Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands
er, ob die von ihm in Auftrag gegebenen gelbblauen Metallschilder mit der Aufschrift »Dr. Oetkers Backin« gut sichtbar an den Fassaden der Geschäftshäuser angebracht worden waren. Als er erfuhr, dass manche Händler seine Plakate dazu gebrauchten, um auf die Rückseite eigene Werbebotschaften (»Frische Salzheringe«) zu schreiben, gab er umgehend Anweisung, künftig beide Seiten zu bedrucken.
Bei einer seiner Reisen stieß er auf ein neuartiges Konkurrenzprodukt aus England und war empört, dass ihn sein eigener Vertreter nicht über diesen Vorstoß der Wettbewerber informiert hatte. In seinem Rundbrief an die Reisenden schrieb er verärgert: »In einer großen Stadt, in der Hauptstraße, im feinsten Laden, lagen große, schön aussehende Bücher der ›Royal Baking Powder Company‹ und der Vertreter |68| hatte das nicht gesehen, nicht gekauft und nicht in die Fabrik gesandt. Wer so etwas nicht sieht, der passt vielleicht zum Kuponabschneiden, aber nicht zum Vertreter eines vorwärts strebenden Geschäfts.«
In den ersten Jahren hatte sich August Oetker noch allein um die Werbung gekümmert. Doch 1908 richtete er in seinem Unternehmen eine Werbeabteilung ein und stellte als deren Leiter einen Mann namens Ladewig ein. Der sorgte dafür, dass Oetkers Produkte systematisch in der Presse des Kaiserreichs beworben wurden. Jede Zeitung in einem Ort mit mehr als 3000 Einwohnern wurde bei den Annoncen bedacht. In illustrierten Blättern wie
Die Gartenlaube
,
Die Woche
und
Daheim
buchte Ladewig meist halbe Seiten. Die Werbetexte ließ sich Oetker aber stets vorlegen und nicht selten feilte er selbst so lange daran herum, bis sie seinen Anspruch nach »Klarheit, Kürze und Eindringlichkeit« erfüllten.
Noch wichtiger für den Absatz waren aber die Rezeptsammlungen, die Oetker in einer Millionenauflage unter das Volk brachte. Sie wurden von den Leserinnen aufgehoben und lenkten bei jedem Gebrauch erneut die Aufmerksamkeit auf Dr. Oetkers Produkte. Anfangs waren es nur Broschüren, doch dann ließ August Oetker eine Hauswirtschaftslehrerin namens Henneking ein ganzes Kochbuch verfassen. Der Band war ein gewaltiger Erfolg und erreichte in kürzester Zeit eine Millionenauflage. Der Plan des rastlosen Oetker, das Buch an den Schulen des Reiches einzuführen, scheiterte an den Direktoren. Nach einem Bericht des Werbeleiters mochten sie kein Schulbuch haben, »das offensichtlich Reklamezwecken diene«.
»Jedes Hilfsmittel wird angewandt, um meinen Artikeln den Absatz zu verschaffen, den sie wegen ihrer Güte verdienen«, schrieb August Oetker selbstbewusst. Als um 1910 in Deutschland die ersten Kinos öffneten, erkannte Oetker als einer der ersten Unternehmer die neuen Werbemöglichkeiten. Er ließ den Filmpionier Julius Pinschewer für sein Backpulver den ersten deutschen Werbetrickfilm produzieren. Im Zeitraffer war zu sehen, wie ein Napfkuchen aufging.
August Oetker widerstand der Versuchung, unter dem einmal eingeführten |69| Markennamen weitere Artikel zu produzieren. Schon um die Jahrhundertwende war ihm vorgeschlagen worden, er könnte doch auch Nudeln und Suppen produzieren, so bekannt, wie sein Name bereits sei. Damals hatte er geantwortet, er wolle sich ganz auf das Backpulver konzentrieren, getreu seinem Motto: »Eins! Aber das bis auf die Knochen.«
In seinem Betrieb legte Oetker auf Sauberkeit und Ordnung den größten Wert, bei Verstößen wurde er cholerisch. Eine Mitarbeiterin erinnerte sich später an einen seiner Ausbrüche: »Eines Tages hatte sich in einem Raum eine Matte verschoben, und man konnte sehen, dass es nicht ganz sauber darunter war. Das entdeckte auch der Doktor, und schon brach ein fürchterliches Donnerwetter los, wobei er die stärksten Ausdrücke gebrauchte.« Einen Handwerker, der sich mit Schuhen auf eine Marmorfensterbank gestellt hatte, warf der Unternehmer eigenhändig hinaus.
Über wenige Dinge regte sich der Fabrikant so auf wie über verschüttete Ware. Abfüllerinnen, die ihre Gefäße zu voll gemacht hatten, und Pulver beim Tragen verloren, hörten von ihm immer wieder den vorwurfsvollen Hinweis: »Da liegt Gold!« Andererseits war August Oetker kein geiziger Mann und unterstützte eine Reihe gemeinnütziger Vorhaben in der Stadt. Er stiftete schon früh ein Wetterhäuschen, wo sich Bielefelder Bürger über Temperatur und Luftdruck informieren konnten, und gab dem Museum einen Zuschuss. Wenn er allerdings von Privatleuten um Hilfe angegangen wurde, reagierte der Fabrikant
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