Die Obamas
erhoffte Auszeit nehmen. Ihr Abstecher nach Chicago im vergangenen Februar war nicht wie geplant verlaufen, ihr Rendezvous in New York war schiefgegangen, und ihre letzten Sommerferien in Martha’s Vineyard waren überschattet gewesen vom Tod Senator Edward Kennedys. Ben Bernankes Wiederernennung als US -Notenbankchef fiel ebenfalls mitten in die Ferienzeit. Auch diesmal musste ihre Abreise nach Hawaii wegen der Abstimmung über die Gesundheitsreform verschoben werden; doch gleich nachdem die Demokraten, vollkommen erschöpft, aber siegreich, ihr Ziel erreicht und die Abstimmung gewonnen hatten, reisten die Obamas schließlich ab.
Als die Air Force One gen Westen flog, übermittelte Bill Burton, der stellvertretende Pressesprecher, eine Sondermitteilung des Präsidenten an die Journalisten: »Relax!« – Entspannt euch. Erwartet keine Erklärungen oder Ereignisse, die eine Meldung wert sind.
Jeder, und Barack Obama am allermeisten, hatte die Ferien dringend nötig. Und mehr als jeder andere Ort der Welt verkörperte Hawaii für den Präsidenten so etwas wie ein Zuhause; sein alljährlicher Urlaub dort war ihm heilig. Auf Hawaii spielte er Basketball mit alten Schulkameraden und ging mit seinen Töchtern Shave-Ice essen – eine hawaiianische Eisspezialität. Und immer hatte er seine Großmutter Madelyn Dunham besucht. Michelle Obama behauptete gern, dass man ihren Mann eigentlich nicht verstehen könne, ohne auf Hawaii gewesen zu sein. In den vergangenen Jahren waren auch die Nesbitts, Whitakers und Valerie Jarrett mit von der Partie gewesen.
Dass diese Hawaii-Reisen nicht in Frage gestellt werden durften, war auch das Ergebnis jahrelanger Diskussionen zwischen Barack und Michelle Obama.
Als Obama 2008 gegen Bobby Rush kandidierte – eine Zeit, die er später als Tiefpunkt seiner Ehe beschrieb –, war er ebenfalls über die Feiertage auf Hawaii gewesen. Damals wurde in Illinois über ein neues Waffengesetz abgestimmt. Doch weil Malia Fieber hatte, weigerte sich seine Frau, vorzeitig nach Hause zu fliegen – nicht für eine Kandidatur, gegen die sie von Anfang an gewesen war und die er sowieso verlieren würde. Er hätte natürlich allein heimfliegen können, aber er blieb und verpasste die Abstimmung. Zurück in Chicago, erklärte er, sein Kind sei krank gewesen – worauf die Journalisten sich auf den Arm genommen fühlten. Valerie Jarrett betonte später, dass diese öffentliche Erklärung im Grunde seiner Frau gegolten hatte. Ein Zeichen, dass er bereit war, politisch einen hohen Preis zu zahlen und sich ihr zuliebe sogar öffentlich demütigen zu lassen. Vielleicht wollte er aber auch seiner Frau zeigen, was ihn ihre Kompromisslosigkeit kostete.
Inzwischen gab es bei den Obamas eine eiserne Regel: Beide versuchten so weit wie möglich die Arbeit aus den Ferien herauszuhalten. Einige Berater des Westflügels waren irritiert, dass Jarrett ihre Ferien mit den Obamas verbrachte. Doch es galt das ungeschriebene Gesetz, nicht über die Arbeit zu sprechen. »Ich las die täglichen Informationen, er las die täglichen Informationen, aber wir redeten nicht darüber«, erzählte Valerie Jarrett über ihren Aufenthalt in Martha’s Vineyard im August 2009 . Wenn der Präsident eine Besprechung hatte, ging er und kehrte anschließend zur Gruppe zurück; niemand warf deswegen seine Pläne über den Haufen, keiner saß herum und wartete auf ihn.
Der Weihnachtstag des Jahres 2009 , ein Freitag, war der erste Tag, den die Obamas auf Hawaii verbrachten. Und zunächst schien sich der Wunsch des Präsidenten nach richtigen Ferien zu erfüllen. Man richtete sich in dem Domizil mit den weißen Deckenbalken im Wohnzimmer ein und genoss die spektakuläre Aussicht. [40] Wie jedes Jahr probten alle für eine weihnachtliche Gesangsdarbietung. Passenderweise hatten sich die Frauen diesmal »I Will Survive« vorgenommen und die Männer »Lean On Me«. (»Wirklich, der Präsident hat eine tolle Stimme«, meinte Cheryl Whitaker, die am Klavier saß, »– fast so gut wie Otis Redding.«)
Doch später am Tag beim Weihnachtslieder-Singen erschien ein Militärberater mit einer Schreckensnachricht: Ein junger Nigerianer hatte versucht, auf einem Flug von Amsterdam nach Detroit Sprengstoff zu zünden, und nur die beherzte Reaktion von Passagieren und Crew hatte das Flugzeug vor einer Katastrophe bewahrt. [41] Der Präsident entschied, sich in der Öffentlichkeit nicht dazu zu äußern. Die Verlautbarungen von Robert Gibbs und Janet
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