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Die Oder gluckste vor Vergnügen

Die Oder gluckste vor Vergnügen

Titel: Die Oder gluckste vor Vergnügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ulrici
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dergleichen nie erlebt hatte, schien an den Weltuntergang zu glauben. »Fauna und Flora gehören in den Garten«, sagte Heia und gab ihr einen Tritt, während er Bibi die Topfpflanzen vom Fenstersims in den Arm drückte. »Hinaus damit.« Bibi lachte. Cotta, ebenso überrumpelt, half Stühle tragen.
    »Kissen für die Damen!« befahl Heia.
    Heias Damen taten mondän, aber er nannte sie Wuschi und Patschemädchen.
    Bibi war feuerrot vor Interesse. Solche Damen gab es auf der Schule nicht. Wie redeten sie mit dem Mann? Und wie redete der Mann mit ihnen?
    »So, nun fehlen noch Blumen«, sagte Heia. »Frische Blumen, kein solch Topfgemüse.«
    Die Wirtin wollte in den Garten, um welche zu pflücken. »Pflücken?« schrie Heia. Bei Heia wurden Blumen nicht gepflückt. »Ans Telefon, Madame. Rosen, langstielig! Alles vom Eis!«
    Die Wirtin hielt Heia für ein hohes Tier, das irgendwie mit dem Hitlerbild über der Theke zusammenhängen mußte. Sie eilte ans Telefon und sprach mit dem Gärtner. Man hörte ihre überschnappende Stimme: »Eisblumen, Eisblumen!«
    Cotta und Bibi stießen sich an. Das war spaßiger, als sie sich’s vorgestellt hatten. Das war eine Verzögerung wert. Und die Damen stießen sich auch an — mit Blicken. Rosen? Der Heia-Fuchs schnürte auf Bibi- und Cotta-Fährte! Die Dame Wuschi sagte zu Cotta: »Gib mir mal Feuer, Kleine.«
    Cotta zuckte zusammen, als hätte man sie gehauen. Aber Bibi kam unbekümmert mit einem Streichholz und warf einen Blick aus nächster Nähe auf Wuschis zerlaufene Wimperntusche.
    »Wer holt jetzt was zum Frühstück?« Heia, der Snob, traute der Gasthofküche nicht. »Delikatessen!«
    Bibi — bekam einen Zettel und Geld und den Auftrag, feinsten Kaffee zu besorgen.
    »Nimm das Rad«, raunte ich ihr zu. »Mach gleich einen Abstecher zu Pustekohl. Bezahl ihm eine Tagesmiete, damit er das Boot bereithält.«
    Unter der Linde vor dem Gasthof stand Heias Mercedes. Jahrgang 27 mit Kompressorröhren, die wie Staubsauger aus der Motorhaube wuchsen. Ein Schwarm von Kindern darum herum. Heia-Rummel, wohin man sah. Die Wirtin ging in die Kammer, um sich ihre Sonntagsschürze vorzubinden.
    Bibi kam mit Kaffee und Delikatessen aus Kaiser’s Kaffeegeschäft. Von der Gärtnerei kamen Rosen.
    »Aaaaaaah...«, rief Heia. Er ließ den Gärtnerjungen zwei Sträuße zusammenstellen. Dann ordnete er seine Stirnlocke, knöpfte sich die Jacke zu und überreichte die Rosen mit großer Geste.
    »Mein gnädiges Fräulein, darf ich mir erlauben...« Bibi erglühte. »Und Sie, mein hochverehrtes, gnädiges Fräulein...« Cotta erglühte nicht minder.
    Die Damen Wuschi und Patschemädchen gingen leer aus. Sie taten, als kümmere es sie nicht. Bibi und Cotta aber warfen sich Blicke zu. Welcher Triumph, erwachsene Frauen ausgestochen zu haben!
    Ich fragte nach Pustekohls Boot, aber Bibi schnupperte so hingerissen an ihren Rosen, daß sie kaum hinhörte. Ich Idiot, dachte ich. Da muß erst Heia kommen, um mir zu zeigen, daß die Biester Rosen lieben... »Das Boot? Ach ja, das Boot. Es ist alles in Ordnung«, sagte Bibi.
    Ich atmete auf. Vielleicht war der Tag noch nicht verloren. Vielleicht bewirkten gerade Heias Rosen, daß seine Damen ihn nicht Wurzeln schlagen ließen.
    Ein Frühstück ging über die Tischplatte, wie es das Wirtshaus nie erlebt hatte. Die Wirtin war in Hochzeitsstimmung. Der Herr Heia, ja, das war ein Mann!
    Cotta und Bibi saßen wieder wie siamesische Zwillinge. Sie belauerten die Damen.
    »Ach, Heia, halt den Schnabel«, sagte Wuschi, »ich geh’ nachher mal mit dir hinters Haus.«
    Bibi stieß Cotta an. Cotta runzelte die Stirn. Sie saßen wie im Kino. Ich war jetzt auf der Leinwand nicht mehr mit drauf.
    »Paßt auf, ich pack’ euch allesamt in meinen Wagen, und wir fahren nach Swinemünde«, rief Heia. »Mittags gebackene Hähnchen im Kasino. Eine Segeljacht gemietet....«
    Bibis Hals wurde lang. Cotta stellte die Tasse hin und sagte... Ja, was würde sie sagen? »Ich kann nicht mit«, sagte sie. »Ich erwarte hier meinen Bruder.« Bibi warf einen Zopf zurück. »Und ich bleibe bei Cotta.«
    »Dann stellen wir hier was an«, sagte Heia. »Kleines Tanzfest, mal sehen. Ich gehe nachher gleich zur Partei.«
    Das war Heia. Alles nur Spaß. Das ganze Leben, folglich auch die Partei. Als er eines Tages merkte, daß er sich geirrt hatte, war’s zu spät. Sie holten ihn aus dem Bett und erschossen ihn.
    Wir fuhren zunächst an den Gartzer Lido. Heia packte uns alle in den offenen

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