Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands
klein redete: »Er hat es doch viel schwerer als ich damals«, sagte er, wann immer das Gespräch auf einen Vergleich der beiden Oetkers kam. Das Wirtschaftsleben sei ungleich komplizierter als in der Zeit, in der er selbst an die Unternehmensspitze getreten war, sagte Oetker. Mehr als einmal rühmte der Alte das große Kommunikationstalent seines Nachfolgers: »Mein Sohn ist mit dem Mund besser als ich.«
Intern ging es allerdings härter zur Sache, wie August Oetker Jahrzehnte später durchblicken ließ. »Einen Generationenkonflikt kann man nicht vermeiden. Der richtige Nachfolger muss sich halt durchsetzen«, beschrieb er den Übergang. Nur widerwillig nahm der Senior es in den achtziger Jahren hin, dass sich sein Sohn von einigen chronisch defizitären Firmen trennen wollte, an denen sein Herz hing. Eines dieser Unternehmen war das Windsor Kleiderwerk in Bielefeld, das mit Verlusten arbeitete. Nach langen Diskussionen setzte sich August Oetker gegen den Vater durch. Das Textilunternehmen landete bei den Holy-Brüdern (Boss).
Auch bei dem Textilunternehmen Wäschewerke Kayser drängte August Oetker auf eine Schließung und setzte sich durch. Es war keine angenehme Aufgabe, der sich der Nachfolger nun stellen musste. Er versteckte sich nicht hinter den Managern, als es darum ging, die Belegschaft zu informieren. »Den Menschen zu sagen, es geht nicht anders, das war fürchterlich«, sollte er sich später zurückerinnern. »Das musste ich selbst machen, sonst hätte ich jeden Vertrauensvorschuss und auch Autorität verloren.«
Der Junior scheute sich nicht, die Firmengruppe umzubauen. Die Hochseefischerei gab der Konzern auf, weil August Oetker darin keine Perspektive mehr sah. Vor allem schien ihm die Organisation der Lebensmittelsparte überholt, wo sein Vater und Sandler drei Firmen unabhängig nebeneinander her hatten arbeiten lassen. Das Stammhaus |304| , die Tiefkühlsparte und das Markengeschäft mit Langnese-Honig und Ültje-Erdnüssen verfügten jeweils über eigene Vertriebs und Verwaltungsorganisationen. August Oetker hielt diese Aufstellung für ineffizient und sorgte dafür, dass die Geschäfte in einem einzigen Unternehmen zusammengelegt wurden. So entstand die Dr. August Oetker Nahrungsmittel KG. Den alten Slogan »Man nehme Dr. Oetker«, der noch vom Urgroßvater stammte, ergänzte August Oetker um die Formulierung: »Qualität ist das beste Rezept.«
Mit jedem dieser Schritte gewann der Nachfolger an Profil und damit auch an Führungskraft. »Eine starke Persönlichkeit wirft einen starken Schatten«, beschrieb August Oetker später das Verhältnis zum Vater. »Aus dem muss man erst heraustreten.« Auch privat hatte er mit dem Vater manchen Strauß auszufechten. Als August Oetker für sich und seine Familie nach eigenen Vorstellungen ein Haus in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem seines Vaters errichten ließ, da waren der Senior und seine Gattin mit dem Ergebnis so unzufrieden, dass sie ihren Architekten Pinnau mit der Verschönerung des klotzigen Gebäudes beauftragten.
Trotz aller Differenzen bescheinigte August Oetker seinem Vater Jahrzehnte später, dass dieser sich im Gegensatz zu anderen Unternehmern seiner Generation wie etwa Max Grundig und Josef Neckermann in vorbildlicher Weise aus dem operativen Geschäft zurückgezogen hatte: »Der verantwortungsbewusste Unternehmer muss rechtzeitig sein Unternehmen vor sich selbst schützen.«
Rudolf-August Oetker tat mehr als das. So sorgte der Senior schon früh dafür, dass im Falle seines Ablebens kein Streit zwischen den Erben die Existenz des Unternehmens gefährden konnte. Die Vorbereitungen des Erbfalls waren kein leichtes Unterfangen. Oetker hatte in drei Ehen acht Kinder gezeugt. Seine jüngste Tochter Julia war erst 1979 auf die Welt gekommen und damit fast 40 Jahre jünger als die älteste, Rosely Schweizer. Die älteren Nachkommen hatte Rudolf-August Oetker zu einem Erbverzicht bewogen, sobald sie volljährig geworden waren. Damit wollte er die Einheit des Unternehmens sicherstellen. Zum Ausgleich wurden den Kindern Immobilien übertragen |305| oder Anteile an Firmen, die auch unabhängig vom Stammhaus operieren konnten.
Gelungener Generationenwechsel: Rudolf-August Oetker mit seinem Sohn
August Oetker vor einem Porträt des Firmengründers Dr. August Oetker.
Auf diese Weise waren die Oetker-Geschwister beispielsweise zu ihrem Besitz bei den Sektkellereien gekommen, bei denen Rosely Schweizer auch als persönlich haftende
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