Die Oger - [Roman]
Überblick. Die achtzig Orks und zwei Dutzend Oger waren nicht gerade die Elitekrieger, die er gern befehligt hätte, aber laut seinem Meister konnte er froh sein, überhaupt noch ein Kommando zu haben. Mit dem zusammengewürfelten Haufen Orks aus verschiedenen Rotten konnte er leben, aber die Fleischberge, die sich selbst Oger nannten, waren wirklich das Allerletzte. Sie kamen aus den verschiedensten Randgebieten von Nelbor. Die einzigen Waffen, mit denen sie umgehen konnten, waren primitive Keulen, die sie für gewöhnlich dazu einsetzten, verängstigte Bauern des Hüttenvolkes zu vertreiben. Bei einer richtigen Schlacht würden die Oger in der ersten Angriffswelle sterben.
Gemeinsam waren Orks und Oger abgestellt worden, um Bäume für Belagerungsmaschinen und andere Kriegsgeräte zu fällen. Aber in Wirklichkeit hatte der Meister sie hierher geschickt, um sie zu demütigen. Fast jeder in seinem Kommando, einschließlich ihm, hatte sich etwas zuschulden kommen lassen. Und die, die nichts auf dem Kerbholz hatten, teilten ihr Schicksal mit ihnen, weil sie zu dämlich waren, um etwas anderes zu tun.
Das Fällen der Bäume war nicht das eigentliche Problem. Die Kraft der Oger machte es möglich, selbst mit stumpfen Werkzeugen einen Baum in wenigen Augenblicken zu Fall zu bringen. Die Schwierigkeiten begannen erst danach. Die Bäume stürzten unkontrolliert in alle Richtungen. Entweder sie krachten in die Kronen von anderen und verkeilten sich, fielen über große Felsbrocken und brachen mitten entzwei, was sie unbrauchbar machte, oder sie begruben Orks und Oger unter sich, die nicht rechtzeitig flüchten konnten. Zwischen dem ganzen Abschaum, den Ursadan dort unten beobachten konnte, gab es keinerlei Zusammenarbeit und nicht das geringste bisschen Sachverstand für das, was sie taten.
Er hatte inzwischen sechs seiner Krieger abgestellt, um die nähere Umgebung zu erkunden. Hier an der Grenze zu Nelbor, inmitten des Bergwalls, konnte man immer wieder auf vereinzelte Hüttenbauer stoßen. Sie waren darauf angewiesen, ihren Lebensunterhalt den Bergen abzuringen. Von Holzfällern über Edelsteinsammler bis hin zu Goldschürfern war hier alles vertreten. Wer sein Glück nicht im Land fand, versuchte es eben an dessen Grenzen. Ursadan hatte zwar keine Angst vor ihnen, befürchtete aber, dass ein guter Beobachter erkennen würde, was sie hier machten. Schließlich sollte man in einem Krieg so wenig Informationen wie möglich in die Hände des Feindes fallen lassen.
Was für ein Unsinn! Jeder wusste, dass die andere Seite über Katapulte, Ballisten und Rammen verfügte. Die einzige Überraschung, mit der sie den Feind verblüffen konnten, war, dass sie so gut wie keine Munition für derlei Konstruktionen hatten. Aus diesem Grund empfand Ursadan den ganzen Auftrag auch als nutzlos und verschwendete Zeit.
Die Zeit war es auch, die ihm am meisten Sorgen bereitete. Die Meister schienen keinerlei Vorbereitungen zu treffen oder sich um die Ausbildung der Neuankömmlinge zu kümmern. Sie planten einen der größten Kriege, den die Welt je gesehen hatte und ließen doch einfach alles schleifen. Sie kümmerten sich nur um ihre eigenen Belange und erteilten Aufträge, die jedem anderen sinnlos erschienen. Wenn er das Sagen hätte, würde hier einiges anders laufen. Zum Beispiel würde er diesen fetten Ogern erst einmal das Kämpfen beibringen.
Ursadan beobachtete Oglar. Oglar war das typische Beispiel für eine Kreatur Tabals, die nicht einmal genau wusste, wer Tabal war, und was er wollte. Seine Fettwülste um Bauch, Beine und Arme schlackerten bei jeder Bewegung, die er machte. Er kam aus einem Gebiet Nelbors, in dem niemand ein Schaf auf der Weide vermisste, und wenn doch, niemand verrückt genug war, dafür einen Oger zu verfolgen. Bislang hatte er die vergeudete Zeit seines Lebens offenbar mit Essen totgeschlagen. Eigentlich müsste er sich freuen, aus seinem armseligen Dasein befreit worden zu sein. Aber anstatt ein bisschen Dankbarkeit zu zeigen oder wenigstens Ehrfurcht vor denen, die ihm um einiges voraus waren, schrie er ständig ...
»Oglar Pause. Trinken, haben viel Durst.«
Dieser arbeitsscheue Fleischkloß, dachte Ursadan angewidert und überlegte, wie er etwas daran ändern konnte. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Dann griff er nach seinem Wasserschlauch und band ihn von seinem Gürtel los. Er rief nach einem Ork, der vor ihm in den Felsen kauerte und Wache hielt.
»Ja, Hauptmann Ursadan«, meldete sich
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