Die Oger - [Roman]
wichtiger ist es im Moment, dass wir auf Matschas Fährte bleiben, und so, wie es aussieht, ist er geradewegs nach Lorast hineinspaziert.«
Mit der flachen Hand deutete er über das weite Feld, an dessen Ende die Stadtmauer der Hauptstadt zu sehen war.
Die Sonne sandte ihre letzten Strahlen über das Land und tauchte die hohen Dächer von Lorast in eine blutrote Farbe. Bis hierhin hatte der lichte Laubwald ihnen genügend Deckung geben können, aber jetzt lag über eine Meile freies Feld vor ihnen.
»Wie hat Matscha das bloß geschafft?«, murmelte Cindiel.
»Indem er genau einen Tag Vorsprung hatte«, sagte Mogda. »Er hat genau wie wir die Dunkelheit genutzt, um in die Stadt zu gelangen.«
»Ja und dann? Die Tore sind verschlossen und auf den Zinnen stehen überall Wachen. Wie ist er hineingelangt?«
Ratlosigkeit machte sich breit. Wenn sie dieses Geheimnis nicht lüften konnten, endete ihre Reise hier. Ein kleines Mädchen hätte sich vielleicht an den Posten tagsüber vorbeischleichen können. Mit zwei ausgewachsenen Ogern sah das schon anders aus.
»Vielleicht hat der Meister ihm hineingeholfen?«, überlegte Cindiel.
»Dann können wir nur hoffen, dass er nicht so gemein ist und uns draußen stehen lässt«, murmelte Mogda.
Sie mussten noch einige Zeit in ihrem Versteck ausharren, damit die Dunkelheit ihnen genügend Schutz bot. Dreimal schaffte Rator es noch, sich nach hinten umzusehen, bis Mogda endlich zum Weitergehen aufrief. Der weiche Boden gestattete es ihnen, Matschas Fährte selbst im Dunkeln zu folgen, doch ihre Spuren waren für jeden anderen genauso gut sichtbar.
Unbemerkt erreichten sie die Stadtmauer und folgten den Spuren entlang in westlicher Richtung.
»Er gesucht nach etwas. Abstände von Füßen kleiner als sonst«, verkündete Rator. »Hier hat Halt gemacht«, sagte er und blieb stehen.
»Mag sein. Weiter!«, drängte Mogda im Flüsterton.
»Nicht weiter. Hier endet Spur.«
Mogda drehte den Kopf und sah Cindiel an, die wieder einmal auf seinen Schultern Platz genommen hatte.
»Du mit deinen Prophezeiungen. Nun stehen wir hier.«
Er ging in die Hocke und ließ Cindiel heruntersteigen. Sie tastete die Steinmauer ab und blickte nach oben. Achselzuckend hockte sie sich zu den beiden Ogern. Mogda kritzelte enttäuscht mit einem Stock in den Überbleibseln von Matschas Spuren. In dem feinen Sand wühlte er ein kleines Stück Fuge aus der Stadtmauer hervor. Er hob es auf und rollte es nachdenklich zwischen den Fingern hin und her. Dann legte er den Kopf weit in den Nacken und sah hoch zu den Zinnen. Frustriert warf er den kleinen Tonklumpen nach oben gegen die Wand. Nichts geschah. Der Stein machte kein Geräusch, und er kam auch nicht wieder herunter.
Erstaunt blickte Mogda nach oben und versuchte des Rätsels Lösung zu ergründen. Er konnte keine Absonderlichkeiten entdecken und begann die Steine abzutasten. Er rüttelte und klopfte an jedem einzelnen von ihnen. Etwas oberhalb seines Kopfes tauchte seine Hand plötzlich in den Stein ein und verschwand. Mogda griff einfach durch den massiven Fels hindurch. Er ertastete eine runde Öffnung von drei Fuß Durchmesser. Dahinter war ein Hohlraum. Cindiel und Rator sahen ihn verblüfft an.
»Eine Art Zauber«, kommentierte er. »Vielleicht sind ihnen hier die Steine ausgegangen.«
»Das ist eine dauerhafte Illusion, so etwas beherrschen nur große Magier. Der Meister hat für Matscha extra diesen Durchgang geschaffen«, sagte Cindiel.
Mogda verschränkte die Hände, damit Rator sie als Trittleiter nutzen und durch die Öffnung klettern konnte. »Und jetzt ist es unser Durchgang«, erklärte Mogda zufrieden grinsend.
Der schmale Durchgang innerhalb der Stadtmauer war unbeleuchtet und roch nach kaltem Qualm. Unaufgefordert sprach Cindiel einen Lichtzauber auf ihre Hand und erhellte damit ihre nähere Umgebung.
»Was haben wir nur vorher ohne dich und deine Zauberei gemacht?«, fragte Mogda mit einiger Erleichterung im Blick.
»Schafe gestohlen und roh gegessen«, gab Cindiel ungerührt zurück.
Rator untersuchte unterdessen den Tunnel nach Spuren. Die Fackeln waren schon seit Stunden heruntergebrannt und nicht erneuert worden. Der Gang wirkte, als ob er nur selten genutzt wurde.
»Dort«, sagte Rator und zeigte den Tunnel entlang in westlicher Richtung.
»Woher willst du das wissen? Sag nicht, du kannst auch auf Steinen Spuren lesen«, fragte Mogda verblüfft.
Rator schüttelte den Kopf. »Kämpfer schlecht, Waffen zu groß,
Weitere Kostenlose Bücher