Die Oger - [Roman]
schleifen auf Boden.« Er deutete auf einige Kratzspuren an der Wand und auf dem Fußboden, die von einem großen, stumpfen Gegenstand herzurühren schienen, einer Keule zum Beispiel.
Nach etlichen hundert Schritt machte Rator Halt. Er schaute sich um, sah zur Decke, die im Dunkeln lag, und suchte stampfend den Boden ab. Er schaute Mogda an, zog eine Augenbraue hoch und schlug mit der Faust gegen die Steinwand. Ein wenig Putz rieselte aus den Fugen. Rator betrachtete mit schmerzverzerrtem Gesicht seine blutigen Fingerknöchel.
»Das wäre auch zu einfach gewesen«, meinte Mogda sanft.
Nach einiger Zeit, allerlei unnützen Versuchen und einem zufälligen, glücklichen Handgriff fanden sie den Öffnungsmechanismus an der Fackel und öffneten die Geheimtür.
Vorsichtig schlichen sie in den dahinter liegenden Saal. Mogda gab Cindiel zu verstehen, sie solle an der Geheimtür auf sie warten, bis sie den Raum durchsucht hatten. Widerwillig hockte sie sich an die Wand.
Rator und Mogda teilten sich auf und gingen parallel zueinander durch zwei von Säulen flankierte Abschnitte. Der Raum glich eher einer Lagerhalle für kunstvolles Mobiliar. Nichts deutete darauf hin, dass die Einrichtung zur Bequemlichkeit der Bewohner arrangiert worden wäre. Was aber noch weit mehr auffiel, war die Tatsache, dass alle Möbel bis auf einige zufällig abgestellte Kleinigkeiten ausgeräumt waren.
Kurz bevor die Oger das Ende der Halle erreichten, stieß Rator einen Brummlaut aus, an dem Mogda zweierlei erkannte: Zum einen hatte sein Freund etwas gefunden, und zum anderen war er sich offenbar sicher, dass außer ihnen niemand zugegen war. Mogda eilte zu ihm. Vor Rators Füßen lag die halb verkohlte Leiche eines Ogers.
»Matscha«, sagte er und deutete auf den verkrüppelten Fuß der Leiche. »Meister hat gemerkt Falle.«
»Sieht so aus«, stimmte Mogda bedrückt zu. »Vielleicht wollte Matscha uns nicht verraten. Es könnte sein, dass der Meister ihn dazu zwingen wollte.«
Egal, wie es aussah, er konnte einfach nicht glauben, dass Matscha sie freiwillig den Nesselschrecken ausgeliefert hätte. Er kannte die Macht der Meister und wusste, wozu sie imstande waren. Ein Oger verrät niemals einen anderen Oger, das war ihm schon in seiner frühen Jugend eingebläut worden, und daran glaubte er noch immer.
»Was ist das?«, fragte er, während er an Rator vorbeiblickte.
Von der Decke hing ein eiserner Käfig, auf dessen Boden ein zusammengekrümmter, rußgeschwärzter Körper lag. Die Gestalt war vollkommen entblößt.
»Hüttenbauer«, sagte Rator, ohne auch nur einen Blick auf die verschmorten Überreste zu verschwenden.
Cindiel drängte sich plötzlich zwischen den beiden Ogern hindurch. Verängstigt starrte sie auf Matschas Leiche. Das Mädchen wandte sich ab und sah sich weiter um. Sie ging auf eine große ovale Tafel zu und nahm das weiße Laken ab, das als Tischdecke diente. Dann kam sie zurück, beugte sich über Matschas Leichnam und deckte ihn mit dem Tuch ab.
»Wofür das gut?«, wunderte sich Rator.
Cindiel antwortete nicht, sondern hob den Arm und zeigte zu einer Kommode, die ihr direkt gegenüberstand. Mogda ging darauf zu und öffnete die Türen.
»Nicht da, unter der Kommode«, wies sie ihn an.
Mogda tastete den Boden darunter ab. Mit angewidertem Gesicht zog er einen Fuß samt Unterschenkel hervor.
»So, wie es aussieht, war Matscha doch nicht ganz so hilflos. Er hat dem Meister ordentlich zugesetzt. Wahrscheinlich ist dieser Mistkerl geflohen, um in Ruhe seine Wunden zu lecken.«
Achtlos ließ er die abgetrennte Gliedmaße fallen und stieß sie mit dem Fuß zurück unter die Kommode.
»Wie sollen wir jetzt beweisen, dass die Meister einen Hinterhalt planen?«, fragte Cindiel bestürzt. »Unsere Truppen werden ahnungslos in die Falle laufen, genauso wie euer Volk. Dann haben die Meister alles erreicht, was sie wollten. Ohne einen von ihnen überführt zu haben, können wir den König und seine Generäle nicht warnen. Auf mich würden sie niemals hören. Ich bin nur ein kleines Mädchen aus Osberg, und ihr würdet wahrscheinlich sofort hingerichtet werden, ohne dass man euch anhört.«
Mogda wusste, dass sie Recht hatte, aber es gab noch mehr zu tun als nur die eine Seite zu warnen. Er sollte die andere aufhalten. »Ich muss herausfinden, wohin der Meister gegangen ist. Und ihr könnt mich dabei nicht weiter begleiten. Ihr solltet trotzdem versuchen, einen Beweis zu finden. Außerdem sind Kruzmak und die anderen
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