Die Operation
um das Blut Jesu Christi handelt.«
Father Michael Maloney konnte Stephanie D’Agostino zwar nicht sehen, aber er war so dicht in ihrer Nähe, dass er sie atmen hören konnte. Er hatte fürchterliche Angst, dass sein Herzschlag, der in seinen Schläfen pulsierte, ihn verraten könnte, und wenn nicht das Herz, so die Schweißtropfen, die ihm vom Gesicht rannen und auf den Boden tropften. Sie stand nur wenige Zentimeter von ihm entfernt.
Als er gehört hatte, wie der Schlüssel ins Schloss gesteckt wurde, war er in heller Verzweiflung hinter den Vorhang gestürzt. Es war ein Reflex gewesen. Im Rückblick war die Flucht hinter den Vorhang eine Peinlichkeit allerersten Ranges, als wäre er ein gewöhnlicher Dieb. Er hätte sich stellen müssen, hätte sein Schicksal akzeptieren und die volle Verantwortung für sein Handeln übernehmen müssen. Nach seiner Auffassung war Angriff die beste Verteidigung, und in dieser Situation hätte er sein Handeln rechtfertigen können, indem er sein Missfallen angesichts der wahren Identität dieser Menschen und der ungenehmigten Versuche, die sie mit dem Grabtuch offensichtlich vorhatten, zum Ausdruck gebracht hätte.
Leider war er von seiner eigenen Reaktion überrumpelt worden, sodass er, als er seine fünf Sinne wieder beisammenhatte, bereits in seinem Versteck war, und dann war es zu spät, um die Missfallens-Karte auszuspielen. Jetzt konnte er nichts weiter tun, als zu hoffen und zu beten, dass er nicht entdeckt wurde.
Nach Stephanies Aufschrei an der Tür hatte er zunächst gedacht, dass alles verloren war. Entweder hatte sie ihn gesehen oder zumindest bemerkt, dass der Vorhang sich noch bewegt hatte. Unsagbar groß war seine Erleichterung gewesen, als ihm klar geworden war, dass ihr nur das Blumengebinde aufgefallen war.
Dann hatte er erdulden müssen, wie Stephanie auf seine ungeschickte Durchsuchung ihres Koffers sowie auf die Tatsache, dass er ihren Schlüssel vom Schreibtisch genommen hatte, aufmerksam geworden war. An dieser Stelle hatte sein Puls sich wieder beschleunigt, nachdem er den ersten Schock schon überwunden hatte. Er fürchtete schon, sie würde das Zimmer durchsuchen, was zu seiner unmittelbaren Entdeckung geführt hätte. Die Peinlichkeit und die Konsequenzen eines solchen Ereignisses waren unvorstellbar entsetzlich. Was zunächst als Möglichkeit der Karrieresicherung begonnen hatte, drohte nun genau die gegenteilige Wirkung zu erzielen.
»Was wir über das Grabtuch denken, ist nicht entscheidend«, sagte Daniel. »Nur was Butler denkt, ist entscheidend.«
»Da bin ich mir nicht ganz so sicher«, erwiderte Stephanie. »Aber das können wir später noch diskutieren.«
Michael erstarrte, als Stephanie den Vorhang streifte. Gott sei Dank war er aus schwerem italienischem Brokat, sodass sie anscheinend gar nicht gespürt hatte, dass sie durch den Stoff hindurch auch Michaels Arm gestreift hatte. Der nächste Adrenalinstoß fegte durch Michaels Körper und führte zu noch mehr Schweißausbrüchen. In seinen Ohren machten die ununterbrochen auf den Boden klatschenden Schweißtropfen einen Lärm wie Kieselsteine auf einer Trommel. Nie hätte er gedacht, dass er so ausgiebig schwitzen konnte, zumal ihm gar nicht besonders warm war.
»Was soll ich mit der Probe machen?«, fragte Stephanie, während sie sich vom Vorhang entfernte.
»Gib sie mir«, war Daniel von irgendwo im Zimmer zu hören.
Michael erlaubte sich einen tiefen Atemzug und entspannte sich ein klein wenig. Er drückte sich so flach wie nur möglich gegen die Wand, um die Ausbuchtung durch seinen Körper so gering wie möglich zu halten. Dann hörte er noch ein paar Geräusche, die er nicht deuten konnte, und dazu ein Schnappen, das wie der Verschluss der Silberschachtel klang.
»Wir könnten ja in ein anderes Zimmer wechseln«, sagte Michael. »Oder sogar in ein anderes Hotel, wenn du willst.«
»Was meinst du denn?«
»Ich finde, wir sollten hier bleiben. In jedem Hotel gibt es jede Menge Schlüssel für jedes Zimmer. Wenn wir uns heute Abend schlafen legen, legen wir den Riegel vor.«
Michael hörte das Sicherheitsschloss an der Zimmertür mit einem lauten Klicken einrasten.
»Das ist anderthalb Schlösser wert«, meinte Daniel. »Was sagst du dazu? Ich will nicht, dass du irgendwie nervös bist. Es gibt gar keinen Grund dafür.«
Michael hörte, wie an der Zimmertür gerüttelt wurde.
»Ich schätze, das hält«, sagte Stephanie. »Lass uns hier bleiben. Es ist ja nur für eine
Weitere Kostenlose Bücher