Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Oger - [Roman]

Die Oger - [Roman]

Titel: Die Oger - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
Vom Netzwerk:
Meister. Wir gehen erst in unser Versteck, dann werden uns die anderen vielleicht helfen.«
    »Wenn du Ärger machen, ich dich töten.«
    Tarbur war erleichtert zu merken, dass seine Beine ihn wieder trugen. Jetzt musste er sich nur noch ein wenig zusammenreißen, um vor seinem Gefangenen keine Schwäche zu zeigen.
    Tarbur ließ Hagrim keine Gelegenheit zur Flucht. Seine Hand war wohlüberlegt im Nacken des Menschen platziert. Er würde jede unüberlegte Bewegung als Fluchtversuch deuten und ihm das Genick brechen. Jede Richtungsänderung deutete Hagrim vorsichtig mit einem Kopfnicken nach links oder rechts an und kommentierte diese zusätzlich. Tarbur zählte währenddessen die Schritte und versuchte, sich die Richtung der Biegungen einzuprägen.
    ... achtundsiebzig, neunundsiebzig, achtzig, Drehung der Waffenhand.
    Die Bewegung tat ihm gut. Er merkte, wie das Blut wieder ungehindert durch seine Gliedmaßen floss und seinen Körper langsam aufwärmte. Anstelle eines stechenden Schmerzes fühlte er nur ein dumpfes Pochen in der Schläfe, und sein Kopf fühlte sich ganz taub an.
    Er wusste noch nicht, wie er den Meister finden sollte, geschweige denn töten, aber er wusste, dass er es versuchen würde, egal was es kostete. Sein Leben war ohnehin verwirkt. Was sollte Tabal schon mit einem Krieger, der den Feind nicht einmal sehen konnte?
    ... sechsundsiebzig, siebenundsiebzig, Drehung der Waffenhand. Noch einmal das Gleiche!
    Es musste ihm gelingen, erst einmal zu Kräften zu kommen. Er brauchte Nahrung und eine Waffe. In beiden Fällen war er auf die Hilfe dieses Hüttenbauers angewiesen. Mit etwas Glück wäre er das Bindeglied zwischen ihm und dem Meister. Hass konnte enger verbinden als Freundschaft. Es war nur schwer einzuschätzen, wie sehr die Hüttenbauer den Meister verabscheuten, denn Hagrim würde ihm sicherlich alles Mögliche versprechen, um aus seiner misslichen Lage zu kommen.
    ... neunundsiebzig, achtzig, Drehung Waffenhand.
    »Was hast du gesagt?«, fragte Hagrim verunsichert nach.
    »Nicht gesprochen mit dir. Zähle Schritte.«
    »Ich wusste gar nicht, dass ihr Oger so klug seid und so weit zählen könnt«, sagte Hagrim in schmeichelndem Tonfall.
    »Ja, können sogar rechnen. Wenn noch mal achtzig Schritt und Drehung Waffenhand, ich mache dein Leben Ende.«
    Diese Drohung, anhand einer simplen Rechnung, verstand Hagrim sofort. Anstatt abermals abzubiegen und wieder am Ausgangspunkt anzukommen, lief er verängstigt geradeaus.
    Tarbur nahm ihm den Versuch, Zeit zu schinden, nicht übel. In seiner Situation hätte er vielleicht das Gleiche versucht. Nur war er nicht an seiner Stelle, und er hatte keine Zeit. Wenn der Meister auch nur die geringste Ahnung hätte, dass er noch lebte, würde er wieder hierherkommen und sein Werk vollenden. In dem Zustand, in dem sich Tarbur gerade befand, gäbe es keinen Zweifel über den Ausgang des Kampfes.
    Obwohl Tarbur sich von Schritt zu Schritt mehr erholte und neue Kraft schöpfte, wünschte er doch, sich endlich richtig aufrichten zu können und seinen Gliedmaßen etwas Entspannung zu gönnen. Seine Gedanken kreisten immer wieder um die Frage, woher er eine brauchbare Waffe bekommen könnte. Da er noch immer die Ketten aus dem Kerker trug, stellte er sich vor, sie als Waffe oder wenigstens als Teil einer solchen einzusetzen. Er dachte an Morgensterne, Dreschflegel und Bolas, um diese Ketten einzusetzen. Was ihn an diesen Möglichkeiten störte, war der beengte Raum hier unten. Für all diese Waffen brauchte man genug Bewegungsfreiheit. Gegen einen Meister mit einer falsch gewählten Waffe blind zu kämpfen war eher Selbstmord als Rache. Er hatte nicht vor zu sterben, bevor er auf den toten Körper des Meisters gespuckt hatte.
    »Kann ich dir eine Frage stellen?«, unterbrach Hagrim seine Gedanken.
    »Ja, frag«, kam die knurrige Antwort zurück.
    »Wer garantiert mir, dass du uns nicht alle tötest, wenn ich dich in unser Versteck bringe?«
    »Das sehr dumme Tat. Tarbur nie machen.«
    »Ah«, atmete Hagrim erleichtert aus. »Und was wäre deiner Meinung nach schlau?«
    »Alle töten bis auf einen. Angst gut für Sklaven.«
    Hagrims aufkeimende Zuversicht fiel sofort in sich zusammen. Die aussichtslose Lage konnte für einen Mann wie ihn nur eines bedeuten.
    »Ich bringe dich nicht weiter. Von mir aus kannst du mich hier sofort töten, aber ich verrate meine Freunde nicht. Sieh doch zu, wie du weiterkommst.«
    Hagrim sank auf die Knie und ergab sich seinem

Weitere Kostenlose Bücher