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Die Oger - [Roman]

Die Oger - [Roman]

Titel: Die Oger - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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fehlt, hat euch euer Gott an Stärke gegeben. Ihr rottet euch mit den Orks zusammen, um das Land zu erobern und alle anderen Bewohner zu töten.
    Auf euren Kriegszügen esst ihr eure toten Feinde. Ihr seid von Natur aus böse. Man sollte euch töten, wo man euch findet. Ihr fresst sogar ... entschuldigung ... esst sogar eure eigenen Jungen. Im Krieg werdet ihr von den Heerführern der Orks in Ketten gelegt, damit ihr im Blutrausch nicht die eigenen Leute tötet. Ihr seid so hinterhältig, dass ...«
    Mogda beendete die Aufzählung mit einer abrupten Handbewegung. Sein Gegenüber hatte sich in Fahrt geredet, und er wollte nicht das gerade entstandene Vertrauen durch eine übereilte Handlung wie Kopfabreißen zerstören. Mogda musste erst einmal schlucken, um seinen aufsteigenden Zorn zu zügeln. Doch es gelang ihm relativ schnell, sich wieder zu beruhigen. Vor einigen Wochen noch hätte er dieser armseligen Gestalt einfach die Gliedmaßen ausgerissen, wie man kleine Äste von einem Stamm reißt.
    »Nun hör mal gut zu«, fuhr Mogda fort, »du wirst wohl noch einige Zeit mit mir hier verbringen. Du wirst mir einiges über dich erzählen, und ich werde dir etwas von mir erzählen. Ich hoffe, dass du dann ein anderes Bild von mir bekommst und dann ein paar Dinge richtigstellen kannst. Und außerdem«, ohne es zu wollen begann er nun doch zu schreien, »fressen wir unsere Jungen nicht, sonst gäbe es mich wohl kaum.«
    Usil zuckte ängstlich zusammen und zog den Kopf ein.
    »Eine Frage habe ich noch«, stieß er eingeschüchtert hervor. »Warum bist du so schlau?«
    Mogda stieß mit einem Finger gegen das Amulett um seinen Hals. »Ein Geschenk von Meister Trebor.«
    »Hast du in den Büchern etwas über die wahren Kräfte des Amuletts gefunden?«, fragte Usil.
    »Nein, bis jetzt nicht, ich hatte noch nicht genug Zeit, mich durch all die Bücher zu wühlen, und du warst bis jetzt nicht sonderlich gesprächig. Es wäre gut, wenn du mir helfen könntest.«
    Usil musterte seinen Gesprächspartner ebenso misstrauisch wie neugierig. Schließlich nickte er bedächtig.
 
    Die Wochen vergingen, und Mogda und Usil tauschten allerlei Wissen aus, doch das Rätsel des magischen Anhängers konnten sie nicht lösen. Die Zeit des Frühlings kam immer näher.
    Die beiden hatten sich zwar nicht gerade angefreundet, aber während des Winters hatten sie gelernt, sich gegenseitig zu akzeptieren.
    Mogda hatte in den vergangenen Wochen viel dazugelernt. Er hatte sich viel mit der Welt und ihren Bewohnern beschäftigt. Er wusste nun einiges über die Entstehung von Nelbor und dessen Geschichte.
    Mit Usil gab es zwar eine Menge Missverständnisse, bei deren Klärung es auch nicht immer leise zuging, aber es kam nie zum Äußersten, worüber Usil ausgesprochen glücklich war.
    Eines Abends stocherte der Oger nachdenklich mit einem Ast in der Glut des Feuers herum.
    »Du meinst wirklich, die Welt ist rund? Und wenn ich an einem Punkt loslaufe und immer weiter und weiter gehe, dann komme ich irgendwann an derselben Stelle wieder an? Warum fallen wir dann nicht herunter, wenn wir auf der halben Strecke sind?«
    »Weil die Götter es so wollen?«, antwortete Usil mit einer Gegenfrage.
    »Findest du, das klingt besser als ›die Welt ist eine Scheibe?‹?«
    »Besser nicht, aber richtiger«, antwortete Usil geduldig.
    »Oder kennst du jemanden, der vom Rand der Welt gefallen ist?«
    »Natürlich nicht, die sind ja alle tot.«
 
    Mogda hatte erstaunlich wenig Probleme, das Gelernte in sich aufzunehmen. Ein wenig mehr Schwierigkeiten bereitete es ihm jedoch, die Informationen zu akzeptieren. Aber am meisten machte es ihm zu schaffen, mit all seinem neuen Wissen zu leben. Er sah nun so manche Dinge aus einer ganz anderen Sicht, denn Dinge, die er zuvor einfach als gegeben angesehen hatte, musste er nun hinterfragen. Seine ganze Einstellung zum Leben hatte sich geändert. Er machte sich immer öfter darüber Sorgen, ob das neu dazugewonnene Wissen und die Veränderung seiner Verhaltensweise aus ihm ein anderes Wesen machten, oder ob er noch immer ein Oger war. Er war seit jeher ein Oger gewesen, und eigentlich wollte er es auch bleiben. Er spürte tief in sich eine Angst, die langsam aufstieg und ihm ab und zu die Luft zum Atmen nahm. Aber bis jetzt schaffte er es immer wieder, sie zu unterdrücken.
    Der Winter nahm sein Ende, und langsam schaffte es die Sonne, sich gegen die eisige Kälte zu behaupten. Die ersten feinen Triebe an den Bäumen zeigten ihr

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