Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands
zuzulegen, kam es zum großen Familienkrach. Ida Kaselowsky war strikt gegen die Anschaffung einer weiteren Immobilie, nicht des Geldes, sondern der zusätzlichen Arbeit wegen. »Sie hatte ja immer die Last mit den Häusern, angefangen bei notwendigen Reparaturen bis hin zum Personal«, erinnerte sich ihr Sohn Rudolf-August später.
Von der Auseinandersetzung bei den Kaselowskys erfuhr auch Caroline Oetker. Die alte Dame war zu dieser Zeit immer noch eine resolute und geschäftstüchtige Frau. Ihre Ausgaben notierte sie penibel in ein Wirtschaftsbuch. Immer wieder erhielt die Frau Kommerzienrat |181| von Banken Angebote zur Anlage ihres privaten Vermögens. Ein Münchener Geldhaus hatte ihr gerade Aktien des Brenner’s in Baden-Baden offeriert. Der Besitzerfamilie, deren Name das Hotel trug, sei das Geld ausgegangen, und sie habe die Bank daher beauftragt, nach neuen Investoren zu suchen.
Caroline Oetker hatte sich für den Vorschlag ihrer Bank zunächst nicht erwärmen können, aber als sie mitbekam, dass sich ihre Schwiegertochter und deren Mann wegen eines Hauskaufs in Baden-Baden in den Haaren lagen, überlegte sie es sich anders. Ihr Enkel Rudolf-August Oetker erinnerte sich später an ein Gespräch im Hause Oetker-Kaselowsky: »Über dieser Auseinandersetzung kam meine Großmutter hinzu und sagte zu meinem Vater: Ich habe dir einen Vorschlag zu machen. Mir sind gerade die Hotel-Brenner-Aktien angeboten worden. Ich kaufe die Aktien. Du kannst dir dort eine Wohnung einrichten, und deine Frau hat keinen Ärger!«
Ähnlich wie bei der Hamburg-Süd-Beteiligung ist auch in diesem Fall der Zeitpunkt des Aktienkaufs unklar. Nach Rudolf-August Oetkers Schilderung, die er Mitte der neunziger Jahre gab, gelangten die Aktien 1938 in den Besitz der Familie. Aber es gibt auch andere Angaben. Einer Chronik des Hotels ist zu entnehmen, dass die Oetkers die Aktienmehrheit des Unternehmens erst zu einem Zeitpunkt erwarben, als in Europa bereits der Krieg in vollem Gang war.
Die Vorgeschichte ist unstrittig: Das Brenner’s Park-Hotel war durch die Weltwirtschaftskrise zu Beginn der dreißiger Jahre in die roten Zahlen geraten. Zwar waren immer noch zahlreiche wohlhabende Amerikaner nach Baden-Baden gekommen, aber Gäste aus vielen anderen Ländern waren ausgeblieben. Die Betriebskosten hatten alle Einnahmen aufgefressen, so dass die Brüder Kurt und Alfred Brenner sogar ihre Reserven hatten auflösen müssen.
Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung waren die Übernachtungszahlen ab 1936 wieder gestiegen, aber dann machte der Krieg den Brenners einen Strich durch die Rechnung. Als Hitlers Truppen am 10. Mai 1940 ihren Angriff auf Frankreich begannen, lag Baden-Baden im Aufmarsch- und Operationsgebiet. Alle Hotels mussten schließen, |182| auch das Brenner’s. Die erzwungene Betriebspause brach den Inhabern wirtschaftlich das Genick. Die Brennergeschwister berieten sich und beschlossen, Ausschau nach neuen Teilhabern zu halten. Das Ergebnis davon ist in der Chronik des Brenner’s nachzulesen: »Als die Hotels nach dem Ende des Westfeldzugs wieder eröffnet werden durften, waren die Verhandlungen mit der Familie Oetker, die dem ›Brenner’s‹ seit langem verbunden war und das Haus regelmäßig besuchte, so weit abgeschlossen, dass die Aktienmehrheit in deren Besitz übergehen konnte.« Der Kauf kann demnach frühestens im März 1941 vollzogen worden sein, denn das war der Monat, in dem das Brenner’s Park-Hotel wieder eröffnete.
Rudolf-August Oetker war zu dieser Zeit ein Mittzwanziger und hat vermutlich bei der Übernahme des Hotels persönlich nicht mitgewirkt. Möglicherweise glaubte er also tatsächlich, dass die Familie das Brenner’s Park-Hotel noch zu Friedenszeiten erwarb. Es ist aber auch denkbar, dass der Konzernerbe den Zeitpunkt des Kaufabschlusses in seinen Ausführungen ein wenig vorverlegte, weil es ihm später peinlich war, dass die Familie ein Luxushotel ausgerechnet zu einer Zeit kaufte, als sich Europa im Kriegszustand befand.
Der Kauf des Hotels bedeutete für die Familie Oetker in wirtschaftlicher Hinsicht nicht viel. Gemessen an den Umsätzen mit Nahrungsmitteln war das Hotelgeschäft von geringer Größe. Aber es gab einen anderen Aspekt, unter dem die Oetkers das Hotel sahen. Für die Stellung der Familie in der Gesellschaft markierte die Übernahme des Brenner’s eine ganz entscheidende Veränderung: Sie gab ihr schlagartig Glanz.
Das Renommee, das die Oetkers mit der Übernahme auf sich
Weitere Kostenlose Bücher