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Die Oger - [Roman]

Die Oger - [Roman]

Titel: Die Oger - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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den Ohren sickerte das grünliche Blut, das seinesgleichen durch die Adern rann. Die Augen waren weit aufgerissen und in unterschiedliche Richtungen verdreht. Er schluckte schwer.
    »Was kramst du da draußen rum, du Missgeburt?«, drang die tiefe Stimme des Meisters, der seine Anwesenheit wohl bemerkt hatte, durch die Tür.
    »Ich eile, Meister«, gab der Ork dienstbeflissen zurück. Dann öffnete er die Tür, trat ein und schloss sie wieder hinter sich.
    »Ihr habt gerufen?«, sagte der Ork mit gefasster Stimme.
    »Ihr habt gerufen, Meister!«, hallte es zurück. »Ja, das habe ich. Aber anscheinend nicht laut genug, sonst hätte es nicht so lange gedauert.«
    Der Ork stand mit gesenktem Blick in der kleinen Kammer. Kerzen erhellten den Raum. Vor ihm befand sich ein massiver, aus Wurzelholz gefertigter Schreibtisch, der mit allerlei Karten, Schreibwerkzeug und anderen Utensilien, die ihm nichts sagten, bedeckt war. Dahinter stand ein ebenso gearbeiteter Sessel mit Fellüberzug. An den Wänden waren etliche Regale aufgereiht, die mit Büchern gefüllt waren. Hinter dem Sessel stand der Meister mit dem Rücken zu ihm. Man konnte schemenhaft seine schlanke, humanoide und sieben Fuß große Gestalt erkennen. Er trug einen langen schwarzen Mantel, der bis zum Boden reichte. Die Ärmel fielen ein Stück über seine Hände und verdeckten seine Finger. Der Kragen des Mantels ragte etwa einen Fuß hoch über seinen Nacken und verbarg seinen gesamten Kopf. Von der Mitte der Wirbelsäule bis zum Hals wirkte sein Rücken eigenartig verwachsen. Durch den langen Ornat schien es fast so, als hätte der Meister einen Buckel, jedoch war seine Haltung aufrecht, wenn auch steif.
    Der Ork wagte es nicht, näher zu treten und behielt seinen Platz nahe am Ausgang. Er war der irrtümlichen Meinung, je mehr Abstand zwischen ihm und dem Meister läge, desto besser für ihn. Orks waren zwar nicht imstande zu schwitzen, obwohl sie unentwegt so rochen, doch er merkte, wie ihm die Anspannung das überflüssige Wasser seines Körpers in die Augen drückte. Eine kleine Träne löste sich von seinem Augenlid und kullerte ihm über das Gesicht.
    »Sieh zu mir her, wenn ich mit dir spreche«, dröhnte der Meister, mit einer Stimme, die klang, als würde sie in einer riesigen Grotte nachhallen. »Du befehligst ab sofort einen Trupp von dreihundert Mann. Du wirst mit deinen Leuten Richtung Westen ziehen und dich bis auf fünf Meilen der Stadt Osberg nähern. Dort wartest du auf einen anderen Meister, der dir weitere Befehle geben wird.«
    Der Ork hatte den Blick halb gehoben und stierte mit nach oben verdrehten Augen auf den Rücken des Meisters, denn dieser hatte sich ihm noch immer nicht zugewandt.
    »Wir, wir können doch nicht mit, mit äh ... dreihundert Mann die Stadt ... a ... a ... angreifen«, stammelte der Ork.
    Der Meister drehte sich ruckartig um. Er hatte eine braunschwarze Hautfarbe, die leicht glänzte, sich jedoch schlagartig veränderte, als er sich den Kerzen zuwandte. Innerhalb weniger Sekunden wies sie eine rötliche Färbung auf. Aus seinem Gesicht traten fast ein Dutzend bis zur Taille herabhängende fingerdicke Nesselstränge hervor. Seine obere Kopfhälfte war gewölbt, als ob sich das Gehirn einen Weg daraus hervorbahnen wollte. Die kreisrunden, übergroßen Augen leuchteten gräulich und standen weit auseinander. Seine spinnenartigen Hände umklammerten die Lehne des Sessels und hinterließen dabei ein schwach schabendes Geräusch. Die Gestalt sah aus wie eine Kreuzung aus Kalmar, Mensch und Albtraum. Und was am schlimmsten war: Ihre Stimme klang ärgerlich.
    »Du verfluchte Missgeburt! Erstens beginnst und endest du mit ›Meister‹ wenn du mit mir sprichst! Zweitens habe ich nicht gesagt, dass ihr die Stadt angreifen sollt. Ihr sollt vor ihren Toren bleiben und auf neue Befehle warten. Und drittens mag ich es nicht besonders, von so einem stotternden, schwachgeistigen, hässlichen, stinkenden Wurm wie dir angesprochen zu werden. Du solltest besser einfach nur meine Befehle ausführen. Und nimm lieber noch ein Dutzend Oger mit, die euch helfen die Beute zu schleppen. Ihr werdet in drei Wochen dort erwartet. Nun beeil dich und kriech aus meinen Augen.«
    »Ja, Meister. Wie Ihr wünscht, Meister. Sofort, Meister.« Der Ork machte auf der Stelle kehrt und eilte hinaus. Durch die Tür hörte er noch den gebrüllten Befehl: »Und besorg mir eine neue Wache für die Tür, die alte ist nicht mehr zu

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