Die Oder gluckste vor Vergnügen
in würdiger Haltung zu Herrn Pustekohl zurück, aber er stand schon hinter uns und hatte unseren Freudentanz gesehen...
Am nächsten Morgen sollte es losgehen. Bibi und Cotta machten Besorgungen, ich saß im Quartier und bereitete mich auf meine neue Kapitänsrolle vor. Auf dem Tisch lag die Flußkarte. Im Garten rauschte der Regen. Der Duft des Oderlandes drang schwer und feucht herein.
Bums, Tür auf, Bibi kam. Bibi, atemlos, mit regenblankem Gesicht. »Hier ist ein Spirituskocher.« Cotta sei noch auf der Post. Sie hätten die Eltern verständigt wegen der Umdisposition. Es gebe auch Neues von Herrn Pustekohl.
»Herr Pustekohl macht das Boot fertig, er ist sogar schon Probe gefahren. Und Frau Pustekohl war im Seifenladen, um ein Waschmittel für die Schiffsflagge zu kaufen.« Erfreuliche Kunde. Die meinten es also ernst.
Bibi stand vorm Spiegel. Die Ziehharmonikawand war zurückgeschoben, ich sah, wie Bibi sich kämmte. Sie hatte zwei Haarnadeln im Mund.
»Und, Re-hex...?«
»Ja?«
»Das Zirkusmädchen...?«
»Wo?« fragte ich erschrocken.
»Es ist weg«, sagte Bibi.
»Woher weißt du das?«
»Ich habe geguckt. Der Wagen ist zu, die Fenster sind vernagelt. Die Manege haben sie als Brennholz an die Eisdiele verkauft.«
So. Sie hatte geguckt. Sie mußte ganz hübsch geguckt haben.
»Und, Rex...« Ich sah ihr Auge im Spiegel. Ein freundliches Auge. »Wo bleiben die tausend Gedichte?«
»Wo bleibt der Kuß? Ich habe doch das Boot besorgt.«
»Hm. Eigentlich, ja. Aber Cotta meint, man bezahlt nicht mit Küssen. Küsse verschenkt man.«
Ausgerechnet Cotta sagte das.
»Aber ich! Ich soll mit Gedichten bezahlen?«
Bibi warf ein Wasserglas.
»Und ein Mädchen bedichten, das Wassergläser wirft!«
»Ich werfe gleich eine Schüssel«, sagte Bibi. »Außerdem wirfst du Fahrräder, nämlich in die Oder. Ich sah, wie du’s ‘rausholtest.«
Ich nahm ein Stück Papier und machte eine Rechnung:
2 Bierflaschen
1 Wasserglas
1 Fahrrad
1 Blick durch den Spiegel.
Strich darunter: Die Dinge, die heute geworfen wurden.
»Vergiß nicht dein Herz«, sagte Bibi.
»Wieso?«
»Das du heute in der Bahn nach Cotta geworfen hast!«
Ich schwieg, und Bibi sagte mit falscher Lieblichkeit in der Stimme: »Cotta... ich... ich liebe Sie...«
Da hatte ich mich schon wieder gefangen.
»Das war reine Diplomatie.«
»Was versteht du unter >rein« fragte Bibi.
»Pur«, sagte ich.
»So, so. Wenn ich Cotta das nun wiedererzählte? Rex, du mußt dich vorsehen. Dichter sind keine Diplomaten.«
»Ich sehe.«
»Und wenn ich das geahnt hätte...«, sie sprach die Tonleiter hinauf und hinunter, »dann wären wir abgefahren. Aber dazu ist immer noch Zeit.«
»Wie meinst du das?«
Bibi lächelte. »Ich bin die stärkere Kraft. Wenn ich will, ist Cotta Wachs in meiner Hand.« Sie steckte sich die Haarnadeln fest und legte eine wirkungsvolle Pause ein.
Dann sagte sie leichthin: »Also, Rexchen, schön vernünftig sein. Ich merke alles.« Blick durch den Spiegel. Ein schwerwiegender Blick, der ihren leichten Tonfall Lügen strafte. »Ich war’s ja auch, die merkte, wie das Zirkusmädchen dir den Zettel gab.«
»In deinen Zöpfen steckt ein ganzes Detektivbüro«, murmelte ich.
Nun kam Cotta, und jetzt ging es um andere Dinge. Bibi hatte ihr weisgemacht, der Spiritus habe zwei Mark gekostet statt einer. Doch Cotta (Wachs in Bibis Hand) blieb hart wie Granit. Bibi mußte zugeben, daß ihr die erste Flasche auf dem Pflaster zerknallt war.
Bibi hatte noch eine Besorgung zu machen. Ehe ich mich’s versah, war ich mit Cotta allein. Cotta stand vorm Spiegel und kämmte sich.
»Gut mit Bibi unterhalten?« fragte sie. »Bibi sah so beschwingt aus.«
»Komisch, daß Mädchen beschwingt sind, wenn sie einem eine Enttäuschung bereitet haben.«
»Ach? Kann Bibi Männer enttäuschen?«
»Hm. Eigentlich warst du der Anlaß. Du hast gepetzt. Du hast ihr brühwarm erzählt, daß ich dir in der Kleinbahn mein Herz zu Füßen gelegt habe.«
Cotta drehte sich in der Hüfte um. Ihr Gesicht überzog sich mit Röte. Als keine Farbsteigerung mehr möglich war, sagte sie: »Ich... ich habe Bibi zu Rate gezogen, weil sie in solchen Dingen sicherer ist. Sie hat doch so eine Natursicherheit... Und... und ich wußte nicht, ob du’s ernst gemeint hattest.«
»Da hättest du doch mich fragen können!«
»Ausgerechnet!« Cotta lachte. »Fragt man den Feind, ob seine Angriffe Finten sind?«
»Was soll das heißen?«
»Strategie. Du bindest
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