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Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands

Titel: Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruediger Jungbluth
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wurde nach dem Prinzip »Leinen zu Leinen«.
    Dem Nahrungsmittelproduzenten August Oetker war es aber immerhin gelungen, in einen exklusiven Honoratiorenverein mit dem Namen »Ressource« aufgenommen zu werden. Auch dem Kriegerverein war er gleich zu Beginn seiner Bielefelder Zeit beigetreten.
    Ihren Sohn Rudolf steckten die Oetkers an Sonn- und Feiertagen in eine Matrosenuniform. Das war damals im Kaiserreich eine weit verbreitete Kindermode, hinter der sich mehr verbarg als die Liebe zur |74| Seefahrt. Wilhelm II. war geradezu besessen davon, eine Schlachtflotte bauen zu lassen. Darin zeigte sich seine Hassliebe zu England, dem Heimatland seiner Mutter. Der Kaiser glaubte, dass Deutschland nur dann eine Weltmacht würde sein können, wenn es eine Seemacht würde. Die meisten seiner Untertanen waren von diesem Gedanken ebenso begeistert wie der Monarch.
    Auch gesetzte und abgeklärte Bürger wie August Oetker sahen den Flottenbau damals als ein großes nationales Projekt, bei dem sich deutsche Ingenieurkunst mit dem Anspruch auf Weltgeltung verband. Die Aufrüstung des Reiches zur Seemacht empfanden viele Menschen in der bürgerlichen Schicht als einen Ausgleich für ihre soziale Unterwerfung gegenüber dem Adel und seiner Kavallerie. »Im Schlachtflottenbau finden die sonst verdrängten, dem preußisch geprägten Staat in der Selbstunterwerfung geopferten Machtträume der wilhelminischen Bürgergesellschaft ihr Ventil und ihre Gestalt«, schrieb Christian Graf von Krockow Jahrzehnte später.
    Auf der Suche nach gesellschaftlichem Renommee bemühte sich August Oetker 1911 um den Titel eines Kommerzienrats. Dieser wurde im Kaiserreich an Finanzmagnaten, Großindustrielle und Handelsfürsten vergeben. Der ehrgeizige Backpulverproduzent fühlte sich diesen Kreisen zugehörig. Auch sein Onkel Albert in Krefeld war bereits geehrt worden. Die örtlichen Behörden befürworteten Oetkers Ernennung zum Kommerzienrat und der Regierungspräsident von Minden bescheinigte dem Fabrikanten, er habe sich »Verdienste um das Volkswohl durch seine Fabrikate (Backpulver) und um das Wohl der Arbeiter« erworben.
    Umso größer war die Enttäuschung, als August Oetker den Bescheid des Ministeriums für Handel und Gewerbe aus Berlin erhielt. Der Antrag war abgelehnt worden. Begründet wurde die Ablehnung damit, dass Oetkers Betrieb und sein Vermögen innerhalb der Provinz zwar stattlich, aber nicht herausragend seien. Das Ministerium hatte ermittelt, dass sich Oetker in Bielefeld eines guten Rufes erfreute, aber von allen Ehrenämtern fern hielt. Nicht einmal die Handelskammer habe ihn zu ihrem Mitglied gewählt.
    |75| Dabei hatte das Ministerium aber offensichtlich übersehen, dass Oetker immerhin vier Jahre als Stadtverordneter amtiert hatte. Vermutlich war den Berliner Beamten auch entgangen, dass August Oetker in jüngster Zeit ein großes Engagement auf anderem Gebiet zeigte. Der Fabrikant war der neu gegründeten Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften beigetreten, die helfen sollte, den deutschen Vorsprung in den Naturwissenschaften zu halten und auszubauen. Sogar in den Verwaltungsrat der Organisation, die später einmal den Namen Max Plancks bekommen sollte, hatte sich August Oetker wählen lassen.
    All das war in Berlin nicht gewürdigt worden. Aber Oetker ließ nicht locker. Es dauerte schließlich noch anderthalb Jahre, bis er den ersehnten Titel vor seinen Namen setzen durfte. Gewürdigt wurde nun, dass August Oetker seinen zahlreichen Arbeitern und Angestellten ein »wohlwollender, fürsorglicher Arbeitgeber« sei. Er erfreue sich eines hohen Ansehens in der Bielefelder Bürgerschaft und unterstütze gemeinnützige Bestrebungen auf großzügige Weise. Ausdrücklich erwähnt wurde in dem Schreiben eine Spende Oetkers für das Kaiser-Wilhelm-Institut in Höhe von 100000 Mark.
    Auch später zeigte sich der Unternehmer und promovierte Botaniker nicht kleinlich. Noch im selben Jahr erhielt das Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie weitere 100000 Mark aus Bielefeld. Und 1917 stiftete Oetker die hohe Summe von 1,5 Millionen Mark für ein biochemisches Institut. Er stellte bei dieser Gelegenheit weitere fünf Zahlungen in Höhe von 25000 Mark pro Jahr in Aussicht.
    Daneben liebte August Oetker die kleinformatigen und volkstümlichen Bilder Carl Spitzwegs und kaufte einige seiner Kommerzienratsbilder. Spitzweg war ein Apotheker gewesen wie er selbst, bevor er als Maler den Kleinbürgern und Sonderlingen des

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