Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Obelisken von Hegira

Die Obelisken von Hegira

Titel: Die Obelisken von Hegira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
Vom Netzwerk:
gesichtet, und auf diese Entfernung mußten sie schon beeindruckend groß sein, daß man sie überhaupt ausmachen konnte. Niemand lebte in den Fjorden. Wenige Menschen reisten jemals dorthin.
    In einem Hafen namens Trincoma stießen sie eine Ladung getrockneten Fisch und Kopra ab und faßten dafür weiteren Hanf sowie eine Anzahl unbeschrifteter Kisten. Kiril dachte, es könnten vielleicht Drogen sein – Bar-Woten dachte anders. „Gewürze“, schlug er vor. „Habt Ihr mal an den Lattenrosten gerochen?“ Barthel bestätigte die Vermutung des Beis, indem er verkündete, sie röchen wie Safran – und es waren mehrere Tonnen davon an Bord.
    Die dunklen Einwohner von Mur-es-Werd hatten in Trincoma hellbraunen Menschen mit breiten Nasen und dicken Lippen, Augen so weiß wie beinerne Schachfiguren und hohen, edlen Stirnen Platz gemacht. Kiril verglich seine eigene bleiche Haut und seine gleichmäßigen Gesichtszüge damit und befand sich als mangelhaft. Mit jedem Tag wurde er unzufriedener mit sich selbst. Aber er erlernte die Pflichten eines Seemanns rasch genug und mußte sich wenig Beschwerden anhören.
    Sie begannen ihren ersten Vorstoß weit vom Lande ab am Ende der Woche. Am Skeitag, dem Tag nach Geistag und dem Tag vor Duvetag in der Sprache der Besatzung der Dreizack, setzte das Schiff Segel und brachte seine Kessel unter vollen Dampfdruck. Seine Dreifachschrauben wühlten das Wasser unter dem eisernen Heck auf, bis die Dreizack schneller als der sanfte Wind lief. Die Segel wurden wieder eingeholt, und Kiril erhielt eine Lektion in der Kunst, die Methanzufuhr innerhalb des Schiffes aufrechtzuerhalten.
    Zu beiden Seiten des Vorschiffsdecks standen Tanks, die, wenn möglich, Regenwasser sammelten oder als Vorratsbehälter für Seewasser dienten, das man vermittels der Sonne in dehnbaren, zwischen den Masten angebrachten Persenningschlingen entsalzt hatte. In dieses Wasser wurden nun große Mengen getrockneten Seetangs mit schlafender Lösung angesetzt. Die Tanks wurden mit Deckeln verschlossen, und handgetriebene Pumpen begannen nach wenigen Tagen, die entstehenden Gase zu sammeln und aufzuspeichern. Der Gestank, der manchmal entwich, war erbärmlich – aber das Gas hielt die Kessel in Gang, wenn der Wind abflaute, und lieferte zu allen Zeiten elektrischen Strom. Kleine puffende Zylinder trieben zwei Generatoren für den ständigen Bedarf des Schiffes an.
    Bar-Woten nahm Unterricht in Maschinenlehre. Er genoß die Herausforderung, die die Antriebsaggregate des Schiffes für ihn darstellten, mehr, als er zuerst erwartet hatte – mehr, als er zugab –, und bald wurde er dem Maschinisten und seinen dreißig Gehilfen als Lehrling unterstellt.
    Barthel, dem am wenigsten gebildeten der drei – jedenfalls in den Augen der Teutaner –, wurden die üblichen Aufgaben als Mastaff zugeteilt, und er war mit dergleichen Pflichten vollauf zufrieden. Obwohl er oftmals hinauskriechen mußte auf eine Rahnock über offenem, schaumig aufgewühltem Wasser, verebbte seine Furcht vor der See zu einem gesunden Respekt. Der Bronzeton seiner Haut wurde womöglich noch tiefer. Seine Muskeln entwickelten sich zu spannkräftigen und beweglichen Wölbungen, welche er zu gutem Nutzen und Frommen auch an anderen Orten als der Takelage einzusetzen gedachte. Die Besatzung der Dreizack war gemischt, Männer und Frauen.
    Kiril seufzte ob dieser Eventualität und ergab sich in stilles Bedauern. Bar-Woten begann seine unvermeidlichen Techtelmechtel. Während der ersten Wochen jedoch verlief die Reise glatt genug.
    Das Tagwerk für ihre Wachen war vorüber, als Kiril und Bar-Woten sich auf dem Achterdeck trafen, um sich vor der abendlichen Mahlzeit noch ein wenig zu entspannen und miteinander zu plaudern. Das Schiff würde in Bälde auf halber Strecke zwischen zwei Obelisken sein, dort, wo die Meeresflut kälter wurde und das Wetter weniger berechenbar. Bis jetzt war die Dreizack den jahreszeitlichen Stürmen ausgewichen, die Teile der Küste südlich von ihnen heimsuchten. Kiril und Bar-Woten sprachen über rauhe Wetter und wie sie wohl sein mochten, lehnten sich über die messingne Reling und blickten hinab in die Fluten. Der dunstige Horizont wurde nur unterbrochen von Schatten ferner Küstenlinien.
    „Bisweilen denk’ ich, wir werden eines Tages vergessen, wozu wir eigentlich ausgezogen sind“, sagte Kiril. „Oder wenigstens Ihr. Es ist kein Ziel, das Euch so unmittelbar betrifft.“
    „Es ist ein Ziel“, sagte Bar-Woten. „Sorgt Euch

Weitere Kostenlose Bücher