Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands
Gesellschafter wirkt, sogar gezwungen gesehen, den zuvor an ihn ausgeschütteten Gewinn der Bank zurückzuüberweisen. Die Führungskräfte hatten es dem Patriarchen mit ihren Gewinnanteilen nachtun müssen. Zum Familienbesitz des Oetker-Clans gehört seit langem auch ein Schweizer Geldhaus, die Atlantic Vermögensverwaltungsbank in Zürich. An der Spitze dieses Instituts steht Maja Oetkers Bruder Christoph von Malaisé.
Es ist ein riesiges Reich, über das die mächtige ostwestfälische Familie heute regiert. Alles in allem besteht die Oetker-Gruppe gegenwärtig aus nicht weniger als 332 Unternehmen, von denen 130 im Ausland sitzen. Sie zählt nach der Übernahme von Brau und Brunnen mehr als 20000 Menschen zu ihren Mitarbeitern und erwirtschaftet einen jährlichen Umsatz von rund 5,5 Milliarden Euro.
Nach der Wiedervereinigung hat die Gruppe erhebliche Beträge in den neuen Bundesländern investiert, wo sie unter anderem die Radeberger Exportbierbrauerei schluckte. Zugleich hat August Oetker den Konzern in den neunziger Jahren deutlich internationaler ausgerichtet. Mittlerweile entfällt mehr als die Hälfte des Umsatzes auf ausländische |370| Märkte. Dabei spielt vor allem Osteuropa eine wichtige Rolle, wo Oetker seit der Öffnung des Eisernen Vorhangs mit einer Vielzahl kleinerer Betriebe vertreten ist.
An der Spitze des Konzerns arbeiten sechs Manager, von denen nur einer Oetker heißt. Seit den späten neunziger Jahren ist jeder der sechs Geschäftsbereiche in der bei Oetker so genannten Gruppenleitung. Diese Konstruktion bringt es mit sich, dass an der Unternehmensspitze kein Manager mitregiert, der nicht auch eine direkte Verantwortung für das operative Geschäft hat. Dem Gremium gehören neben August Oetker, der sich um das Nahrungsmittelgeschäft kümmert, die Manager Ulrich Kallmeyer (Brauereien), Hans-Henning Wiegmann (Sektkellereien), Klaus Meves (Containerschifffahrt) und Christian Graf von Bassewitz (Bank) an. Finanzvorstand Ernst F. Schröder, der neben August Oetker als Einziger den Renommiertitel persönlich haftender Gesellschafter führt, kümmert sich nicht nur um die Konzernkasse. Er führt auch die kleineren Geschäfte der Gruppe, zu der neben anderen Aktivitäten die Luxushotels, die Chemische Fabrik Budenheim und der Dr. Oetker Verlag gehören.
Wie viel die Oetker-Gruppe bei all ihren Geschäften verdient, darüber erfahren Belegschaft und die Öffentlichkeit so gut wie nichts. Anders als beispielsweise Henkel, einem ebenfalls von einer Familie kontrollierten Unternehmen, ist die Oetker-Gruppe keine Aktiengesellschaft und damit gesetzlich nicht verpflichtet, eine Gewinn-und-Verlust-Rechnung zu veröffentlichen. Freiwillig mag die Familie es nicht tun. Dem Publikum müssen Andeutungen genügen. So ist im Geschäftsbericht 2002 beispielsweise nur die Rede von einer »zufrieden stellenden Ergebnisqualität«. Dass das Unternehmen gut verdient und über hohe Reserven verfügt, steht außer Zweifel.
Nach Recherchen des
manager magazins
hat Rudolf-August Oetker mit seinen Nachfahren detaillierte Erbverträge geschlossen. »Oetkers Vermächtnis sieht vor, dass die Firmengruppe so aufgestellt bleibt, wie der Senior sie geschaffen hat: als ein Konglomerat mit fünf höchst unterschiedlichen Sparten, das vom Vanillepudding bis zum Containerschiff vieles im Angebot hat. Zudem wünscht der Patriarch, dass die |371| Firma weitgehend schuldenfrei geführt wird und im Besitz der Familie bleibt«, berichtete die Zeitschrift im Dezember 2003.
Neben der Schlagzeile »Das fatale Vermächtnis des Oetker-Patriarchen« sorgte vor allem die Schlussfolgerung der
Magazin-
Autorinnen in Bielefeld für Aufregung und Widerspruch in der Konzernzentrale. »In dem Bemühen, alle acht Kinder aus drei Ehen gleich zu behandeln und obendrein im Unternehmen größtmögliche Kontinuität zu gewährleisten, hat der alte Oetker die neuen Eigner in ein Korsett gezwängt, das die Bielefelder Firmengruppe langfristig stranguliert.«
Ob Rudolf-August Oetker der Familie aber wirklich ein solches »fatales Vermächtnis« aufgegeben hat, erscheint zweifelhaft, wenn man die Aussagen seines Sohnes dagegenhält. Nach dessen Worten ist die Diversifikation für den Oetker-Konzern keinesfalls ein Dogma, sondern bietet lediglich einen Sicherheitspuffer. »Es ist ein unglaublich gutes Gefühl, zu wissen, dass wir voneinander mehr oder weniger unabhängige Teile der Gruppe haben, die man, wenn man wollte oder müsste, veräußern
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