren mussten. Berichtete sie beispielsweise alles, was sie hörte, den Obamas, oder verhielt sie sich solidarisch gegenüber den anderen leitenden Mitarbeitern?
    Obama tat solche Bedenken ab, nicht nur, was Jarrett und Emanuel, sondern auch was andere Schlüsselfiguren des Teams betraf, zum Beispiel Lawrence Summers. Die Aufgabe, die der Präsident dem Spitzenökonomen und früheren Finanzminister übertrug, setzte voraus, dass man auch andere Meinungen gelten ließ. Doch Summers war nicht eben ein kooperativer Typ: Sein Amt als Präsident der Harvard University hatte er wegen seines schlechten Verhältnisses zum Lehrkörper aufgeben müssen. Während des Präsidentschaftswahlkampfs aber hatte sich Obama stark auf Summers’ einleuchtende Erklärungen zur Wirtschaftskrise gestützt, und er war zuversichtlich, das Beste aus Summers herausholen und dessen Schwächen ausgleichen zu können.
    Barack Obama war schon immer davon überzeugt zu wissen, wie er seine Anliegen durchsetzen wollte und konnte. Bei einem Einstellungsgespräch im Jahr 2006 warnte er, damals noch Senator, seinen späteren Wahlkampfmanager David Plouffe: »Ich könnte wahrscheinlich alles, was im Wahlkampf zu tun ist, besser als die Leute, die ich dafür einstelle«, sagte er. »Es ist schwer, die Kontrolle abzugeben, wenn man sie immer in der Hand hatte.« [22] Fast das Gleiche sagte er auch zu Patrick Gaspard, den er zum politischen Direktor der Kampagne machte: »Ich glaube, ich bin ein besserer Redenschreiber als meine

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