Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands
Gesellschafterin agierte. Christian Oetker besaß Anteile an der Suppenfabrik Eto, während sein Bruder Richard, wie es hieß, mit dem Langnese-Honig-Werk in Bargteheide abgefunden worden war. Auch einen Großteil seines Brauereibesitzes überschrieb Rudolf-August Oetker.
Die frühzeitige Übertragung von Vermögenswerten hatte den Vorteil, dass die Erbschaftsteuerzahlungen, die auf die Oetker-Nachkommen unweigerlich zukamen, gestreckt werden konnten. Rudolf-August Oetker beherzigte den Rat, den Steuerberater gerne in die Formulierung packen, dass es fiskalisch günstig ist, einen Teil des Vermögens »mit warmen Händen zu geben«. Weil die Steuern nicht auf einen |306| Schlag anfielen, war es möglich, sie aus den laufenden Gewinnen der Unternehmen zu bezahlen.
Mehr als einmal beschrieb August Oetker sein Unternehmerdasein im Kontrast zu den Bedingungen, unter denen der Vater gewirtschaftet hatte. »Wir drehen an vielen kleinen Schräubchen«, klagte er 1986. »Das ist sehr viel unattraktiver, als ein großes Unternehmen zu kaufen.« Doch schon kurz darauf konnte auch der Junior an einem großen Deal mitwirken.
Im Sommer 1986 verhandelten die Oetkers und ihre Manager über den Kauf der renommierten Sektkellerei Henkell in Wiesbaden. Die drei Henkell-Familienzweige, die das 160 Jahre alte Unternehmen besaßen, hatten die Lust an der Firma verloren. Vier Jahre zuvor war die Sektsteuer um ein Drittel erhöht worden, und seither ließen sich die Flaschen mit den Marken Henkell Trocken, Rüttgers Club und Carstens SC nur noch zu niedrigeren Preisen absetzen.
Zu den Henkell-Eignern gehörte die Familie von Hitlers Außenminister Joachim von Ribbentrop, der einst Anneliese Henkell geheiratet hatte und 1946 hingerichtet worden war. Eine Verbindung der Familie Ribbentrop zu den Oetkers bestand schon vor dem Unternehmensverkauf. Robert von Ribbentrop, ein Sohn des NS-Politikers, hatte bis 1980 an der Spitze von Oetkers Lampe-Bank gestanden.
Die Oetkers zahlten für die Henkell-Sektkellerei 130 Millionen Mark. Den Kauf konnte die Familie leicht finanzieren, weil sie sich kurz zuvor von einem Großteil ihrer Versicherungsaktivitäten getrennt hatte und entsprechend flüssig war. Zum Preis von 125 Millionen Mark hatte Rudolf-August Oetker die Aktien des Deutschen Rings, die seit Anfang der sechziger Jahre in seinem Besitz gewesen waren, an die Basler Versicherungs-Gruppe veräußert.
Nach dem Vertragsabschluss feierten die Oetkers das Geschäft mit Mitgliedern der Henkell-Familie im Düsseldorfer Hotel Breidenbacher Hof. Aus kartellrechtlichen Gründen blieb die Sektkellerei zunächst außerhalb des Bielefelder Konzernverbundes. Drei Nachkommen Rudolf-August Oetkers aus drei verschiedenen Ehen übernahmen die Gesellschaftsanteile: Rosely Schweizer, Richard Oetker und der älteste |307| Sohn aus der Ehe mit Maja von Malaisé, der 1967 geborene Alfred Oetker.
Bald darauf wurde Henkell aber doch mit der Sektkellerei Söhnlein Rheingold, die schon seit den fünfziger Jahren im Oetker-Besitz war, unter ein gemeinsames Dach gebracht. Als die Unternehmen zusammengeführt waren, teilten sich alle acht Kinder Rudolf-August Oetkers diesen Besitz. Durch die Fusion entstand das mit Abstand größte Unternehmen der Schaumweinbranche, dessen Umsätze sich auf mehr als eine halbe Milliarde Mark addierten. Außer Sekt vertrieb die Firma auch eine Reihe populärer Spirituosen, darunter den Cognac Remy Martin und den Likör Grand Marnier. Söhnlein war im Spirituosensegment schon länger mit Wodka Gorbatschow und Batida de Coco erfolgreich.
Rudolf-August Oetkers Rückzug aus dem operativen Geschäft bedeutete nicht, dass er untätig blieb. Der rüstige Mittsechziger nutzte weiter wie bisher sein Büro in der Bielefelder Hauptverwaltung, dessen Wand ein großer Stammbaum ziert. Einmal im Monat tagte er als eine Art von Ein-Mann-Aufsichtsrat mit den vier persönlich haftenden Gesellschaftern der August Oetker KG. Seinem Gefühl nach waren die Herren froh, wenn er sie ansonsten in Ruhe ließ. Schmunzelnd teilte er einem Journalisten einen Verdacht mit, den er gegen die Konzernführung hegte: »Die haben mir die Hotels und die Lampe-Bank gelassen, weil sie sicher sind, dass ich damit genug zu tun habe und mich nicht um ihren Kram kümmere.«
Tatsächlich sah sich der Senior jeden Kredit an, den das Bankhaus Lampe vergab, und kümmerte sich ausgiebig um die Luxushotels. Zum Brenner’s Park-Hotel in Baden-Baden waren im Lauf der siebziger
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