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Die Oger - [Roman]

Die Oger - [Roman]

Titel: Die Oger - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Ruder herum. »Wir machen es so wie besprochen. Wenn ihr an Land geht, gibt es ein Gemetzel. Die Bürger würden die Stadtwachen rufen, und viele Unschuldige müssten sterben. Vielleicht sogar Angehörige von den Leuten an Bord. Fangt jetzt nicht an, alles noch mal durchzukauen. Kümmer dich lieber darum, dass dein Freund seine Sache so gut macht, wie er sagt.«
    Schweigend ging Kruzmak zu Brakbar, der auf dem Mitteldeck stand und auf ihn wartete.
    »Was hat gesagt?«, brummte Brakbar.
    »Machen so, wie besprochen, aber ... aber sollen nicht essen dabei? Nicht verstanden, was will. Du glauben, du schaffen?«
    Brakbar nickte. »Auch ohne Essen. Meister schon tot, weiß nur noch nicht.«
    Londor umschiffte die Spitze des Hafenbeckens in einer engen Kurve. Die nicht seetauglichen Oger hatten Schwierigkeiten, sich auf den Beinen zu halten und umklammerten in ihrer Hilflosigkeit Taue, Belegnägel oder die Masten. Einen Moment später richtete sich die Seestern wieder auf. Brakbar hing ungalant an einer der Ballisten und hatte Mühe, sich wieder zu erheben.
    »Soll lieber üben fahren, nicht geben Ratschläge für Kampf«, brummte er abermals.
    Noch einmal legte sich das Schiff hart in den Wind, doch diesmal waren Passagiere und Mannschaft besser darauf vorbereitet. Die Seestern segelte jetzt parallel zur Stadt, direkt auf die vorgelagerte Mole zu, an deren Ende das Häuschen des Hafenmeisters stand. Unter vollen Segeln hielt Kapitän Londor auf den Steg zu.
    Brakbar postierte sich hinter der Balliste und spannte die grobe Mechanik mit bloßer Hand, so wie ein Mensch einen Kurzbogen gespannt hätte. Dann legte er einen Ankerbolzen auf und richtete die Schleppleine zu seinen Füßen.
    »Käpt'n, das schaffen wir nicht. Ihr könnt im Hafenbecken nicht halsen«, gab Mordigwel aufgeregt zu bedenken und krallte sich an einer Ruderpinne fest.
    »Ich will auch nicht halsen. Wir brechen durch den Hafensteg«, erwiderte Londor angespannt. »Einundzwanzig Fuß von Bordwand zu Bordwand«, sagte er, »und sieben Schritt Platz zwischen den Stützpollern. Da passt an jeder Seite noch ein Hering durch. Das reicht.«
    Londor fixierte das Licht am Hafenhäuschen und korrigierte die Ruderstellung leicht. Nur noch hundert Schritt trennten sie vom Steg.
    »Hoffentlich hat Lagorit, die Ratte, noch genügend Zeit, um unser Einlaufen zu notieren, zum Kassieren wird es wohl nicht mehr reichen«, meinte er hämisch.
    Totenstille legte sich über das Schiff. Nur der Klang der Tempelglocken und das Bellen eines Hundes drangen schwach zu ihnen herüber. Unter vollen Segeln und mit fünf Knoten brach das Schiff in den Hafensteg. Die Stegplanken barsten unter ohrenbetäubendem Lärm und wurden etliche Schritte weit ins Hafengebiet geschleudert. Überall flogen Trümmer umher. Die Seestern bebte, als sie mit einem Poller seitlich kollidierte und unter grauenvollem Quietschen daran entlangschabte. Das massige Gewicht des Schiffes setzte seinen Weg aber ungehindert fort.
    Brakbar stand mit den Füßen gegen die Bordinnenwand gestützt und hielt die Balliste fest im Griff, als die Seestern das kleine Fenster des Hafenmeisters passierte. Nur ein einziger Augenblick blieb ihm, den tödlichen Schuss abzugeben. Das Fenster maß kaum mehr als zwei mal zwei Fuß und war von einer Kreuzsprosse durchbrochen. Nur das Licht im Inneren des Raumes ließ es als lohnendes Ziel erkennen. Alles, was Brakbar ausmachen konnte, war eine Gestalt, die vom Lärm hochgeschreckt war und mit offen stehendem Mund ins Dunkel hinausstarrte. Der Bolzen löste sich krachend vom Schaft der Waffe und durchschlug das Fenster zielgenau. Das splitternde Geräusch des Glases ging im Lärm des zerberstenden Steges unter. Schon zog das Heck der Seestern am Haus des Hafenmeisters vorbei und löste sich vollends aus den Trümmern der Hafenanlage. Unbeeindruckt setzte das Schiff seinen Kurs fort und steuerte wieder aufs offene Meer hinaus. Nur das sich schnell abwickelnde Seil des Bolzens und dessen Verlauf durch das geborstene Fenster deuteten noch auf die Bluttat hin.
    Kruzmak tauchte neben Brakbar aus der Dunkelheit auf.
    »Und?«, fragte er.
    Brakbar zeigte wortlos auf die letzten Schlaufen des Seils, das sich ruckartig anspannte und über die Reling schabte, bis es am Übergang zum Achterdeck hängen blieb. Die Seestern zog ihr Opfer mit sich aufs Meer hinaus. Aus dem kleinen Haus am Hafen wurde ein komplettes Holzelement mit anliegendem Fenster herausgerissen und versank in den Fluten. Der

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