Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands
Übernahmewerte der Schwartauer Auslandstöchter auf 185 Millionen Franken.
In der Rückschau betrachtet, war diese Transaktion nur der erste Schritt in einem über etliche Jahre angelegten Schlachtplan des Vorzeigeunternehmers, seinen deutschen Unternehmensbesitz abzubauen und den in der Schweiz zu erhöhen – eine Auswanderung auf Raten.
Während Hero-Hauptaktionär Oetker in Köln wohnen blieb und später nach Berlin umzog, gingen seinen beiden wichtigsten Partner und Manager Werner Holm und Lutz Peters aus dem holsteinischen Bad Schwartau 1995 in die Schweiz. Ihr Einstieg in die Hero-Konzernleitung in Lenzburg versinnbildlichte, von wo aus das Arend-Oetker-Reich |353| künftig gelenkt werden sollte. Steuerliche Gründe spielten dabei offenbar eine entscheidende Rolle.
Durch den Hero-Einstieg gelang es Arend Oetker, sein internationales Firmenreich schlagartig erheblich zu vergrößern. Die von ihm kontrollierten Unternehmen beschäftigten 1995 rund 7800 Mitarbeiter und setzten 3,1 Milliarden Mark um. Das war eine neue Dimension und gab ihm auch innerhalb des verzweigten Oetker-Clans ein größeres Gewicht. »Mit dem Kauf des Schweizer Lebensmittelriesen Hero verkleinert Arend Oetker den Abstand zum Bielefelder Stammhaus«, schrieb die
Wirtschaftswoche
.
Die bei Oetkers Einstieg in Lenzburg angekündigten Vorteile aus Synergien bei Einkauf, Vertrieb und Logistik ließen allerdings auf sich warten. Zum Leidwesen der Hero-Kleinaktionäre fiel der Aktienkurs deutlich. Oetkers Mannen an der Schweizer Konzernspitze mühten sich, den Schweizer Konzern wieder auf Vordermann zu bringen. Sie verkauften das Fruchtsaftgeschäft in Deutschland und Frankreich und schlossen weitere unrentable Produktionen. Unglücklicherweise gerieten auch die Schwartauer Werke in Schwierigkeiten. 1997 und 1998 litten sie erheblich unter einem Erpressungsversuch. Der Täter hatte Gläser mit vergifteter Marmelade in Läden deponiert. Aber bald ging es wieder aufwärts.
Im April 2002 machte Arend Oetker abermals Geschäfte mit sich selbst. Die Hero AG, deren Verwaltungsrat er mittlerweile vorstand, übernahm 51 Prozent des so genannten Markengeschäfts der Schwartauer Werke. Es handelte sich dabei um die Produktion und den Verkauf von Marmelade, Müsliriegeln und Back- und Dekorartikeln unter den Marken wie »Schwartau Extra«, »Corny« und »Schwartau«. In diesen drei Produktgruppen ist Schwartau Marktführer in Deutschland. Der Gesamtumsatz belief sich auf 285 Millionen Euro. Zur Vorbereitung des Verkaufs hatte Oetker diese Geschäftsbereiche in die Schwartauer Werke GmbH & Co. KGaA gepackt.
Für die Kontrollmehrheit an dieser Firma zahlte dann der mehrheitlich im Oetker-Besitz befindliche Schweizer Konzern 183 Millionen Euro an eine deutsche Oetker-Beteiligungsfirma. Der Verkäufer konnte |354| den Erlös steuerfrei vereinnahmen, da der deutsche Fiskus seit 2002 darauf verzichtete, Gewinne aus solchen Beteiligungsverkäufen zu besteuern. Nach dem Willen der rotgrünen Koalition sollte die Regelung der Entflechtung der deutschen Wirtschaft dienen. In diesem Fall nutzte sie einem deutschen Unternehmer, der seinen Besitz in die Schweiz verschob.
Das CDU-Mitglied Oetker fürchtete sich vor einem Wahlsieg der Union. Deren Finanzpolitiker hatten im Frühjahr 2002 angekündigt, das »schwer erträgliche Steuergeschenk« (Bayerns Finanzminister Kurt Faltlhauser) nach einem Wahlsieg ihres Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber wieder zurückzunehmen. Dem wollte Oetker offenbar zuvorkommen.
Durch die Abgabe der Hälfte ihres Markengeschäfts schrumpfte die Schwartauer Gruppe, die schon Mitte der neunziger Jahre ihre Auslandstöchter verloren hatte, ein weiteres Mal. Ihr Ende ist heute bereits absehbar. Denn bei dem Verkauf im Frühjahr 2002 wurde vereinbart, dass Hero ab dem Jahr 2009 das Recht hat, auch noch die restlichen 49 Prozent des Markengeschäfts zu kaufen. In Bad Schwartau bliebe nur eine vom Ausland gesteuerte Betriebsstätte – bestenfalls.
Arend Oetker hat sogar für den Fall vorgesorgt, dass die Steuergesetzgebung auch zu einem späteren Zeitpunkt noch geändert werden könnte, wobei der Unternehmer offenbar vor allem an die Bundestagswahl 2006 dachte. Kippt die Steuerfreiheit anschließend doch noch, darf die Hero den Deal schon im Mai 2007 durchziehen, zu einem Zeitpunkt also, an dem die alte Regelung aller Voraussicht nach noch gelten würde. Hero kann die Restbeteiligung zur Hälfte mit eigenen Aktien statt Bargeld bezahlen,
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