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Die Obelisken von Hegira

Die Obelisken von Hegira

Titel: Die Obelisken von Hegira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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benutzt, um die Richtung zu ermitteln, wobei es natürlich zu berücksichtigen galt, wie das Schiff zu ihnen lief. Auch einige Meeresströmungen ließen sich als Anhaltspunkte verwenden. Wenn das Wetter es erlaubte, bezog man sich auf Obelisken, und diese Fixpunkte waren die verläßlichsten. Die vier Striche der Windrose wurden von den Hegiranern nicht im normalen Sinne benutzt. Magnetisierte Nadeln zeigten in keine bestimmte Richtung, obwohl das Gerücht ging, daß weit im Nordwesten doch ein natürlicher Magnetpol existierte. Die Seite des Obelisken, die mit dem Text der Anrufung begann, wurde Nordseite genannt. Zur Linken davon war Westen, zur Rechten Osten und gegenüber Süden. Davon abgesehen reiste man allein mit urwüchsigen Methoden der Richtungsbestimmung, indem man Obelisken und Feuertauben als Bezugspunkte verwendete.
    Die Dreizack würde bald den Obelisken Tara in Mediwewa aus der Sicht verlieren, ebenso den Obelisken Onmassee östlich davon im zentralen Hochland von Fedderland. Trincoma war der am weitesten westlich gelegene Hafen Fedderlands, und obwohl der Obelisk Onmassee von der Stadt selbst aus nicht sichtbar war, brachten ihn zehn Kilometer hinaus auf See deutlich ins Blickfeld.
    Barthel studierte die Bücher und Tabellen, die man ihm gab. Sie leiteten sich offensichtlich nicht von Obelisken-Texten her. Obwohl die Mannschaft der Dreizack aus einem Land kam, das Zugang zu einem Obelisken hatte, teilte sie also nicht die Vorurteile der Mediwewaner. Er las mit unersättlichem Appetit.
    Einer seiner Lehrer war ein Deckoffizier mit Namen Avra, eine Frau von wenigstens dem doppelten Alter Bar-Wotens mit dickem, schwarzem Haar und einem schmalen, harten Gesicht. Ihre Augen waren vom gleichen Grün wie die Phantomlichter, die des Nachts Ringe in den Wellen bildeten. Sie sprach mit leiser, präziser Stimme und hielt ihre Schultern mit einer arroganten Eckigkeit, die ihrem Wesen, das angenehm und freundlich war, widersprach. Sie war Witfrau. Ihr Mann war Methanwärter gewesen, und gemeinsam waren sie zwanzig Jahre lang auf der Dreizack gefahren, in mehr fremdländische Häfen und seltsame Meere als sonst einer an Bord, den Kapitän nicht ausgenommen, der erst vor vier Jahren an Bord gekommen war. Im Alter von fünfzehn hatte sie als Köchin angeheuert, und alles, was sie je an Ausbildung und Schulung erfahren hatte, war an Bord der Dreizack vonstatten gegangen. Sie war eine treffliche Lehrerin, und in dem Khemiten fand sie einen eifrigen Schüler.
    Bar-Woten kam nach wie vor nicht umhin, sich im Stillen über die Dreizack zu wundern. Sie hatte keinen echten Heimathafen, obwohl die meisten Besatzungsmitglieder wohl das Land Weggismarche ihre Heimat genannt hätten. Dorthin hatten sie jetzt Kurs gesetzt, mit Zwischenstationen in ein paar Häfen entlang der Bicht av Genevar, einem ausgedehnten Archipel zwischen Weggismarche und dem Obelisken Daana. In wenigen Monaten würden sie am Ozean-Obelisken vorbeilaufen. Die Dreizack hatte einen Großteil ihres halben Jahrhunderts in diesen Gewässern zugebracht, Handel treibend zwischen den Inseln und Weggismarche. Auf diese Weise hatte sie sich einen guten Ruf erworben, der ihr auch zu bestehen half, als sie durch verschiedene Aufstände und Revolutionen in Weggismarche von ihren früheren Eigentümern getrennt wurde. Für ein paar saure Jahre war sie so etwas wie ein Pirat geworden.
    Aber das gehörte jetzt alles der Vergangenheit an. Die Dreizack führte nur noch eine nominelle Anzahl von Kanonen, die mächtig genug zur Verteidigung waren, es ihr aber nie erlauben würden, die Rolle eines Kaperschiffes zu spielen. Außerdem war sie nicht schnell genug.
    Was den Ibisier verblüffte, war der Geist der Zusammenarbeit, der das Schiff fast so sehr antrieb wie der Wind. Das Überleben im rauhen Handelsgeschäft der Bicht av Genevar und anderswo wurde offensichtlich bestimmt durch marktschreierisch zur Schau gestellte und verläßliche Ehrlichkeit. Er hatte nie ein System erlebt, das auf diese Weise funktionierte, und er bezweifelte seine Effektivität.
    Kiril nahm es frohen Herzens hin. Er lauschte aufmerksam den Geschichten der Besatzung über Dutzende von Begegnungen mit Kulturen, die keinen Handel mit fremden Völkern, ja nicht einmal Fremde überhaupt gekannt hatten – Begegnungen, die ohne ein einziges Mißgeschick verliefen. „Sie ist eine Göttin!“ erzählte er Bar-Woten enthusiastisch, indem er die gelackten Eichengeländer tätschelte. „Ein König nannte

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