Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands
Oetker-Geschwister erhielten nach eigener Aussage über viele Jahre aus der Unternehmenskasse immer nur so viel Geld, wie sie brauchten, um ihre privaten Steuern zu bezahlen. »Wir waren zwar vermögend, aber illiquide«, beschrieb August Oetker diese Lebenslage einmal.
Das hat sich inzwischen geändert. In langen Diskussionen überzeugte der Firmenchef den Familienchef, dass es besser sei, wenn ein größerer Teil der Unternehmensgewinne an die Familie ausgeschüttet würde. In |374| den Gesprächen mit dem Vater stellte August Oetker geschickt in den Vordergrund, welch wertvolle erzieherische Wirkung sich daraus für die Manager ergäbe, ob sie nun der Familie angehörten oder nicht. Die Unternehmer und Manager innerhalb der Oetker-Gruppe sollten in dem Bewusstsein arbeiten, dass das von der Familie bereitgestellte Kapital verzinst werden müsse, argumentierte August Oetker.
Der Patriarch hatte ein Einsehen. So konnte sich die Familie erstmals 1999 über einen ungewohnt großen Geldfluss freuen. Damals spielte August Oetker die Höhe der Ausschüttung in der Öffentlichkeit herunter. »Die Summe ist nicht so hoch, dass man davon leben kann«, sagte er dem
Handelsblatt
. Drei Jahre später erläuterte er dann aber der gleichen Zeitung seine Überzeugung, dass Familienunternehmen ihr Kapital marktgerecht verzinsen müssten, »und zwar durch Ausschüttung«. Wenn das auf die August Oetker KG zuträfe, dann müssten die Überweisungen mehr als ausreichen, den Lebensunterhalt der Familie zu bestreiten.
In kaum einer anderen großen deutschen Industriellenfamilie ist der Erbfall so gründlich und weitsichtig vorbereitet worden wie bei den Oetkers. Es scheint sogar, als habe die geordnete Weitergabe des Vermögens in der Familie einen ebenso hohen Stellwert wie die Entwicklung der Geschäfte selbst. Bereits in den siebziger und achtziger Jahren hat Rudolf-August Oetker damit begonnen, wesentliche Teile seines breit gestreuten Besitzes im Wege der Schenkung auf die Nachkommen zu übertragen: die Sektkellereien etwa sowie Teile des Brauerei und Nahrungsmittelgeschäfts. Aus den Bilanzen der Oetker-Gruppe lässt sich herauslesen, dass bis 1993 etwa die Hälfte des Vermögens in die Hände der nachfolgenden Generation übergegangen war.
Finanzchef Rudolf Stelbrink begann schon in den achtziger Jahren, Geld beiseite zu legen, so dass im Falle eines frühen Todes des mit einer guten Gesundheit gesegneten Rudolf-August Oetker die fälligen Erbschaftssteuern hätten gezahlt werden können, ohne dass es zu Notverkäufen einzelner Unternehmensteile kommen musste. Die zu diesem Zweck gekauften Wertpapiere, die im Erbfall kurzfristig hätten zu Geld gemacht werden können, warfen natürlich Zinsen und Dividenden ab. |375| Angeblich mehrte sich das Oetker-Vermögen damals schon allein dadurch täglich um 50000 Mark, dass der Senior den Tag überstand. Oetkers vergleichsweise große Gelassenheit, die mit zunehmenden Alter noch wuchs, und eine Ehefrau, die auf leichtes Essen achtete, halfen ihm dabei.
Nur eine Sorge plagte den Industriellen: die Furcht, dass nach seinem Tod ein Zwist in der Familie entstehen könnte, der die Unternehmen beeinträchtigen würde. »Eine Familie in Frieden ist das Beste, was es für eine Firma geben kann«, hat der langjährige Miele-Chef Peter Zinkann im nahe gelegenen Gütersloh einmal treffend formuliert, »eine Familie in Unfrieden das Schlimmste.« Beispiele für diese These gibt es genug, und Rudolf-August Oetker war immer daran gelegen, die Seinen in dieser Frage zu sensibilisieren. Wann immer der alte Herr bei der Zeitungslektüre Berichte über Streitigkeiten in anderen Unternehmerfamilien fand, über Dauerzwist wie bei den Bahlsens oder den Porsches, ließ er sie von seiner Sekretärin kopieren und schickte sie mit Anmerkungen versehen seinen Söhnen und Töchtern.
Die Methode scheint sich bewährt zu haben. Die Oetker-Geschwister praktizieren nach allem, was man weiß, eine ungewöhnliche Eintracht. Die Tradition ist ihnen Verpflichtung. Und Firma geht vor Familie, so lautet jedenfalls das oberste Credo des Clans, der sich beispielsweise vertragliche Beschränkungen auferlegt hat, wie viel Geld der Konzernkasse entnommen werden darf.
Am Ende des Jahres 2002 übertrug Rudolf-August Oetker, inzwischen 86 Jahre alt, den größten Teil seines noch verbliebenen Vermögens auf seine Kinder und Enkelkinder. Eine neue Eigentümerstruktur entstand. Dazu brachten er und alle seine acht Nachkommen
Weitere Kostenlose Bücher