Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands
Unterstützung durch Louis Oetker selbstständig gemacht haben, um ihren früheren Arbeitgeber auszubooten. Tatsächlich sollte es nur wenige Jahre dauern, bis die Chemische Fabrik Goldenberg |119| in Konkurs ging, während Budenheim zu einem festen Bestandteil des Oetker-Konzerns aufstieg.
Während die Bielefelder Nahrungsmittelfabrik ihre Unabhängigkeit behauptete, entschlossen sich die Oetkers in Krefeld, die Eigenständigkeit ihres Unternehmens Deuß & Oetker aufzugeben. Am Niederrhein hatten sich schon 1919 vier andere Familienbetriebe der Textilindustrie in einer Interessengemeinschaft gefunden, die bei Wareneinkauf und im Absatz kooperierten. Die Brüder Rudolf und Paul Oetker, die nach dem Tod ihres Vaters die Geschäfte führten, zeigten ebenfalls Interesse an einer solchen Zusammenarbeit. Gemeinsam mit den Inhabern dieser vier Firmen gründeten sie im Oktober 1920 die Vereinigte Seidenwerke Aktiengesellschaft, kurz Verseidag. Rudolf und Paul Oetker zogen in deren Vorstand ein und ihre Mutter Milly übernahm einen Sitz im Aufsichtsrat.
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9. »Ein Verdrängen Oetkers erwies sich als unmöglich«
Die Goldenen Zwanziger Jahre
A ls Richard Kaselowsky im Sommer 1919 Ida Oetker heiratete, wurde er Stiefvater ihrer beiden Kinder Ursula und Rudolf-August. Die neue Familie wuchs schnell heran. Auf den Tag genau ein Jahr nach der Heirat kam eine Tochter zur Welt. Das Mädchen wurde auf den Namen Ilse getauft. Im folgenden Jahr, 1921, gebar Ida Kaselowsky einen Sohn, der nach seinem Vater und Großvater den Namen Richard bekam. Ein drittes Kind der Kaselowskys wurde 1922 auf den Namen Theodor getauft, und 1927 sollte dann noch eine kleine Ingeborg hinzukommen.
Die beiden Familien wuchsen eng zusammen. Louis Oetker und Richard Kaselowsky ergänzten sich an der Spitze des Unternehmens gut. Der eine war eher ein Verkäufer, der andere ein Finanzmann und Organisator. Ihre Temperamente glichen sich aus. Während Kaselowsky manches Mal mit dem Kopf durch die Wand wollte, nahm der Bruder des Firmengründers die Mitarbeiter und Geschäftspartner durch seine ruhige und besonnene Art für sich ein. Ohne Zweifel war Kaselowsky der dynamischere der beiden Männer, er war jünger und ambitionierter.
Nach der Währungsreform 1923 ging es wieder aufwärts in der deutschen Wirtschaft. Die Amerikaner zeigten sich bei den Reparationen entgegenkommend und reduzierten deren Last. Noch wichtiger war, dass die USA der deutschen Wirtschaft Kapital zur Verfügung stellten, indem sie Anleihen kauften und Kredite gaben. Amerikanische Banken investierten immense Summen in den deutschen Markt, sie steckten ihr Geld in Unternehmen und liehen es Städten und Kommunen für Investitionen.
|121| Vor diesem Hintergrund entschloss sich Richard Kaselowsky 1924, ein Zweigwerk in Hamburg zu gründen. Von dort aus sollte der norddeutsche Raum mit Oetker-Produkten beliefert werden. Städte wie Königsberg, Stettin, Berlin, Dresden, Leipzig und Halle waren von Hamburg aus auf dem Wasserwege erreichbar, und so ließen sich erhebliche Frachtkosten einsparen. Der Unternehmer reiste nach Hamburg und kaufte ein Speicherhaus an der Elbe in Altona. Im April 1924 schickte er zwei seiner fähigsten Angestellten in den Norden, die dort den Betrieb nach Bielefelder Vorbild aufbauen sollten.
Kaselowsky wollte keine Zeit verlieren. Während das Gebäude am Hafen noch umgebaut wurde, produzierten die Bielefelder ihr Backpulver bereits im Hamburger Stadtteil Bahrenfeld. Dort hatte ihnen die Firma L. C. Oetker Räume zur Verfügung gestellt. An der Spitze dieses Unternehmens stand immer noch Albert Oetker, der drei Jahre jüngere Bruder des verstorbenen August. Neben Marzipan hatte er noch ein weiteres Geschäft aufgebaut und begonnen, Obst zu konservieren und Marmeladen herzustellen.
Schon bald, nachdem der Betrieb in dem Speicherhaus an der Straße zwischen Landungsbrücken und Fischmarkt begonnen hatte, beschäftigte die Firma Oetker in Hamburg 70 Menschen. Es dauerte nicht lange, bis das Zweigwerk auch in die Produktion von Backessenzen einstieg. Die geschäftstüchtige Gründerwitwe und Haupteigentümerin Caroline Oetker ließ es sich nicht nehmen, die Fabrik in der Hansestadt in Augenschein zu nehmen. Bei den Abfüllerinnen bemerkte die Frau Kommerzienrat zu ihrer Freude, »dass nicht nur die Bielefelder Mädchen die durch jahrelange Tätigkeit erworbene Fingerfertigkeit besaßen, sondern dass auch bereits in Altona die Arbeit
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