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Die Obelisken von Hegira

Die Obelisken von Hegira

Titel: Die Obelisken von Hegira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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daß er gleich die Besinnung verlieren würde. Am Rande seines Gesichtsfeldes konnte er schon Dunkelheit hereindrängen und die Sterne verdecken sehen. Aber die Benommenheit war verschwunden, und sein Kopf schien ganz in Ordnung zu sein. Die Sterne wurden wirklich wieder verfinstert! Am Rande des sich schließenden Kreises wurden die Lichtpunkte zu purpurnen Strichen, verzerrten sich und erloschen blinzelnd. Das vertraute leere Schwarz kehrte zurück. Flackernd, eine nach der anderen, nahmen die Feuertauben ihr Leuchten wieder auf. Der Himmel im Zenit tönte sich grün, dann purpurn, dann bronzefarben; die Morgendämmerung setzte da wieder ein, wo sie unterbrochen worden war.
    Das Schauspiel hatte ungefähr fünf Minuten gedauert. Alle blieben noch einmal fünf Minuten dort stehen, wo sie gerade standen, blickten einander dann verlegen an und kehrten schließlich in ihre Häuser zurück, wobei sie versuchten, sich so zu verhalten, als sei alles so wie immer.
    Aber Bar-Woten wußte, daß nichts je wieder so sein würde wie immer. Er lächelte schief. Dann begann er lauthals zu lachen.

 
     
10
     
     
    Barthel verließ den Strand allein vor dem Mittag und schlug eine Straße ein, die sich den Zentralhügel der Stadt hinaufwand. Für ein paar hundert Meter schritt er entlang eines verfallenen, Jahrhunderte alten Walls. Gras wuchs in den Ritzen zwischen den Steinen. Der Wall war jetzt längst ein Teil des Untergrundes geworden, ganz so wie das Haus einer Schnecke, wenn diese tot ist. Er diente nicht länger als Schutzschild, sondern als ein Ort, wo Pflanzen wuchern und längs dessen Leute sich ergehen konnten. Von der Krone der Kassarva aus, der Festungsanlage rings um die Kuppe des Hügels, konnte Barthel hinabblicken über die Stadt und den Hafen und nachdenken, ohne abgelenkt zu werden. Insekten summten hypnotisch durch das ausgedörrte Gras und die spärlichen Blumen. Weit drunten war ein Tempel durch die Bäume sichtbar, mit Porzellandomen, die an jeder seiner fünf Zacken aufglänzten. Innendrin sah er gleichfalls wie eine Festung aus. Es gab einen umbauten Hof und kleine Gebäude inmitten dieses Hofes, angeordnet zu einer tomoye. Vögel kreisten über dem Tempel – Möwen, Brachhühner und andere, deren Namen er nie gelernt hatte. Einige sahen wie Falken aus, aber sie fingen Fische aus dem Meer und hatten rote und weiße Federn in ihren Hauben.
    Er fühlte sich einzigartig häßlich und verängstigt. Das Lüften des Schleiers in der Stunde vor der Dämmerung hatte ihn so tief getroffen, daß er nicht einmal den Schaft in seinen Gedanken finden konnte – wo war er eingedrungen? Was hatte sie ihm verraten, jene Botschaft, die da so offen vor jedermanns Auge gestanden hatte? Er vermochte es nicht zu sagen. Aber sie ließ ihn sich so winzig fühlen wie die Ameisen unter ihm, die Bröckchen eines weißen Zeugs in einer Linie zwischen seinen Beinen hindurch zu einem wenige Yards entfernten Loch schleppten. All diese Kreaturen – Ameisen, Vögel, Tempelerbauer – waren an ihren Platz gestellt worden von dem gepriesenen Einen, der an jenem Morgen den Schleier vor dem Himmel weggezogen hatte.
    „Ich bin Barthel“, sprach er mit Tränen in den Augen zum Himmel. „Ich bin klein. Hast du all diese Dinge gemacht, damit ich sie sehen möge, riechen möge? Ich habe nichts als Entgelt dafür für dich getan, Allah. Ich habe nicht einmal aus ihnen gelernt.“ Er fragte, was es denn sei, das Allah von ihm verlange, und Allah sagte ihm dies: Überlebe. Er nickte. Er würde überleben. Der Bei hatte ihm beigebracht, wie man überlebte. Und was sonst noch? Vater und Mutter und Familie.
    Das war alles, was die Stimme sagte. Sei das für sie, was sie sich von dir erhofft haben würden.
    Seine Lippen kräuselten sich. Er stand auf von Gras und Kies und klopfte seine zerschlissene Hose ab. „Ich werde außerdem herausfinden, wo dein Licht herkommt“, sagte er. „Es wird dich freuen zu sehen, daß ich gewitzt genug bin, um das herauszubringen.“
     
    Bar-Woten streifte durch die verrammelten, in Verwirrung gestürzten Straßen. Kiril folgte ihm halbherzig, weil er keine Lust hatte, allein am Strand zurückgelassen zu werden. Kein einziger Laden war geöffnet, und die Menschen, denen sie begegneten, waren ernst und müde. Die Stadt war still.
    „Was war es?“ fragte Kiril nach einem langen Schweigen. „Habt Ihr dort, wo Ihr wart, jemals dergleichen gesehen?“
    „Nein“, antwortete Bar-Woten. „Der Himmel ist derselbe,

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