Die Operation
vorzunehmen. Lou legte eine Patience. Leider war Gaetano nirgendwo zu sehen.
Entsprechend dem üblichen Ritual begrüßte Tony jeden der Zwillinge mit einem klatschenden Handschlag und setzte sich dann auf das Sofa. Er lehnte sich weder an, noch knöpfte er den Mantel auf. Er hatte nicht vor, lange zu bleiben. Er räusperte sich. Niemand hatte bisher ein Wort gesagt, und das war seltsam, zumal er eigentlich derjenige war, der vorgehabt hatte, sich verärgert zu zeigen.
»Meine Mutter hat gestern Abend mit meiner Schwester telefoniert«, begann Tony. »Und ich muss euch sagen, dass ich ein bisschen durcheinander bin.«
»Ach, tatsächlich?«, fragte Lou mit einer Spur Häme zurück. »Willkommen im Club!«
Tony blickte vom einen Zwilling zum anderen. Plötzlich war ihm klar, dass beide Castiglianos die gleiche miese Laune hatten wie er. Lou besaß sogar die Frechheit, sich sofort wieder seiner Patience zuzuwenden. Dabei knallte er jede einzelne Karte auf die Tischplatte. Tony schaute Sal an, und Sal stierte zurück. Kränklich grünes Licht fiel von unten her auf Sals hageres Gesicht und ließ ihn noch unheimlicher wirken als sonst. Er hätte genauso gut eine Leiche sein können.
»Warum erzählst du uns nicht einfach, warum du ein bisschen durcheinander bist?«, schlug Sal herablassend vor.
»Ja, genau, das würde uns nämlich echt interessieren«, fügte Lou hinzu, ohne sein Kartenspiel zu unterbrechen. »Besonders, weil du uns praktisch gezwungen hast, hundert Riesen für die Gaunereien deiner Schwester auszuspucken.«
Tony, durch diesen kühlen Empfang leicht verschreckt, lehnte sich zurück. Plötzlich war ihm warm geworden, und er machte den Mantel auf. »Ich habe niemanden gezwungen«, sagte er indigniert, aber noch während er diese Worte aussprach, stellte sich ein unangenehmes Gefühl der Verwundbarkeit ein. Zu spät stellte er sich die Frage, ob es klug gewesen war, das abgelegene Büro der Zwillinge ohne Schutz oder sonstige Absicherung aufzusuchen. Er hatte keine Waffe dabei, und das war nicht ungewöhnlich. Er trug fast nie eine, die Zwillinge wussten das. Aber natürlich verfügte er im Rahmen seiner Organisation über ein paar schlagkräftige Männer, genau wie die Castiglianos, und so jemanden hätte er mitbringen sollen.
»Du hast uns immer noch nicht erzählt, wieso du ein bisschen durcheinander bist«, sagte Sal, ohne auf Tonys Widerspruch einzugehen.
Tony räusperte sich erneut. Angesichts seines wachsenden Unbehagens hielt er es für besser, seinen Zorn zu dämpfen. »Ich bin ein bisschen durcheinander, weil ich mich frage, was Gaetano auf seinem letzten Trip nach Nassau wohl gemacht hat. Vor einer Woche hat meine Mutter mir erzählt, dass sie meine Schwester nur mit Mühe ans Telefon bekommen hat. Und als es dann so weit war, da hat sich meine Schwester merkwürdig verhalten, als ob irgendwas Schlimmes passiert sei. Sie wollte aber erst darüber sprechen, wenn sie wieder zu Hause ist, und das sei schon bald der Fall. Da habe ich natürlich gedacht, Gaetano hätte seinen Auftrag erledigt und der Professor war einmal. Tja, aber gestern Abend hat meine Mutter wieder mal bei meiner Schwester angerufen, nachdem sie zu Hause nicht aufgetaucht war, und dieses Mal war sie, wie meine Mutter sich ausgedrückt hat, ›ganz die Alte‹. Sie und der Professor seien immer noch in Nassau, aber in ein paar Tagen würden sie nach Hause kommen. Ich meine, was soll das denn heißen?«
Ein paar spannungsgeladene Minuten lang sagte niemand ein Wort. Das einzige Geräusch waren Lous Karten, die in regelmäßigen Abständen auf den Tisch knallten, und die Schreie der Möwen draußen im Sumpf.
Tony blickte sich betont auffällig im Zimmer um, das trotz der Mittagszeit weitgehend im Schatten lag. »Da wir gerade von Gaetano sprechen, wo ist er eigentlich?« Das Letzte, was Tony erleben wollte, war ein Überraschungsbesuch des Handlangers der Zwillinge.
»Das fragen wir uns auch schon die ganze Zeit«, sagte Sal.
»Was, zum Teufel, soll das denn heißen?«
»Gaetano ist noch nicht aus Nassau zurück«, sagte Sal. »Er ist desertiert. Wir haben keinen Pieps von ihm gehört, seitdem du das letzte Mal hier warst, genauso wenig wie sein Bruder und seine Schwägerin, denen er sehr nahe steht. Niemand hat auch nur einen gottverdammten Furz von ihm gehört.«
Wenn Tony vorher schon gedacht hatte, er sei durcheinander, dann war er jetzt vollkommen ratlos. Er hatte in letzter Zeit zwar manches an Gaetano
Weitere Kostenlose Bücher