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Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands

Titel: Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruediger Jungbluth
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Bielefeld zurückgekehrt. Im Unternehmen widmete er sich vor allem chemischen Untersuchungen und erweiterte die Palette der Erzeugnisse um Geleepulver.
    Eduard Oetker war ein Naturwissenschaftler aus Leidenschaft, ein Laborarbeiter von penibler Sorgfalt und überdies ein begabter Ingenieur. Er züchtete Schmetterlinge und grübelte permanent über technische Verbesserungen in der Fabrik. Er konstruierte eine Klebemaschine für die Backpulverbeutel und überwachte auch den Bau eines neuen Kontorhauses, das 1907 fertig gestellt wurde. In das Gebäude zogen die Buchhaltung und die Kasse ein. Dr. August Oetker erhielt dort ein |72| repräsentatives Arbeitszimmer, aus dem er nun auf seine Fabrik sehen konnte.
    Das Unternehmen wuchs und wuchs. August Oetker ließ Pferdeställe und eine Wäscherei bauen und schrieb einen Architektenwettbewerb für den Bau eines weiteren Fabrikgebäudes aus. 1912 stand auch dieses Gebäude aus roten Klinkern für die Herstellung des Backpulvers bereit. Zwei Jahre später sollte noch ein weiterer Neubau hinzukommen, in dessen Räumen das Puddingpulver gemischt und abgefüllt wurde.
    Eduard Oetker setzte im Unternehmen durch, dass Badewannen für die Arbeiter installiert wurden. Er sorgte auch dafür, dass die jungen Abfüllerinnen einen Mundschutz gegen den Staub bekamen. Soziale Belange lagen dem jüngsten der Oetker-Brüder am Herzen und er war daher besonders beliebt in der Belegschaft. Immer wieder sorgte er dafür, dass älteren Arbeiterinnen leichtere Tätigkeiten zugewiesen wurden. Dabei war der junge Laborleiter, wie nur wenige wussten, selbst ein schwer kranker Mann. Eduard Oetker konnte lange Zeit nur unter Schmerzen arbeiten. 1913 erlag er mit 38 Jahren einer heimtückischen Krankheit, bei der es sich um Krebs gehandelt haben könnte.
    Für August Oetker bedeutete der Tod des Bruders einen herben Verlust, der umso schwerer wog, als im Jahr zuvor schon Louis Oetker das Bielefelder Unternehmen verlassen hatte. Nach sechs Jahren war er aus der Stadt fortgezogen und hatte eine leitende Stellung in einer Backpulverfabrik in Hameln angetreten. Diese Firma Reese produzierte ein Konkurrenzprodukt zu Dr. Oetkers Backpulver.
    Allerdings sah es nur für die Verbraucher so aus, als handle es sich hier um einen Wettbewerber. Denn 1912 war es Oetker in zähen Verhandlungen gelungen, die Reese-Anteilseigner zum Verkauf zu bewegen. Dabei war ihm das Kunststück geglückt, die Aktionäre so gegeneinander auszuspielen, dass er das Unternehmen für ein Fünftel des Jahresumsatzes bekam. Die Marke »Reese« ließ Oetker nicht sterben, als ihm das Unternehmen gehörte. Er wusste, dass die Einzelhändler ihren Kunden gerne eine Alternative zu »Dr. Oetker« anboten – und die konnten sie nun von ihm selbst bekommen.
    |73| Schon vorher hatte August Oetker einige kleine Wettbewerber aufgekauft. Die Verhandlungen hatte er dabei stets seinem Bruder Louis überlassen. Als erste war 1910 die Bielefelder Firma Dr. Crato & Co. für 400000 Mark in Oetkers Besitz übergegangen, die sich als »erste ernst zu nehmende Konkurrenz« erwiesen hatte. Drei Jahre später hatte Oetker das Hamburger Unternehmen Hansa, Stahmer & Wilms gekauft, das ebenfalls Backpulver und Puddingpulver produzierte. Ein früherer Vertreter Oetkers hatte sich an dieser Firma beteiligt und seinem alten Arbeitgeber Konkurrenz gemacht. Das hatte der Bielefelder Fabrikant nicht hinnehmen wollen und die Hamburger Firma kurz nach der Übernahme eingehen lassen. Oetker hatte aber nicht nur andere Firmen aufgekauft, sondern früh schon auch eine Fabrik in Österreich gründen lassen.
    Trotz aller geschäftlichen Erfolge war es August Oetker in Bielefeld nicht leicht gefallen, Zutritt zu den besseren Kreisen der Stadt zu bekommen. »Oetker war ein doppelter Außenseiter: sowohl als Spross einer bescheidenen Familie von auswärts als auch als Angehöriger eines Industriezweiges, der sonst kaum in der Stadt vertreten war«, schreiben Sydney Pollard und Roland Möller in einem biografischen Aufsatz über den Unternehmer.
    Bielefeld war ursprünglich eine Leinenstadt. Schon im Mittelalter hatte man in der Gegend Flachs angebaut, und zu Beginn des 19. Jahrhunderts war das Bielefelder Leinen ein Artikel, der wegen seiner Güte sogar nach Übersee geliefert wurde. Einige Dutzend einflussreiche Kaufmannsfamilien beherrschten das Textilgeschäft, und dieses »Leinenpatriziat« gab seither in der Stadt den Ton an. Es war eine exklusive Oberschicht. Geheiratet

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