Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands
ein Umzug käme für uns nicht in Frage.«
Sein Vater Rudolf-August Oetker denkt genauso, wie der steuerflüchtige Molkereiunternehmer bestätigte: »Der alte Herr Oetker hat gesagt, er könne überhaupt nicht verstehen, warum ich mir das antue. Er hat die Erbschaftssteuer bezahlt, über Jahre verteilt.«
|359| Es bleibt abzuwarten, ob Arend Oetker in den nächsten Jahren versuchen wird, die deutsche Erbschaftssteuer zu vermeiden, indem er und seine Kinder in die Schweiz übersiedeln. Oetker hat zum Erbfall bisher lediglich kundgetan, dass er seinen fünf Kindern, die in den Jahren 1976 bis 1992 geboren wurden, Unterbeteiligungen am Firmenvermögen eingeräumt habe.
Seit langem ist allerdings bekannt, dass Arend Oetker von Erbschaftssteuern nichts hält. Der politisch einflussreiche Industrielle ist als unermüdlicher Kritiker jeder Form der Erbschaftsbesteuerung ausgewiesen. Schon 1995 bezweifelte er in einem Aufsatz, »ob die Erhebung der Erbschaftssteuer überhaupt sinnvoll ist«. Sein Argument: Bei Familienunternehmen werde gerade in der schwierigen Phase des Übergangs auf die nächste Generation Geld aus der Firmenkasse gezogen. 2003 forderte Oetker, der Gesetzgeber solle Unternehmenserbschaften völlig von der Steuer befreien, wenn der Erbe den Betrieb mindestens zehn Jahre lang fortführe.
Mit seinen Vorschlägen bewegt sich der Industrievizepräsident allerdings weit außerhalb dessen, was hohe Gerichte an Subventionen für Unternehmer für zulässig halten. Der Bundesfinanzhof hat die vielfältigen pauschalen Vergünstigungen, derer sich die Erben von Betriebsvermögen gegenwärtig erfreuen, schon als »in ihrer Gesamtwirkung zu weit gehend« eingestuft. Nun soll das Bundesverfassungsgericht entscheiden.
Unternehmenserben müssen Betriebsvermögen nur dann versteuern, wenn es 225000 Euro übersteigt und die persönlichen Freibeträge bereits durch anderes Vermögen ausgeschöpft sind. Was darüber hinausgeht, schlägt nur mit 65 Prozent seines Wertes zu Buche. Überdies gilt immer die günstige Steuerklasse I. Die Experten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung kamen Ende 2003 zu dem Schluss: »Die gegenwärtigen Vergünstigungen verletzen die Steuergerechtigkeit erheblich.«
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|360| 26. »Pils passt prima zu Pudding und Pizza«
Ein hungriges Unternehmen
Ü ber ein Jahr lang gingen die E-Mails zwischen München und Bielefeld hin und her. Dann trafen sich die Manager der Oetker-Gruppe mit den Bankern an einem geheimen Ort. Bei den Verhandlungen ging es um den Verkauf des Brauereikonzerns Brau und Brunnen, dessen Aktien zu mehr als 60 Prozent im Besitz der HypoVereinsbank lagen. Dem Geldhaus mangelte es an Kapital und es wollte sich von der Unternehmensbeteiligung gerne trennen. Die Oetkers waren an einem Kauf interessiert, denn sie wollten ihr eigenes Brauereigeschäft vergrößern. Auf diesem Feld war der Bielefelder Konzern mit seiner Radeberger Gruppe, dem drittgrößten Anbieter von Bier in Deutschland, zwar bereits gut vertreten. Aber durch einen Kauf von Brau und Brunnen wollte Oetker nun Marktführer werden.
Bei dem Geheimtreffen trugen die Banker ihre Preisvorstellungen vor. Die Oetker-Leute schluckten, als sie die Forderung hörten – und verhandelten. Sie waren allerdings nicht die einzigen Interessenten für das Brauereiaktienpaket und damit in einer schwachen Position. Überdies galt für den Oetker-Konzern, was wohl für die meisten Familienunternehmen zutrifft: Sie zahlen keine Mondpreise. Im Unterschied zu den Managern von börsennotierten Großkonzernen finanzieren sie ihre Unternehmenskäufe aus eigenem Vermögen und nicht mit dem Geld anonymer Aktionäre.
Nach einigem Hin und Her wurden die Verhandlungen abgebrochen. Über den Wert von Brau und Brunnen war keine Einigkeit zu erzielen. Die Herren gingen auseinander. Das war im Herbst 2003. »Wir haben Geduld«, sagte Ulrich Kallmeyer, der für die Oetkerschen |361| Brauereien zuständige Manager und Chef der Radeberger Gruppe. »Wir lassen uns nicht nervös machen und zahlen nicht jeden Preis.« Diese Strategie sollte sich am Ende bewähren.
Bald nach dem Abbruch der Gespräche über Brau und Brunnen fanden die Oetkers eine andere attraktive, wenn auch kleinere Brauerei, die zum Verkauf stand. Radeberger übernahm 50 Prozent des Stuttgarter Hofbräus. Unterdessen setzte die HypoVereinsbank ihre Bemühungen fort, die Brauereiaktien zu versilbern – vergeblich. Der dänische Carlsberg-Konzern, der
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