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Die Opferstaette

Die Opferstaette

Titel: Die Opferstaette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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mein Vater am Strand Shakespeare zitierte. Ich weiß nicht, wie lange ich dort stand, aber es genügte, damit der Schmerz nachließ, unterstützt dadurch, dass ich den Tränen freien Lauf ließ wie von Fran empfohlen. Es würde nicht das letzte Mal sein, das wusste ich. Aber ich spürte, dass die Last, die ich trug, ein wenig leichter geworden war, und ich fühlte mich besser gerüstet für alles, was vor mir liegen mochte.

    Ich ging gerade auf die andere Straßenseite zu Kendrick und Costello, als mein Handy im BH vibrierte, in den ich es gesteckt hatte. Es war Dominic Usher vom Stadtrat in Castleboyne.
    »Hallo, Dominic.« Ich musste jetzt lächeln. Usher war ziemlich prüde, und ich stellte mir unwillkürlich seine Reaktion vor, wenn er gewusst hätte, wo ich mein Handy hervorholte.
    »Soviel ich weiß, sind Sie immer noch unterwegs, aber heute Abend findet die Stadtratssitzung statt, und ich muss wissen, wie Sie sich entschieden haben. Man bietet Ihnen den Job an und ist mit Ihren Bedingungen einverstanden. Wir engagieren Sie zunächst als Beraterin und besprechen nach der Aufbauphase dann die personelle Ausstattung des Projekts. An diesem Punkt werden Sie sich dann vielleicht offiziell für die Stelle als Kuratorin bewerben wollen, die öffentlich ausgeschrieben wird.«
    Usher war ein Bürokrat, wie er im Buche stand. Was er meinte, war: »Bringen Sie den Laden zum Laufen, dann können Sie sich um Ihren eigenen Posten bewerben.«
    Durchaus fair. So lief es eben.
    »Warten Sie einen Moment, Dominic. Ich muss aus dem Wind gehen.« Ich ging zur Rückseite des Freelanders.
    Ich wusste, dass es an Aberglauben grenzte, aber ich hatte das Gefühl, es war kein Zufall, dass Ushers Anruf zur selben Zeit kam wie die Gefühlsaufwallung wegen des Todes meines Vaters. Es war die Verbindung zwischen zwei Brennpunkten, geografisch wie emotional. Es half mir, eine Entscheidung zu treffen. Möglicherweise würde ich diese Entscheidung in den nächsten Tagen als unvernünftig einstufen, aber die Vorund Nachteile hielten sich so sehr die Waage, dass etwas Unerwartetes nötig gewesen war, um mich in die eine oder andere Richtung zu stoßen.

    »Wann sollte ich mit der Arbeit an der Sache beginnen?«
    »Wir stellen uns Mitte November vor. Es wäre nett, wenn vor Jahresende noch einige grundlegende Dinge erledigt wären. Ich rechne damit, dass wir – ich meine Sie, natürlich – sich einige Museen hier und im Ausland ansehen müssen.«
    Die Zufälle häuften sich rasant. Ich wurde am 13. November vierzig, und Peters Konferenz begann am 10. Ich könnte mühelos durchsetzen, dass ich nach Teneriffa flog, um das archäologische Museum und Thor Heyerdahls Pyramidenpark zu besuchen. Muriel Blunden wäre natürlich entsetzt – nicht weil ich mit Peter Groot auf die Insel fliegen würde, sondern weil ich immer noch das Feigenblatt anderer Gründe dafür brauchte. »Einer der Vorzüge des Alterns ist, dass man niemandem mehr Rechenschaft über sein Verhalten abgeben muss«, hatte sie einmal zu mir gesagt. Sie kannte meine Mutter noch nicht.
    »Sie können auf mich bauen, Dominic. Ich würde es gern versuchen.«

38
    A ls ich mich in den Wagen setzte und die Tür schloss, war es im Vergleich zum Tosen von Wind und Meer draußen, als würde ich eine Welt der Stille betreten.
    »Was genau ist denn nun gestern Abend passiert, Senan?«, sagte ich. Ich hatte beschlossen, bis nach dem Besuch von Spanish Point zu warten, ehe ich das Thema anschnitt.
    »Das Gleiche wollte ich Sie fragen.«
    »Meine Erinnerung setzt stellenweise aus. Vielleicht hilft es mir, die Lücken zu füllen, wenn ich Ihre Version der Dinge höre.« Ich ließ den Motor an und parkte aus.
    »Nachdem etwa fünfzehn Minuten vergangen waren, wurde ich nervös«, sagte er. »Da sah ich plötzlich ein Licht unter Wasser. Es bewegte sich vom Boot fort. Es konnte nur ein Taucher sein, und natürlich nahm ich an, dass Sie es seien. Ich verstand nicht, warum Sie nicht auftauchten, und machte mir Sorgen, Sie könnten verwirrt sein. Ich ließ den Motor aufheulen, damit Sie ihn hörten, und leuchtete mit meiner Lampe aufs Wasser. Aber Sie – oder wer immer es war, besser gesagt – schwammen einfach weiter. Ich holte das Licht ein, aber dann ging es aus. Ich drosselte den Motor und wartete, dann sah ich es wieder angehen. Es war nicht allzu weit entfernt, der Taucher bewegte sich offenbar ziemlich langsam, aber dann wurde die hereinkommende Strömung stärker. An diesem Punkt kam mir der

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