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Die Operation

Titel: Die Operation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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angenehmer.
    Nur zögernd nahm Ashley den Blick von der wohlgeformten Frau und richtete ihn auf Dr. Daniel Lowell. Seine Augen waren heller als die seiner Begleiterin, aber sein regungsloser starrer Blick verriet denselben Grad an Respektlosigkeit wie ihrer. Ashley nahm an, dass der Doktor ziemlich groß war, auch wenn er sich lässig auf seinen Stuhl gefläzt hatte. Er war hager und hatte ein schmales, kantiges Gesicht unter grau melierten Haaren. Selbst in seiner Kleidung lag noch etwas von der Impertinenz, die in seinem Blick und seiner Haltung zum Ausdruck kam. Im Gegensatz zu dem angemessen geschäftsmäßigen Auftreten seiner Begleiterin trug er eine Tweedjacke mit Lederflicken an den Ellbogen sowie ein offenes Hemd ohne Krawatte, dazu eine Jeans und Turnschuhe.
    Ashley griff nach seinem Hammer und musste innerlich schmunzeln. Vermutlich versuchte Daniel durch sein Auftreten und seine nachlässige Kleidung zu demonstrieren, dass er sich durch die Vorladung vor einen Unterausschuss des Senats nicht einschüchtern ließ. Vielleicht dachte Daniel, Ashley, der ein baptistisches College in einer Kleinstadt besucht hatte, würde sich von seiner akademischen Laufbahn und seiner Ausbildung an diversen Eliteuniversitäten einschüchtern lassen. Aber da hatte er sich geschnitten. Ashley wusste, dass Daniel bei ihm zu Gast war, in seiner Arena, und dass er selbst Heimvorteil hatte.
    »Die Sitzung des gesundheitspolitischen Unterausschusses des Ausschusses für Gesundheit, Ausbildung, Arbeit und Renten ist hiermit eröffnet«, gab Ashley mit betontem Südstaatenakzent bekannt und bekräftigte diesen Satz mit einigen Hammerschlägen. Er wartete kurz, bis das Durcheinander sich gelegt hatte und alle Besucher auf ihren Plätzen saßen. Er hörte, wie die verschiedenen Mitarbeiter hinter ihm sich ebenfalls setzten. Er blickte zu Daniel Lowell hinunter, aber der Doktor hatte seine Haltung nicht verändert. Ashley schaute nach rechts und nach links. Die meisten Mitglieder des Unterausschusses waren nicht erschienen, nur vier waren überhaupt da, sie lasen entweder irgendwelche Memoranden oder unterhielten sich flüsternd mit ihren Assistenten. Sie waren nicht beschlussfähig, aber das spielte auch keine Rolle. Eine Abstimmung stand nicht auf der Tagesordnung und Ashley hatte nicht vor, eine zu beantragen.
    »Die folgende Anhörung beschäftigt sich mit der Vorlage S. 1103«, fuhr Ashley fort. Dabei legte er das Blatt mit seinen einleitenden Worten vor sich auf den Tisch, verschränkte die Arme und legte die Hände um die Ellbogen, um ein Zittern gar nicht erst zuzulassen. Dann neigte er den Kopf ein wenig zur Seite, um durch seine Gleitsichtbrille besser lesen zu können. »Diese Vorlage ist ein Nachtrag zu einem bereits im Parlament beschlossenen Gesetzentwurf. Darin wird das Verbot eines Klonverfahrens beantragt, des so genannten …«
    Ashley zögerte und beugte sich nach vorne. Er schaute mit zusammengekniffenen Augen auf das Blatt. »Einen Augenblick, bitte«, sagte er und wich dann offensichtlich von seinem vorbereiteten Text ab. »Dieses Verfahren ist nicht nur Furcht einflößend, sondern auch noch ein Zungenbrecher. Vielleicht kann der verehrte Herr Doktor mir ja helfen, falls ich hängen bleibe. Es heißt Homologe Transgene SegmentRekombination, abgekürzt HTSR. Donnerwetter! War das richtig, Herr Doktor?«
    Daniel setzte sich auf und beugte sich nach vorn. »Ja«, sagte er schlicht und lehnte sich wieder zurück. Auch er hatte die Arme verschränkt.
    »Warum sprecht ihr Ärzte eigentlich keine allgemein verständliche Sprache?«, fragte Ashley und blickte Daniel über den Brillenrand hinweg an.
    Ein paar Zuhörer kicherten, sehr zu Ashleys Freude. Es machte ihm großen Spaß, ein wenig mit dem Publikum zu spielen.
    Daniel beugte sich wieder vor und wollte antworten, doch Ashley hob die Hand. »Diese Frage war nicht fürs Protokoll bestimmt, deshalb brauchen Sie auch nicht darauf zu antworten.«
    Die Protokollantin machte sich an ihrer Schreibmaschine zu schaffen.
    Dann blickte Ashley nach links. »Und noch eine inoffizielle Bemerkung. Mich würde interessieren, ob der ehrwürdige Senator von Montana mit mir einer Meinung ist, dass die Ärzte mit voller Absicht ihre eigene Sprache entwickelt haben, damit wir normalen Sterblichen die Hälfte der Zeit keinen blassen Schimmer haben, worüber sie eigentlich reden.«
    Das Gelächter unter den Zuhörern wurde lauter, als der Senator von Montana von seinen Papieren aufsah und

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