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Die Oder gluckste vor Vergnügen

Die Oder gluckste vor Vergnügen

Titel: Die Oder gluckste vor Vergnügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ulrici
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Stettin, weiß man, daß sie im Herzen glühn...«
    Bibi mochte keinen Spott, auch die Fassung nicht: »Schenkt man sich Erdbeer’n frisch vom Beet, wenn Cotta in der Küche steht.«
    Ich sagte: »Schlangen gibt’s hier auch.«
    Bibi ließ erschrocken die Zöpfe durch die Blätter rascheln.
    »Blonde Schlangen«, sagte ich. »Zwei. Und gefährliche.« Gefährliche — das gefiel ihr.
    »Sehr gefährlich?« Leuchtender Triumph das ganze Gesicht. Näher heran, immer näher... Das Leuchten hüllte alles ein. Die Haare über der glühenden Stirn schienen heller als sonst.
    »Aaaaabendbrot...!« rief Cotta aus der Küche. »Na, habt ihr auch ein paar in der Schüssel?«
    »Alle«, schwor Bibi, und Cotta machte nur: »Ha!« Sie ging unter der riesigen Pfanne fast in die Knie. Panierte Fische brutzelten. Und brutzelten auf dem Tisch, der vom Skat krumm gedroschen war, noch leise nach.
    Krönung des Tages zwischen Sägewerk und Strom, Festmahl, vergessen Tages Qual und Pedal. Strampelmüdigkeit, Brausefrische, Löwenhunger im Magen, Reiseglück in der Brust. Hell war die Lampe nicht, desto heller der grüne Salat. Die Bärte schmunzelten.
    Die Wirtin freute sich, daß Cotta der Fisch gelungen war. Sie nahm uns auf und hin. Seltsame Vögel aus fremder Leute Käfig. Da saßen wir und freuten uns am Landesfutter, aßen uns in die Oderbeete hinein, in die Felder und in die örtliche Fischerei.
    Ab und zu ein Stück Unterhaltung der Bärte. Immer nur ein Stück. Sie warfen sich’s zu und nagten daran.
    »Oben, bei Pankert.«
    »Jo.«
    »Das is kein Weizenfeld.«
    »No.«
    »Er wollt’ aber nicht hören.«
    »Hm.«
    »Na, und nu hat er seinen Weizen.«
    »Ha.«
    »Und dann der Hellmann.«
    »Der!«
    »Ich sag’, er soll achtgeben. Erst gesund werden, ehe er ‘rausgeht.«
    »Na, und nu is er gesund.«
    Bibi verstand die Gesprächstechnik nicht. »Ist er nun gesund?«
    »Im Gegenteil«, sagte Cotta, »mausetot. Du mußt auf die Betonung achten.«
    Bibi spitzte die Ohren, aber nun kam nichts mehr.
    »Ich habe einen Kalender«, sagte Bibi. »Da steht drin, die Franzosen sprechen dreihundertfünfzig Silben in der Minute. Ich werde einen Nachtrag einschicken: Die Leute aus Gartz sprechen in dreihundertfünfzig Minuten nur eine Silbe. Sind das eigentlich Brandenburger oder Pommern?«
    Da sagte der Rosenbaß: »Wir sind hier ‘ne eigene Sorte. Gartzer Stadtfamilie. Wir zerfallen in drei Rassen: Papas, Kinder und Enkel. Beruf zählt dabei nicht. Was man auch gewesen ist, schließlich wird man Papa. Der da in der Ecke war Pantinenmacher. Der andere Böttcher. Und ich war Lehrer. Aber jetzt sind wir all eins, all Papas.«
    Die Mit-Bärte zollten Beifall.
    »Und wo wir hingehören? An die Kante Fluß, die hier is. Wenn unsereins >Oder< sagt, ist es dies Stück. Nich das von Greifenhagen oder Schwedt. Nur hier is unsere Oder. Das andere ist >Entweder<.«
    »Jo, ha, so is es«, kam das Echo aus den Ecken.
    Nach dem Essen telefonierten Cotta und Bibi mit Berlin und mit viel Geschrei. Wohin ihre Koffer geschickt werden sollten, würden sie noch mitteilen. Das Wetter sei prima. Und von mir natürlich kein Wort.
    Sodann besichtigten wir unser Quartier. Ein Parterrezimmer mit so viel Fenstern, daß man vor lauter Fenstern das Fenster nicht sah. Die Birnbaumzweige tickten an das Glas. Dahinter war die Oder.
    An der einen Wand stand ein breites Messingbett für Bibi und Cotta.
    Am anderen Ende war eine Couch für mich. Die Wirtin schob aber eine Ziehharmonikawand dazwischen. Diese Wand lief auf einer Schiene, reichte bis zur Decke und teilte den Raum korrekt in zwei getrennte Zimmer.
    Die Wirtin mußte die Betten noch beziehen. Bibi wollte plätten. Ihre Spucke zischte schon auf dem Bügeleisen.
    Ich ging mit Cotta an die Oder.
    Quak, quak, brekkekek..., machten die Frösche.
    Mildes Dunkel.
    Über der Ostoder, über Greifenhagen, ein Stern.
    Cotta ging mit verschränkten Armen. Sie entschritt ihrer Freundin.
    Hinter uns der Obstgarten. Rauch wehte mit, der zu Bibis Plättzwecken erzeugt wurde und aus dem Schornstein kam.
    Schilfgeruch, einsame Anlegebrücke. Unter uns rauschte das Wasser.
    »Wie finden Sie eigentlich Bibi?« fragte Cotta. Es klang nach: »Wie hältst du’s mit der Religion?«
    »Entzückend«, sagte ich.
    Cotta hatte Stettin im Rücken, ich Schwedt. Sie lehnte mit der Taille am Geländer, schwerelos.
    Klatsch, eine Mücke. »Also, entzückend«, sagte Cotta. »Bibi ist entzückend. Interessant, wie ein Mann das

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