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Die Operation

Titel: Die Operation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Nacht, und eine ziemlich kurze dazu, da du uns für fünf nach sieben einen Flug nach London gebucht hast. Welch unchristliche Stunde. Ach, übrigens: Wieso fliegen wir eigentlich über Paris?«
    »Wir hatten keine Wahl. British Airways bietet keine Flüge nach Turin an. Wir hätten entweder mit der Air France nach Paris oder mit der Lufthansa nach Frankfurt fliegen können. Da habe ich mich für den kürzeren Weg entschieden.«
    »Es kommt mir absolut lächerlich vor, dass es ausgerechnet nach London keinen Direktflug gibt. Turin ist immerhin eine der größten Industriestädte Italiens.«
    »Was soll ich dazu sagen?«, fragte Daniel achselzuckend. »Aber willst du jetzt nicht deine festen Schuhe und diese anderen Sachen holen, damit wir noch ein bisschen was besichtigen können?«
    »Oh, bitte, ja!«, flehte Michael stumm.
    »Ich hab’s mir anders überlegt«, sagte Stephanie, sehr zu Michaels Missfallen. »Wie wär’s, wenn wir bis zum Abendessen hier bleiben? Es ist schon nach vier und bald wird es sowieso dunkel. Du musst doch erschöpft sein, so wenig, wie du gestern Nacht geschlafen hast.«
    »Ich bin müde«, gab Daniel zu.
    »Komm, wir ziehen uns aus und legen uns ins Bett. Ich geb dir sogar eine kleine Rückenmassage, und dann werden wir ja sehen, was passiert, je nachdem, wie müde du bist. Was hältst du davon?«
    Daniel lachte. »Das ist die beste Idee, die ich in meinem ganzen Leben gehört habe. Ehrlich gesagt, ich war sowieso nicht so scharf auf die Stadtbesichtigung. Das habe ich mehr dir zuliebe mitgemacht.«
    »Nun, das ist jetzt nicht mehr notwendig, mein Lieber!«
    Erschrocken hörte Michael Kleiderrascheln, Kichern und Zärtlichkeiten. Er befürchtete, dass sie die Vorhänge zuziehen würden, aber nichts dergleichen geschah. Er hörte das Geräusch des Bettes, als zwei Menschen es sich darin gemütlich machten. Er hörte, wie Lotion aus einer Flasche gedrückt wurde und wie Fleisch über glitschiges Fleisch strich. Und Daniels zufriedenes Murmeln, je länger seine Massage andauerte.
    »Okay«, sagte Daniel schließlich. »Jetzt bist du dran.« Körper wurden verlagert und das Bett gab protestierende Laute von sich.
    Die Zeit verging schleppend. Michaels Muskeln begannen zu schmerzen, besonders in den Beinen. Aus Angst, er könnte einen Krampf bekommen, der ihn, das war klar, auf jeden Fall verraten würde, verlagerte er sein Gewicht. Dann hielt er den Atem an, für den Fall, dass seine Bewegung bemerkt worden war. Dankenswerterweise war sie das nicht, aber schon nach wenigen Minuten waren die Schmerzen wieder da. Noch schlimmer als die körperlichen Beschwerden jedoch waren die Qualen, die die Laute der Intimität zwischen einem Mann und einer Frau verursachten und die letztendlich in die rhythmischen und unverkennbaren Geräusche des Liebesaktes mündeten. Aus Michael war aufgrund der besonderen Umstände kein sehender, aber ein hörender Voyeur geworden. Und trotz seiner Versuche, im Geiste Auszüge aus seinem Brevier zu rezitieren, lockte ihn die Versuchung, seinem zölibatären Eid ein Schnippchen zu schlagen.
    Nach ein paar lustvollen Seufzern verfiel das Zimmer für etliche Minuten in Schweigen. Dann folgte Flüstern, das Michael nicht verstehen konnte, gefolgt von Gelächter und Gekicher. Endlich ging das Paar zu Michaels Erleichterung ins Badezimmer. Das konnte er am gedämpften Klang ihrer Stimmen über dem Rauschen der Dusche erkennen.
    Michael erlaubte sich, den Kopf zu drehen, die steifen Schultern zu dehnen, die Arme zu heben und sogar ein wenig auf der Stelle zu treten. Aber nach weniger als einer Minute nahm er seine steife Haltung wieder ein, weil er nicht wusste, wann einer der beiden in das Zimmer zurückkommen würde. Er musste nicht lange warten, bis er jemanden zu den Koffern gehen hörte.
    Bedauerlicherweise, zumindest aus Michaels Sicht, brauchten Stephanie und Daniel noch einmal eine Dreiviertelstunde, bis sie sich angezogen, die Mäntel übergestreift: und ihren einen verbliebenen Zimmerschlüssel gefunden hatten, um dann endlich essen zu gehen. Zunächst kam ihm die Stille ohrenbetäubend vor, während er angestrengt auf jedes noch so winzige Geräusch achtete, das möglicherweise ihre Rückkehr ankündigte, weil sie noch etwas vergessen hatten. Fünf Minuten schlichen vorüber. Schließlich legte Michael vorsichtig die Hand auf die Vorhangkante und zog ihn langsam zur Seite, sodass er immer mehr des nun im Dunklen liegenden Zimmers erkennen konnte. Das Paar hatte das

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