Die Obelisken von Hegira
Stimme um Ruhe. Als er jedermanns Aufmerksamkeit hatte, verkündete er der Menge zu allen drei Seiten, daß die Wahl beginnen könne.
Matt versuchte Kiril, eine Spur moralischer Fehlerhaftigkeit in dem zu finden, was da vor sich ging, aber er vermochte es nicht. Er hatte in den letzten paar Wochen zu viel Leid und Elend in den Straßen Mappus gesehen, um den Menschen diese organische Erleichterung zu mißgönnen. Bangigkeit machte sich in der Menge breit, aber auch Freude und frohe Erwartung. Er konnte sich nicht vorstellen, was das Ergebnis sein würde – eine Abfolge ritueller Heiraten? Oder geplante Orgien, um eine neue, frische Flut von Kindern auszulösen? Es schien alles sehr entfernt. Er sah mit akademischem Interesse zu.
Die Männer auf der gegenüberliegenden Seite der Plaza traten vor und bauten sich vor den steinernen Sitzreihen auf, jeder zwei Schritte von seinem Nachbarn entfernt, um deutlich gesehen zu werden. Die erste Reihe der Frauen ging zwischen die Männer und unterzog sie einer scharfen Musterung, wobei sie untereinander zankten und haderten. Für einen Zuschauer war es nicht sehr erhebend. Alles in allem füllten an die sechstausend Menschen die Plaza, darunter zweimal so viele Männer wie Frauen.
Das Gezänk ging weiter bis zur Dämmerung. Fackeln wurden in Ständern längs der Plaza aufgesteckt, um den weiteren Fortgang der Prozedur ins rechte Licht zu setzen. Die Frauen trafen ihre Wahl aus der ersten Gruppe. Ungefähr dreihundert Männer gingen unerwählt wieder weg.
Golumbianische Priester nötigten sodann die zweite Gruppe, sich aufzustellen. Kiril fand sich in der Menge eingekeilt, etwas, worauf er nicht gefaßt gewesen war. Trotz seiner Proteste wurde er vorwärtsgestoßen. „Ich gehör’ gar nicht hierher“, sagte er, aber die Männer rings um ihn dachten, er versuche bloß, einen besseren Platz ganz vorne in der ersten Reihe zu finden. Sie lachten und ließen ihn nicht auskommen. Barthel und Bar-Woten waren längst in dem Geschiebe verschwunden, und er konnte sie nirgendwo entdecken.
Mit einem Achselzucken beförderte er seinen Umhang wieder hinauf über seine Schultern. Vergebliche Liebesmüh’! Es würde ihn sowieso keine wählen. Die Männer verstummten, als die Frauen begannen, zwischen ihnen hindurchzuschreiten. Die meisten Frauen lächelten Kiril zu, schenkten ihm aber nur wenig Aufmerksamkeit – er war von der Dreizack, kein Inselgeborener. Es war nicht weise, sich mit einem Seemann einzulassen.
Nach einer Stunde unter dem dunklen Himmel fühlte er sich seltsam niedergedrückt. Nur wenige Feuertauben waren zu sehen. Hellere würden in wenigen Minuten flackernd in seinen Gesichtskreis treten, und andere würden aufsteigen, aber im Augenblick war es dunkel bis auf den Fackelschein, der die Frauen leiten sollte.
Ein Mädchen, ein paar Jahre jünger als Kiril, blieb stehen und versuchte, sich mit ihm zu unterhalten. Es scheiterte kläglich. Er beherrschte die örtliche Mundart nur ungenügend, und sie wußte nichts auf Teutanisch zu sagen außer ein paar Artigkeiten. Sie musterte ihn frostig und schob sich weiter.
Gereizt und nervös trat er von einem Fuß auf den anderen und fragte sich, wann es wohl vorüber sein mochte. Seine Beine schmerzten, und seine Brust juckte unter den Verbänden.
Die nächste Frau, die ihn begutachtete, ignorierte er einfach. Er streckte den Arm aus, als sie ihn dazu aufforderte, blinzelte dann und schaute genauer hin. Sie sprach ein ausgezeichnetes Teutanisch. Es war die Frau, die die Ankündigung in der Bibliothek gemacht hatte. Ihre Zähne blitzten ihn an, und sie erkundigte sich, wie er sich fühle.
„Gut“, sagte er, und sein Mund wurde trocken. Sie musterte ihn von oben bis unten, so gründlich wie ein Arzt, aber weniger derb und gemein als die anderen Frauen. Schließlich nahm sie seine Hand und legte sie sich auf die Hüfte – das Zeichen, daß sie ihn erwählt hatte.
„Aber ich bin gar nicht im – im Wettbewerb“, sagte er.
„Komm mit mir.“
Er kam an Bar-Woten vorbei, der eine Augenbraue hob, dann breit grinste und tief in der Kehle grunzte.
„Verdammt mögt Ihr sein!“ flüsterte Kiril. „Holt mich hier heraus!“
„Ich bin Ual“, sagte die Frau. „Ich mag dich, weil ich glaube, daß du möglicherweise ganz schön patent bist. Bist du patent?“
„Stumpf wie ein Ochse“, sagte Kiril.
„Das glaube ich aber nun gar nicht “, sagte sie, und ihre Stimme hob sich zu einem hübschen Höhepunkt.
„Ich werde
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