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Die Oger - [Roman]

Die Oger - [Roman]

Titel: Die Oger - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Staub von der Kleidung. Cindiel ging voraus. In kurzen Abständen stieß der Ork ihr in den Rücken, um sie voranzutreiben und ihr die Richtung zu weisen. Vor allen Dingen tat er es aber, weil er es konnte. Mehrfach überlegte sich Cindiel, vielleicht einen Zauber einzusetzen, der ihn auf den Boden der Tatsachen zurückrief. Er war schließlich nur ein Ork mit wenig Verstand, der Befehle von anderen Orks ausführte. Unter allen Orks, die sie bisher gesehen hatte, gab es keinen, der nicht ziemlich minderbemittelt war. Wussten diese Kreaturen überhaupt, mit welcher Raffinesse und welchem Geschick ihre Feinde vorgehen konnten? Oder waren die Orks vielleicht gar nicht die führenden Köpfe? Cindiel fiel wieder die Gestalt ein, die sie in der Kanalisation unter Osberg gesehen hatte. Wie auch immer, sie entschloss sich, nichts zu tun, da auch ein Fausthieb von einem dummen Ork sehr wehtun konnte.
    Nach einem schier endlosen Marsch durch das Tunnellabyrinth und mehreren blauen Flecken auf ihrem Rücken gelangten sie endlich ans Ziel.
    Sie fand sich vor einem Ork wieder, der sich in einem Durchbruch zu einer großen Höhle positioniert hatte. Er stand breitbeinig da, die Arme in die Hüften gestützt, und trug ein aufgesetztes Lächeln zur Schau. Wenn es ein Lächeln war, denn die Narbe quer über seinem linken Auge machte es schwer, seinen Gesichtsausdruck zu deuten.
    »Hallo, Kleine. Ich hoffe, du erinnerst dich noch an mich? Du hast mich in Osberg schmerzlich auf meine Verletzung hingewiesen. Ich wollte mich dafür erkenntlich zeigen. Du musst ab sofort nicht mehr mit den anderen in der kalten Höhle sitzen. Du bekommst ein Einzelzimmer.«
    Cindiel erinnerte sich. Der Ork war dabei gewesen, als Hagrim angegriffen wurde. Er war der, der das Kommando hatte. Sie nannten ihn Ursadan. Anscheinend war er nicht ganz so beschränkt wie die anderen Orks. Dafür war er aber noch brutaler.
    »Buuh«, stieß er aus und sprang wie ein Frosch auf Cindiel zu.
    Er blieb kurz vor ihr mit eingeknickten Beinen stehen. Mädchen und Ork standen sich Auge in Auge gegenüber. Cindiel versuchte, möglichst keine Reaktion zu zeigen. Dennoch merkte sie, wie ihr die Tränen in die Augen schossen. Ein schwerer Schlag mit der Rechten traf sie am Kopf. Ihre Sinne schwanden, und sie sah nur noch das hämisch grinsende Gesicht von Ursadan. Diesmal grinste er zweifellos ...
 
    Als Cindiel erwachte, schmerzte ihr Kiefer grauenvoll. Ihre Arme waren schwer wie Blei. Und in ihrem linken Fußknöchel brannte ein stechender Schmerz. Sie tastete vorsichtig ihr Bein ab. Schemenhaft erkannte sie langsam ihre Umgebung. Um sie herum war es dunkel und feucht, nur wenig Sonnenlicht schien von weit oben zu ihr herunter.
    Offenbar hatte sie sich geirrt, als sie dachte, es könne nicht schlimmer werden.
    Nun erst erkannte sie das ganze Ausmaß ihrer Situation. Sie lag in einem Erdloch, und ihr Bein war an einen Felsblock gekettet. Das Loch hatte drei Schritt Durchmesser und war ungefähr fünf Schritt tief und befand sich in einer riesigen Höhle. An den Seitenwänden ragten Plateaus in die Höhle hinein, die besetzt waren mit den Lagern der Orks. Sie hockte hier genau unter den Augen ihrer Peiniger. Ihre Kehle schnürte sich zu, ihr Mund wurde trocken und ihre Augen feucht.
    »Großmutter, ich weiß nicht, ob du mich hören kannst«, flüsterte sie. »Sooft ich konnte, habe ich Zeichen gesetzt. Ich hoffe, du hast sie erhalten. Sie müssen kommen und uns retten. Großmutter, sag ihnen, sie müssen zum Drachenberg. Hast du verstanden, zum Drachenberg! Beeilt euch, ich habe Hunger und Durst. Und ich habe Angst.«
    Cindiel wusste, dass ihre telepathischen Kräfte nicht ausreichten, um richtige Botschaften zu senden, aber ihre Großmutter konnte hoffentlich ihren Gemütszustand daraus deuten und die Richtung, aus der die Nachricht kam. Vielleicht erreichten sie wenigstens Bruchstücke.
    Ein Brocken Fleisch, so groß wie eine Katze, klatschte an die Felswand des Loches, blieb einen Augenblick hängen und fiel dann mit einem schmatzenden Geräusch zu Boden.
    »Wenn du trinken willst, scharr eine Mulde aus. Sie läuft in etwa einer Stunde voll.«
    »Das Fleisch ist roh und das Wasser ganz schmutzig«, antwortete Cindiel der Stimme, die aus einem anderen Loch zu kommen schien.
    »Oh, Verzeihung, Prinzessin. Ich habe diese Schenke erst gerade eröffnet und mir fehlen noch einige Sachen. Feuer, Becher, Teller, Essforken und Messer, lustige bunte Tücher für die Tische - ach

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