Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands
und achtziger Jahre drei weitere große Häuser hinzugekommen: das Le Bristol in Paris, das Hotel Du Cap Eden Roc im französischen Cap d’Antibes und das Parkhotel Vitznau in der Schweiz.
Dabei hatte Oetker niemals den Plan verfolgt, neben all seinen anderen Aktivitäten auch noch zum Großhotelier zu werden. Es habe sich einfach so ergeben, erläuterte er einmal. »Das eine Haus habe ich geerbt, weil es keiner sonst haben wollte. Dafür konnte ich gar nichts. |308| Und bei den anderen steckten immer – ich muss es so einfach ausdrücken – Familientragödien dahinter. Was soll man machen, wenn man acht Kinder hat und nur ein Hotel? Dann muss man sich von dem Haus trennen, um die Erben auszahlen zu können!«
Besonders das Brenner’s Park-Hotel besuchte Rudolf-August Oetker, so oft es ging. Dorthin hatte er regelmäßig die Führungskräfte seines Konzerns zu Konferenzen eingeladen. Nun ließ sein Sohn August die Gruppentagungen dort abhalten. Der Vater verbrachte auch schon mal Urlaubstage in Baden-Baden. Er hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, bei jedem Besuch ein anderes Zimmer zu bewohnen, um es einer gründlichen Überprüfung unterziehen zu können. Kritikpunkte und Anregungen gab er dann an den Hoteldirektor weiter. »Es gibt ja schließlich Dinge, die die Hausdame gar nicht sehen kann«, begründete der Inhaber seine Inspektionen, »weil einem manch ein Mangel nur bewusst wird, wenn man in einem Zimmer lebt.«
Als eingefleischter Unternehmer vertrat Rudolf-August Oetker die Ansicht, dass eine Firma, die nichts abwirft, auch nichts wert ist. Die Hotels betrieb die Familie zwar nicht als Zuschussgeschäft, aber die Gewinnerwartungen waren auch nicht so hoch wie bei den übrigen Geschäften. Um die Häuser attraktiv zu erhalten, waren laufend hohe Investitionen erforderlich, die viel Kapital banden. »Damit kann heutzutage keiner reich werden«, beschrieb Rudolf-August Oetker Motive als Grandhotelier. »Andererseits ist das Bewusstsein, den Menschen eine Oase bieten zu können, die heute niemand mehr bauen würde, für sich gesehen schon eine Bereicherung.«
Die Hotels boten überdies Oetkers Frau und seiner Tochter ein Feld standesgemäßer Betätigung. Während Maja Oetker wie auch ihr Bruder Christoph von Malaisé in den Aufsichtsräten und Beiräten Plätze einnahmen, kümmerte sich Oetkers Tochter Bergit als Innenarchitektin um die Ausstattung der Häuser. Oetkers Architekt Cäsar Pinnau gestaltete zahlreiche Erweiterungs- und Umbauten. Er erweiterte das Parkhotel am Vierwaldstätter See um ein Drittel und fügte dem Brenner’s Park-Hotel eine Schwimmhalle im antik-pompejanischen Stil an. Das Le Bristol, ein traditionsreiches Pariser Grand Hotel, ergänzte |309| Pinnau um einen klassizistisch komponierten Flügel und einen Garten im Innenhof. Auch das Luxushotel an der Côte d’Azur ließ Oetker aufwändig und in mehreren Etappen umgestalten. Als Bauherr zeigte sich der Inhaber, der seine Schuhe über 20 Jahre trug und bei seinen Autos die Modellwechsel ignorierte, nicht kleinlich: »Was bringt es, wenn ich zwar zehn Prozent billiger, dafür aber um 50 Prozent hässlicher baue?«
Aber als Cäsar Pinnau 1988 starb, überwarf sich Oetker mit dessen Frau. Eine Reihe von Bauten waren unvollendet, darunter Umbauten und Neubauten an Oetkers Privathaus in Bielefeld, beim Bankhaus Lampe in Düsseldorf, den Sektkellereien und beim Brenner’s Park-Hotel. Um die Fortsetzung der Arbeiten und die Ansprüche der Erbin kam es zum Streit. Ruth Pinnau geriet in finanzielle Bedrängnis, aus der sie sich nur dadurch befreien konnte, dass sie ein historisches Haus an der Hamburger Palmaille, in dem sich das Atelier ihres Mannes befunden hatte, verkaufte. In ihren Memoiren hielt sie dem Industriellen, mit dem sie sich über 40 Jahre freundschaftlich verbunden geglaubt hatte, seine Hartherzigkeit vor: »Gerade in der Zeit des größten Schmerzes über den Verlust meines geliebten Mannes verletzte mich Oetkers Verhalten zutiefst.«
Im Alter fühlte sich Rudolf-August Oetker außer zu den Hotels besonders zur Kunst hingezogen. Der passionierte Sammler beschloss den Arbeitstag gerne damit, in den Auktionskatalogen zu blättern, die man ihm in großer Zahl ins Haus schickte. Schon immer hatte er sich auch für das Geschäft interessiert, das mit Kunstwerken gemacht wurde. So war es nicht verwunderlich, dass der langjährige Kunstkäufer Rudolf-August Oetker auf seine alten Tage auch noch zum Kunsthändler wurde.
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