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Die Obelisken von Hegira

Die Obelisken von Hegira

Titel: Die Obelisken von Hegira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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nehmen können. Nur eine milde, seewärts gerichtete Strömung zog durch den Hafen. In wenigen Tagen würde das gesamte Gebiet ein Pestloch der Meere sein, in dem alle erdenklichen Seuchen grassierten, wenn nicht beizeiten etwas unternommen wurde, es auszukehren.
    Am frühen Nachmittag schloß sich Bar-Woten dem ersten Boot an, das an Land anlegen sollte. Sie krochen und stolperten einen schief durchhängenden hölzernen Pier hinauf, der um die Hälfte seiner Länge auf das Ufer gedrückt worden war, und standen dann auf den zerbröckelnden Überresten des aus Stämmen und Ziegeln verfertigten Quais. Nur wenige Vögel zankten sie von den nackten Bäumen herab aus, während sie auf dem aufgerissenen Fahrdamm landeinwärts marschierten.
    Die Wellen hatten den Durchgang ins Inland mit geballter Wucht aufgewühlt und hinter sich schlammbespritzte Hügel und verdrehtes Astwerk zurückgelassen. Aber das Wasser hatte seine Kraft an dem großen Steindamm verausgabt, der einen Teil des Zugangs in das Tal von Mappu bildete. Es hatte seinen Weg längs der Straße genommen und sich in den Fluß ergossen, der durch die Stadt floß. Mappu selbst sah ein wenig erschüttert aus, und einige seiner Gebäude waren von Rissen durchzogen und neigten sich bedenklich, aber im Ganzen hatte es sich wacker gehalten. Allerdings hielten sich nur noch wenige Inselbewohner in der Stadt auf. Sie waren entweder alt oder sehr jung und schauten betäubt drein, mit wilden, stieren Augen. Sie konnten nur nach Osten deuten und sagen, die anderen seien alle zu Dat gegangen.
    Der Landetrupp hielt an den Palasttoren an und rekognostizierte. Bar-Woten und drei andere erhielten vom Ersten Maat den Befehl, den unbefestigten Pfad zur ungefähr zehn Kilometer entfernten östlichen Halbinsel zu nehmen und nachzusehen, wie viele Inselbewohner nun tatsächlich bei den Statuen seien. Der Rest würde tiefer in das Tal vorstoßen und feststellen, wie viele sich in den Inselhöhlen hinter Mappu verborgen hatten.
    Von Süden her zogen dunkle Wolken auf und jagten mit ungewöhnlicher Hast auf die Insel zu. Bar-Woten sah Gewitterwolken anwachsen, die sich sichtlich auftürmten und dabei immer dunkler wurden. Lagen von stummen Blitzen spielten zwischen ihnen.
    Der Trupp befand sich zwischen zwei Mauern aus dichtem, verwanztem Dschungel, als der erste Regenguß sie traf. Nachdem sie unter einem weit ausladenden, belaubten Eisenholzbaum Schutz gesucht hatten, warteten sie, während murmelgroße Wassertropfen Wald und Fußpfad wie mit Fäusten beutelten. Der Sturm flaute ab zu einem feinen Nieseln, das die Bäume zu raschelnden grauen Giganten verblassen ließ und die Blätter mit kristallenen Kettchen schmückte. Das Lärmen der Vögel setzte wieder ein. Insekten stiegen auf in Wölkchen und kleinen Explosionen, eine Geißel, die jeden Schritt in dem knöcheltiefen Schlamm zur Qual machte. Große Spinnen, rot und lohfarben, kreuzten mit hochbeinigem Tänzeln den Pfad und forderten die Wanderer mutig heraus. Der Ibisier setzte sich an die Spitze und brach ihnen Bahn, indem er sie mit einem abgebrochenen Palmwedel beiseitescheuchte. Nach ein paar Minuten war das vordere Ende des Wedels klebrig von Spinnfäden.
    Zwei Mitglieder des Trupps waren Frauen, die eine mittleren Alters und schon grau an den Schläfen, mit knotigen Muskeln auf Armen und Waden, so zäh wie der zäheste Mann; die andere schlank und jung, mit kurzgeschnittenem Zottelhaar. Der zweite Mann war ein Offizier der Maschinenwache, zehn Jahre jünger als Bar-Woten, aber ebenso bewandert, was Dschungel anging. Sie tauschten kurze, atemlose Geschichten über das Leben im Dschungel aus. Bar-Woten erzählte von den Jahren, die er im Pais Vermagne zugebracht hatte, auf der Suche nach der Stadt der Eingeborenen. Das war das erste, was irgendwer von seinen langen Fahrten gehört hatte, und sie stellten Fragen über Fragen, einige davon erschreckend scharfsinnig. Geschickt vermied er verräterische Antworten.
    Der Pfad mündete auf einen weißen Sandstrand, der der Hauptwucht der Sintflut entgangen war. Sie marschierten eine halbe Stunde lang über hart zusammengebackenen, feuchten Sand, dann überquerten sie einen schlammigen Dschungelfluß, der von den Hügeln herunterkam. Ein paar Schritte dahinter setzte sich der Pfad wieder fort und führte sie über eine Erhebung in das Tal, wo die Statuen standen.
    Von See aus war Dat eindrucksvoll gewesen; jetzt war sie überwältigend. Die Wellen hatten eine ihrer Wächterinnen

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