Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands
»Wenn ich das Geld, was ich verloren habe, heute noch hätte, dann erst wäre ich reich.«
Zu den Eigenschaften Rudolf-August Oetkers, die seinen Erfolg begünstigten, zählen eine umsichtige Personlauswahl und die ungewöhnlich große Loyalität zu den leitenden Mitarbeitern. Die Topmanager seiner Firmengruppe wie Sandler, Stelbrink und De La Trobe arbeiteten über Jahrzehnte unter seiner Ägide und hatten beträchtliche Freiräume. Zwar tönte der Konzernchef gerne einmal: »Wer nicht bringt, was verlangt wird, fliegt, egal aus welcher Etage.« Tatsächlich mussten seine Manager aber nicht fürchten, für kleinere Fehler haftbar gemacht zu werden. Der Inhaber hielt sich auch nicht damit auf, Sündenböcke zu suchen, wenn ein von ihm genehmigtes Vorhaben schief gegangen war. Im Tagesgeschäft galt in der Firmengruppe ohnehin das Prinzip der dezentralen Führung. Die Geschäftsführer in Oetkers Konglomerat konnten auf ihren Märkten eigenständig operieren.
Rudolf-August Oetker selbst sah das Geheimnis seines Erfolges in einer analytischen Begabung: »Ich glaube, dass ich komplizierte Vorgänge auf eine einfache Formel bringen kann und dass dadurch auch komplizierte Vorgänge für mich verhältnismäßig einfach sind.« Der Unternehmer, der vom Typ Ähnlichkeiten mit Konrad Adenauer aufwies, war seit jeher ein besonders gründlicher Leser von Bilanzen, Berichten und Finanzierungsplänen. Stets hielt sich Oetker auf dem Laufenden darüber, was sich auch in entlegenen Gegenden seines Firmenreiches tat. Lange Telefongespräche allerdings waren ihm immer zuwider.
Bis 1980 führte Rudolf-August Oetker sein Firmenimperium als so genannter Einzelkaufmann. Dadurch war er von der gesetzlichen Verpflichtung befreit, öffentlich Angaben über Gewinne und Verluste zu machen. Weil ihm die Unternehmensgruppe allein gehörte und er mit seinem gesamten Vermögen haftete, brauchte Oetker sich auch nicht mit einem Aufsichtsrat herumzuschlagen. Ebenso wenig musste er Arbeitnehmervertreter in seiner Firma mitbestimmen lassen.
Gewerkschaftsfunktionäre nannten die Oetker-Gruppe aus diesen |300| Gründen ein »patriarchalisches Fossil«. Der Konzern werde wie »ein Tante-Emma-Laden« geführt, hatte der SPD-Abgeordnete Friedhelm Farthmann dem Inhaber in den siebziger Jahren einmal im Beisein seiner Führungskräfte gesagt – ein Vergleich, über den sich Rudolf-August Oetker, wie er damals kundtat, »sehr geärgert« hatte. Er selbst hatte sich immer zugute gehalten, dass er seine Geschäfte mit Umsicht und Rücksicht führte.
Als der Wirtschaftsjournalist Hans Otto Eglau dem Konzernherrn einmal vorgehalten hatte, dass für ein Unternehmen von der Größe der Oetker-Gruppe die Rechtsform der Aktiengesellschaft wohl passender wäre, da war der Unternehmer ans Fenster getreten und hatte auf Mitarbeiter in der Fabrik gedeutet. »Diese Leute da unten, die da arbeiten, vertrauen doch auf uns. Die sagen, das war bei Oetkers immer solide, da könnt ihr von ausgehen, die sind nicht leichtsinnig.«
Die Übergabe an die nächste Generation brachte die Notwendigkeit mit sich, das Unternehmen in eine neue Rechtsform zu bringen. Daher wandelte Rudolf-August Oetker das Bielefelder Stammhaus Anfang 1981 in eine Kommanditgesellschaft (KG) um, die als Holding für die meisten übrigen Firmenbeteiligungen dienen sollte. Bei der Rechtsform der KG haften ein oder mehrere Gesellschafter mit ihrem ganzen Vermögen. Andere Gesellschafter haften als Kommanditisten nur bis zu einer bestimmten Summe. Rudolf-August Oetker ließ sich als einzigen Kommanditisten in das Handelsregister eintragen und beschränkte somit seine Haftung für die Schulden der Firma – allerdings auf einen dreistelligen Millionenbetrag.
In der Rolle des Kommanditisten war der Senior von der Geschäftsführung der Firmengruppe ausgeschlossen. Die lag nun bei seinen drei altgedienten Generalbevollmächtigten und dem als Vierten hinzugetretenen August Oetker. Die Herren durften sich fortan »Persönlich haftende Gesellschafter« nennen. Das Quartett stand unter der Kontrolle Rudolf-August Oetkers. Außergewöhnliche Geschäfte bedurften weiterhin seiner Zustimmung. Die Beteiligungen an den Versicherungen Deutscher Ring und Condor sowie am Bankhaus Lampe behielt Oetker im Privatvermögen.
|301| Während sich Stelbrink weiter wie bisher um Finanzen und Bilanzen kümmerte und De La Trobe die Aktivitäten in der Schifffahrt sowie bei Banken und Versicherungen steuerte, verkleinerte sich
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