Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands

Titel: Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruediger Jungbluth
Vom Netzwerk:
Betriebszugehörigkeit. Oetker veranstaltete Betriebsausflüge mit Wanderungen und anschließendem Tanzvergnügen. Er ließ eine Kaffeeküche einrichten und für die Lehrlinge Milch ausschenken.
    Der Unternehmer hielt auch ein Auge auf die Arbeitsbedingungen. Bald nach dem Umzug hatte er bei einer Bielefelder Firma eine riesige Mischmaschine anfertigen lassen, mit deren Hilfe 400 Kilogramm Masse verarbeitet werden konnten. Mit seinen Zahnrädern verursachte das Ungetüm einen gewaltigen Lärm, der für die Arbeiter im Mischsaal sehr belastend war. »Jedes Mal, wenn der Doktor in den Mischsaal kam und den Spektakel hörte, machte er ein ganz böses Gesicht«, erinnerte sich ein Arbeiter. Oetker ließ die Maschine wieder abbauen und durch ein ruhigeres Modell ersetzen. Wie man der Staubplage Herr werden konnte, wusste er allerdings nicht.
    Der Unternehmer achtete darauf, dass alle Arbeitsplätze gut beleuchtet waren. Wenn er sah, dass ein Mitarbeiter im Kontor nicht |66| gerade saß, ermahnte er ihn. Er bemühte sich auch, in den Büroräumen eine freundliche Atmosphäre zu schaffen. Nachdem er für sich selbst einen Gutshof in der Senne gekauft hatte, ließ er von dort regelmäßig Schnittblumen in den Betrieb bringen. Auch Obst aus eigenem Anbau ließ Oetker unter seinen Angestellten und Arbeitern verteilen.
    Junge Arbeiterinnen, die sich im Betrieb bereits bewährt hatten, kamen in den Genuss einer Ausbildung im Kochen und Backen. Dem Unternehmer lag daran, die Frauen auf die Ehe vorzubereiten. Dazu ließ er im Betrieb eine Lehrküche einrichten. Besonderen Wert legte er darauf, dass die jungen Frauen in der Säuglingspflege ausgebildet wurden. Er engagierte eigens Hebammen, die in die Fabrik kamen und dort Kurse abhielten.
    Den Fabrikanten drängte es regelrecht, als eine Art von Volkspädagoge zu wirken. Er gab Schriften über »Das Ei« und »Die Milch« heraus, in denen er Belehrungen über deren Nährwert geschickt mit Werbung für seine eigenen Produkte verband. Er veröffentlichte aber auch Abhandlungen über Hygiene, die unter Titeln erschienen wie »Sauberkeit und Ordnung im Haushalt« und »Allerlei von der Reinlichkeit«. Neben der Werbung wollte er, wie er sagte, auch solche Tatsachen bekannt machen, »welche der Allgemeinheit von Nutzen sind«.
    Weil er wusste, dass Kuchen und Pudding wenig zu einer ausgewogenen Ernährung beitrugen, brachte er eine 47 Seiten starke »Anleitung zum Gemüseanbau« heraus. Oetker ließ sogar von Fachleuten Merkblätter zusammenstellen, wie Typhus, Diphtherie und Tuberkulose bekämpft werden konnten. Dabei arbeitete er mit dem Kaiserlichen Gesundheitsamt zusammen. Über seine Beweggründe sagte er: »Ich habe gefunden, dass in vielen Menschen eine Sehnsucht nach Belehrung herrscht; diesem Wunsche bin ich nachgekommen und habe mancherlei Ratschläge gesammelt, gedruckt und in Merkbüchlein versandt.«
    Wenn er mit seiner Frau auf Reisen ging, suchte Oetker nicht Erholung, sondern vor allem Bildung. Er besichtigte die Ausgrabungen in Pompeji, und im Nationalmuseum in Neapel interessierte er sich besonders |67| für die altertümlichen Küchengeräte, die die Archäologen gefunden hatten. Dabei stieß der Backpulverfabrikant auf kleine Kupferpfannen in Muschelform. Als er bald darauf wieder in seinem Kontor in Bielefeld saß und an einem Text über den Aufbau seines Unternehmens schrieb, schob er ein Kapitel über die Entstehungsgeschichte der Kuchenform ein. Erst hätten die Menschen in Muscheln gebacken, dann in Muschelformen aus Kupfer: »So verdanken wir den alten Römern die Form für den in unserem modernen Leben und an unseren Festtagen so beliebten Topfkuchen.«
    Kaum etwas fesselte August Oetker derart wie die Werbung. Schon als Apotheker war ihm bewusst geworden, dass zum Markterfolg seiner »Spezialitäten« die Kommunikation unverzichtbar war. »Wie kann die Welt wissen, dass du etwas Gutes hast, wenn du es ihr nicht anzeigst?« Seinen Mitarbeitern erklärte er am Beispiel des Gesangs der Nachtigall, dass die Werbung auch in der Natur allgegenwärtig sei. So, wie die leuchtenden Farben der Blumen den Zweck hätten, Insekten anzulocken, so wolle er mit bunten Plakaten und Werbeschildern die Kundinnen zum Kauf seiner Erzeugnisse animieren.
    Dabei überprüfte der Unternehmer auch persönlich, ob die Werbemittel von den Einzelhändlern auch wirkungsvoll eingesetzt wurden. Jedes Jahr im Frühling reiste der Fabrikant zum Urlaub in den Süden. Unterwegs kontrollierte

Weitere Kostenlose Bücher