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Die Oder gluckste vor Vergnügen

Die Oder gluckste vor Vergnügen

Titel: Die Oder gluckste vor Vergnügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ulrici
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zusammen«, sagte ich. »Wer sind Sie denn? Leutnant! Unterste Sprosse. Oberleutnant! Ein Beruf mit >Ober    »Still, Oberdichter«, sagte Schmitt. »Ihre Grundlage ist Papier, unsere Eisen.«
    Ich bäumte mich auf. »Eure Kriegsschiffe? Eiserne Kipploren!«
    »Hast du das gehört?« fragte Lümmel.
    »Vorsicht«, sagte Schmitt, »Lümmels Vater ist Admiral.«
    »Admiral! Eure Admirale! Alte Männer mit Bruchband und Hosenträgern.«
    »Jetzt schmeiß’ ich ihn gleich hin«, sagte Lümmel.
    »Nicht!« rief Cotta. »Rex, sei still! Beleidige die Herren nicht!«
    »Admirale! Auf einem Schiff mit Schornstein! Lord Nelson war noch ein Mann unter Segeln. Dem konnte der Koks nicht ausgehen!«
    »Aber der Wind«, sagte Schmitt gemütlich.
    »Schimpflicher Niedergang des Heldentums«, rief ich. »Eure Kapitäne sind soviel wert wie der Kessel unter Deck. In zwanzig Jahren lacht man sich scheckig über eure Schiffe.«
    »Walte Gott, Sie kämen jemals zur Marine«, sagte Lümmel.
    »Und Sie zu meinem Stab, wenn ich Oberbefehlshaber bin!« rief ich.
    »Großadmiral von Kohlwursts Boot«, sagte Schmitt und lachte. »So, da sind wir.«
    »Pustekohl«, verbesserte Bibi, »nicht Kohlwurst. Ja, hier ist das Haus.« Sie kramte den Schlüssel hervor.
    Dann waren die Offiziere auf einmal weg, und ich war mit Bibi und Cotta in meinem Zimmer allein. Sie waren sehr aufgeregt. Sie hatten keine Erfahrung mit Betrunkenen.
    »Wie ziehen wir ihn aus?« fragte Bibi.
    Cotta hatte das Fenster geöffnet. »Er braucht frische Luft.«
    »Ja. Und wo ist ein Waschlappen?«
    »Was willst du mit dem Waschlappen?«
    »Na, er muß doch eine kühle Kompresse...«
    »Ach, erst morgen, wenn der Kater da ist. Stell lieber die Waschschüssel zurecht.«
    Ich lag auf dem Bett. Sie zogen mir die Schuhe aus. Dann trauten sie sich nicht weiter.
    »Hach«, sagte Cotta, »so ein Mann ist etwas schrecklich Kompliziertes. Ich habe nicht darauf geachtet, wieviel er getrunken hat.«
    »Er hatte Kummer. Da saufen Männer immer«, sagte Bibi.
    »Kummer?« rief Cotta. »Deinetwegen, nicht? Du hast dich aber auch mit diesem Lümmel...«
    »Und du mit dem schönen Herrn Schmitt«, konterte Bibi. »Deshalb das Ganze. Das brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Er hat Minderwertigkeitskomplexe gekriegt, wetten? Rexchen, kannst du dich ausziehen?«
    »Ja«, lallte ich.
    »Er muß aber doch noch einen Waschlappen auf das Auge haben«, sagte Bibi. »Ich glaube, das schwillt — von dem Sektpfropfen.«
    Als ich im Bett lag, kamen sie wieder. »Am besten, ich setz’ mich dazu und halte Wache«, meinte Bibi.
    »Bibi«, sagte Cotta, »mir scheint, du hast auch zuviel getrunken. Ein Betrunkener ist kein Kranker. Der braucht keine Privatschwester. Komm jetzt.«
    Sie gingen.
    Selig schwamm ich in den Traum hinüber. Das Marinezwischenspiel war doch wohl zu meinen Gunsten ausgegangen. Ich hatte umsonst getrauert...
    Aber am nächsten Morgen schien die Lage wieder weniger hoffnungsvoll. Als ich die Wirtin nach Bibi und Cotta fragte, erfuhr ich, sie seien seit einer Stunde weg. Sie hätten einen Zettel zurückgelassen. Auf dem Zettel stand: »Rexchen, du fällst doch heute aus, nicht? Setz dich in die Sonne. Erhol dich. Wir sind mit S und L segeln. Bibi und Cotta.«
    An Erholung war nicht zu denken. Ich borgte mir von der Wirtin ein Fernrohr und ging zum Strand. Auf einer Düne faßte ich Posto und schob das Fernrohr aus. Es war ein langes, so lang wie ein Gewehr. Es stammte von dem seligen Mann der Wirtin, der mit einem Hilfskreuzer untergegangen war.
    »Kneifen Sie nur nicht das verkehrte Auge zu«, sagte jemand neben mir.
    Es war Gerda Millbratt. Die Arme um die Knie geschlungen, dürr und braungebrannt wie ein Bündel Reisig, saß sie da. »Gucken Sie nach dem Wetter?«
    »Ja«, brummte ich.
    »Dann gucken Sie aber in die verkehrte Richtung. Die Rufus und die Percotta fahren in dem Boot da!« Sie wies weit nach Westen.
    Dieses verteufelte Kolumbus-Fernrohr holte das bezeichnete Boot auf Armlänge heran. Es war beinahe metaphysisch. Ich sah die beiden Marineoffiziere mit ihren schicken, weißen Mützen, und ich sah Bibi und Cotta in geliehenem Segeldreß elegant über Bord lehnen. Ich sah alles ganz genau.
    »Schlechtes Wetter, nicht?« fragte Gerda.
    Ich schob das Fernrohr zusammen, während mir die Wut in die Kehle stieg. Dort schwammen meine beiden Fäßchen Wein, und hier saß ein Faß Wasser. Und das verhöhnte mich noch. Und was das schlimmste war: Ich sah den

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