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Die Oder gluckste vor Vergnügen

Die Oder gluckste vor Vergnügen

Titel: Die Oder gluckste vor Vergnügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ulrici
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ich.
    »Rexchen!« rief Bibi.
    »Ich bin nicht dein Rexchen!« Entschlossen schwenkte ich die Flasche, um Bibi über ihren Verehrer zu treffen. Aber mein Schuß ging daneben.
    »Märchendichter sind eben doch nervöser als Seemänner«, sagte Schmitt. »Hurra!« schrie Leutnant Lümmel. »Die Dame gehört mir!«
    Wie vereinbart, räumte ich das Lokal, wofür die Sekundanten in aller Förmlichkeit sorgten.
    »Armes Opfer«, sagte der eine. »Kommen Sie wieder mit ins Kurhaus, da sind auch ein paar lustige Küken.«
    Im Kurgarten traktierten mich die beiden so mit Alkohol, daß die Lampions zu tanzen begannen. Plötzlich war auch Gerda Millbratt da. Sie fragte mich etwas, und ich war wohl so benebelt, daß ich mit ihr plapperte und ihr meinen Kummer verriet. Ich hatte zwar den dumpfen Eindruck, zuviel erzählt zu haben, aber das war ja nun nicht mehr zu ändern. Ich bemerkte auch — und dafür hat gerade ein Betrunkener einen untrüglichen Sinn — , daß Gerda vor Neugier und Sensationslust immer wacher wurde.
    Von irgendwoher kam Frau Millbratts scharfe Stimme: »Gerda! Wir gehen!«
    »Ich auch«, erklärte ich der Tafelrunde. »Ich gehe an den Strand, in unsere Burg. Will mich sonnen.«
    »Gut Mond!« riefen die Leutnants hinter mir her.
    Ich torkelte in die Nacht hinaus. Aber so umnebelt war ich nicht, daß ich meine Niederlage vergessen hätte. Was für eine Bilanz! »Rexchen ist weich«, hatten sie mir gestern attestiert. Und also tanzten sie mir mit harten Männern davon. Denn daß das Männer waren, dafür bürgte ja die Uniform. Das Spiel war ernst. Bei Mädchen ist das so.
    Ich legte mich in den Sand. Um mich kreisten die Strandkörbe. Vor mir war die hölzerne Badeanstalt, nicht wie ein Wasserbad für Landbewohner, sondern wie ein Landbad für Wasserwesen. Auf den Planken lagen da jetzt die Fische zur Erholung.
    Ich bettete meinen Kopf in die Armbeuge. Der sterbende Cäsar. Wie lange ich so lag, weiß ich nicht.
    »Rex, Rex!« rief jemand.
    Ein Rascheln, ein Schatten — nein, es war kein Traum. Bibi kam. Bibi leibhaftig.
    »Rexchen, wir suchen dich überall. Im Kurgarten sagten sie, du wolltest dich ertränken. Himmel, machst du mir Angst!«
    Plötzlich war auch Cotta da. »Hier bist du! Läßt dich von uns suchen! So eine Mühe, wo wir durch die hohen Absätze derartig behindert sind! Dreimal ist mir der rechte Schuh im Sand steckengeblieben!«
    Der sterbende Cäsar verwandelte sich flugs in Klein-Willi. Er hatte nichts gegen zwei Küsse.
    »Ach, ist das nachts schön hier!« rief Bibi.
    In meinem Sektrausch hörte ich eine heftige Debatte zwischen ihr und Cotta.
    »Ach was, sieht ja keiner«, sagte Bibi. Und Cotta vermerkte ärgerlich: »Bibi badet.«
    Ach so. Einen Badeanzug hatte sie natürlich nicht unter dem Abendkleid gehabt. »Wenn nun aber Schmitt und Lümmel kommen!« rief Cotta.
    »Die haben wir ja abgehängt«, erwiderte Bibi fröhlich. Nach einer Weile kam sie anscheinend aus der Brandung zurück, denn Cottas Bibi-Rufe wurden dringlicher.
    Es war mir nicht möglich, auch nur optisch etwas von der Nachtbadebibi zu erhaschen. Der Sekt! Ich lag wie unter zwanzig Decken. Aber wohl doch nicht. Ich spürte etwas köstlich-blankes Kaltes — und einen kalten Kuß. Bibi rollte flink über mich hinweg.
    »Bibi!« schrie Cotta.
    Bibi hatte möglicherweise gar nichts an. Nein, bestimmt nichts. Aber es war nur eine halbe, eine zehntel Sekunde, dann sprang sie davon.
    Cotta zischte alarmierend: »Die Offiziere kommen! Hörst du nicht? Sie rufen!« Wildes Geschrei. Bibi verschwand mit ihren Sachen im Dunkel. Und Cotta lenkte die Aufmerksamkeit der Herren auf uns.
    »Wie bringen wir Käpt’n Rex nach Hause?« fragte sie.
    »Der ist abgesoffen wie vorhin sein Kahn«, sagte Lümmel und lachte. Er und der Oberleutnant packten mich an Kopf und Füßen und begannen mit dem Abtransport zwischen den Sandburgen hindurch. Das Brandungsrauschen wurde leiser. Dafür hörte ich Bibi. Sie war mittlerweile wieder zur Truppe gestoßen.
    »Eine Ehre, Herrn Dichter zu tragen«, sagte Lümmel. »Wahrhaftig, es ist mir eine innere Flaggenparade.«
    »Wiegt weniger als ‘n leerer Seesack«, sagte Schmitt.
    »Ich glaube, ich könnte ihn auch tragen«, meinte Bibi. »Soll ich mal?«
    Das wurde zum Glück abgelehnt.
    »Man merkt ihn tatsächlich kaum«, begann Lümmel wieder. »Sie könnten es bestimmt. Er ist nicht schwerer als ‘n Schwung Signalflaggen.«
    Nun reichte es mir. »Mein Gehirn wiegt mehr als Ihre beiden Mützen

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