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Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands

Titel: Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruediger Jungbluth
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Apotheke riefen Konkurrenten auf den Plan. Dem Verfasser einer Jahrzehnte später erschienenen Firmenchronik schilderte ein alter Mitarbeiter, wie Unbekannte in der Mittagszeit darauf gewartet hatten, dass der Inhaber sein Geschäft verließ. Dann hätten die Herren den Mischraum der Apotheke betreten und dem Mitarbeiter Geld dafür geboten, dass er ihnen das Rezept des Backpulvers verriet. Doch sie hatten keinen Erfolg.
    Für seine Beutelchen veranstaltete August Oetker einen regelrechten Werbefeldzug. Sämtliche Erlöse aus dem Verkauf des Backpulvers seien gleich wieder in Zeitungsanzeigen geflossen, erinnerte sich seine Frau Jahre später. Schon als Apotheker hatte er kräftig die Werbetrommeln |59| für sich gerührt. Dazu hatte er beispielsweise einen »Almanach für Kranke« mit allerlei Ratschlägen zusammengestellt, den er anschließend in zahlreichen Annoncen in den lokalen Blättern bewarb. Dabei kombinierte er den Hinweis auf das Buch stets mit der Werbung für andere Produkte, die er in seiner Apotheke verkaufte, wie etwa Mineralwasser.
    Der Apotheker und angehende Fabrikant Dr. August Oetker mit seiner
Gemahlin Caroline und ihrem Sohn Rudolf.
    |59| Im Mai 1893 erschien im
Bielefelder Tageblatt
eine solche Anzeige: »Gesundheitsgebäck dargestellt mit dem Backpulver der Aschoffschen Apotheke zeichnet sich aus durch leichte Verdaulichkeit und Wohlgeschmack. Siehe Seite 120 des Almanachs für Kranke.« Einige Monate später, kurz vor Weihnachten, schaltete der Apotheker erstmalig eine Annonce, die aus einem Rezept bestand. In der Anleitung für einen Topfkuchen hieß es beiläufig: »Man streue jetzt für zehn Pfennig Backpulver aus der Aschoffschen Apotheke darüber, ziehe es leicht durch die Masse und fülle den Teig in eine mit Butter gestrichene Form.«
    Bald kam Oetker auf die Idee, ein Kochbuch unter seinem Namen herauszubringen. Es erschien 1895 unter dem Namen »Dr. A. Oetker’s Grundlehren der Kochkunst« und enthielt Rezepte und Lebensweisheiten wie diese: »Die Trunksucht mancher Männer hat häufig ihre Ursache in einem schlecht geführten Haushalt.« Der Apotheker verstand sich als Aufklärer, aber er legte es mit seinen Druckschriften auch darauf an, einmal erreichte Kundinnen an sein Unternehmen zu binden.
    Es dauerte nicht lange, bis Oetker so viel von seinem Backpulver verkaufte, dass sich die Anschaffung einer Mischmaschine lohnte. Sie fasste 50 Kilogramm Rohstoffe und wurde von Hand betrieben. Ein Arbeiter bediente das Gerät nach Anweisungen des Chefs. Mittlerweile vertrieb Oetker sein Backpulver nicht mehr ausschließlich über die eigene Apotheke, sondern auch über andere Händler in der Umgebung. 1894 belieferte er per Post Kolonialwarenhandlungen in Herford, Gütersloh, Halle in Westfalen, Detmold, Salzuflen, Lage, Lemgo, Horn, Osnabrück und Bünde. Ein Händler in Münster war der erste Kunde, der von Oetker das Backpulver kistenweise per Bahn geschickt |60| bekam. Bald war die Nachfrage auch in Oetkers Heimatstadt so groß, dass es sich lohnte, andere Bielefelder Händler mit der Ware zu beliefern.
    In der ersten Zeit halfen Oetkers Frau und sogar seine Schwiegermutter, die ebenfalls im Haus in der Niedernstraße wohnte, beim Abfüllen des Pulvers in die Papiertütchen. 1898 beschäftigte Oetker in seiner Apotheke bereits sieben Vollzeitkräfte mit dieser Arbeit. Sie schaufelten das Pulver aus einem Holzbottich in Schalen, zwischen deren Rändern eine Querstange angebracht war. Mit Löffeln holten die Mädchen das Pulver dann aus den Schalen, wobei sie die gefüllten Löffel unter der Querstange herzogen. Die gestrichen vollen Löffel fassten nun genau die richtige Menge. Dennoch mussten auf Oetkers Wunsch die Beutel noch einmal nachgewogen werden, bevor sie verschlossen werden durften. Er wollte sicherstellen, dass sie exakt 20 Gramm enthielten. Die Abfüllerinnen arbeiteten zehn Stunden am Tag, nicht selten aber auch zwölf oder 14. Jede sollte mindestens 2000 Tütchen am Tag schaffen. Die jungen Frauen verdienten etwa 50 Mark im Monat. Der Lohn reichte also gerade aus, um an jedem Arbeitstag in der Apotheke 20 Tütchen Backpulver zu kaufen.
    Auf die Verpackung seiner Erzeugnisse ließ Oetker noch in seiner Zeit als Apotheker ein einprägsames Warenzeichen drucken: einen weißen Frauenkopf auf schwarzem Grund. Ob er sich dieses Symbol selbst ausgedacht hatte, ist umstritten. Belegt ist, dass der »Helle Kopf« im Dezember 1899 als Warenzeichen auf die Aschoffsche Apotheke

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