Die Obamas
den Kulissen an anderen Dingen. Der Präsident, Rahm Emanuel und die Fraktionsspitzen waren endlich so weit, dass im Senat über die Gesundheitsreform abgestimmt werden konnte – der vorletzte Schritt vor der Verabschiedung im Repräsentantenhaus. Um die entscheidende Senatsabstimmung noch vor der Winterpause über die Bühne zu bringen, schlugen sie spät am Abend des 18 . Dezember, einem Freitag, dem bisher noch wankelmütigen Senator Ben Nelson aus Nebraska einen regelrechten Kuhhandel vor. Sein Staat sollte bei der Finanzierung besser davonkommen als die anderen Staaten, es war von mehreren Zehnmillionen Dollar die Rede. Viele Regierungsmitglieder erfuhren das erst am nächsten Morgen, als die Republikaner sich darüber ereiferten. Die überarbeitete Gesundheitsreform sei für die Wähler sehr schwer verständlich, meinte ein ehemaliger Berater, der gegen den Deal gewesen war. Dagegen sei das Gemauschel mit dem Senator aus Nebraska wunderbar leicht durchschaubar – es sei schlicht Erpressung, die zeige, dass der Präsident fragwürdigen Übereinkünften nicht abgeneigt sei.
Obama, der die Reform um jeden Preis auf den Weg bringen wollte, konnte mit dem Geschacher leben, dessen waren mehrere seiner engsten Berater gewiss. Es sei allein der »optische Eindruck«, wie einer es nannte, der Obama zu schaffen mache. Schließlich hatte er im Wahlkampf versprochen, die Verhandlungen über die Gesundheitsreform transparent zu machen und im Fernsehen zu übertragen. Eigentlich hatte er endlich die Washingtoner »Klüngelei« beenden und die parteiübergreifende Zusammenarbeit beleben wollen. Nun versuchte er die Gesundheitsreform per Geheimabsprachen mit der pharmazeutischen Industrie durchzudrücken, versprach kräftige Finanzspritzen im Gegenzug für Ja-Stimmen, und von parteiübergreifender Zusammenarbeit war keine Rede mehr. (Die republikanische Senatorin Olympia Snow war in letzter Minute abgesprungen, obwohl der Gesetzesentwurf monatelang auf ihre speziellen Forderungen zugeschnitten worden war.) Es war unklar, ob Obama, der sich stoisch lächelnd, Hände schüttelnd und winkend durch die Weihnachtspartys (manchmal zwei pro Tag) arbeitete, sich in aller Konsequenz bewusst war, dass er damit seinen Ruf als Reformer aufs Spiel setzte – einer der maßgeblichen Gründe, weshalb die Wähler ihm ihre Stimme gegeben hatten.
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Eigentlich stand dem Präsidenten selten der Sinn nach Fototerminen mit Fans; verglichen mit ihren Vorgängern posierten die Obamas verhältnismäßig selten für solche Aufnahmen. »Selbst Leute, die stur behaupten, er sei gebürtiger Kenianer, wollen ein Foto mit dem Präsidenten haben«, schimpfte Whitaker. »Die Leute verbreiten im Fernsehen die verrücktesten Lügen über ihn, aber dann wollen sie unbedingt zur Weihnachtsfeier eingeladen werden.« Bei den meisten Empfängen mischten sich die Obamas nicht unters Volk. Gelegentlich standen sie hinter einer Sicherheitsabsperrung und schüttelten über die Barriere hinweg die Hände einiger weniger Glücklicher.
Nur wenn die Obamas bei solchen Anlässen alte Freunde sichteten, reagierten sie begeistert. Bei einer Party entdeckte der Präsident seinen früheren Vorgesetzten aus der Zeit, als er in der Gemeinde sozial tätig war. Jerry Kellman hatte aus Obama einen echten Chicagoer gemacht, und einen guten Organisator obendrein; er hatte ihn bei sich angestellt, obwohl Obama damals das College erst einige Jahre hinter sich hatte – er hatte ihm viel beigebracht und lange Abende mit ihm darüber diskutiert, wer in der Gesellschaft die Macht besaß und wieso. Inzwischen war Kellman ein alter Mann mit schütterem Haar – doch als der Präsident seinen früheren Mentor und alten Freund wiedererkannte, zerrte er ihn hinter die Absperrung, um ein paar Worte mit ihm zu wechseln.
»Ich bin übrigens immer noch Organisator«, sagte Obama zu Kellman; angesichts der politischen Situation eine absurde Feststellung. Wollte der Präsident nicht wahrhaben, wer er inzwischen war? Es war wohl mehr ein frommer Wunsch, schließlich war Obama inzwischen ein Vollblutpolitiker, der wie alle in diesem Metier im Ernstfall seine Seele verkaufte, nur um ein Gesetz durchzupauken … Als die Besucher drängelten, um näher an die beiden Männer heranzukommen, schoben die Beamten des Secret Service sie zurück.
»Ich weiß«, antwortete Kellman – was hätte er sonst auch sagen sollen?
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Wenigstens an den Weihnachtsfeiertagen konnten sich die Obamas die
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