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Die Opferstaette

Die Opferstaette

Titel: Die Opferstaette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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Carmody verstaut dort zusätzliche Hummerfallen, oder? Damit er seinen Fang während der Saison steigern kann, ohne entdeckt zu werden – vor allem bei ruhigen Bedingungen. Macht zwei Ausflüge zu seinen Körben pro Tag, aber eine nachts im Schutz der Dunkelheit.«
    Mahon warf die Arme in die Höhe. »Und wer könnte es ihm verübeln? Was sind ein paar Hummer mehr hie und da, wenn kommerzielle Fischer wider besseres Wissen zu Tausenden Hummer heraufholen, die noch nicht die richtige Größe haben.«
    »Aber warum?«
    »Daran ist der Lachs schuld.«
    »Lachs? Was hat der mit Hummer zu tun?«
    »Früher gab es um diese Zeit massenhaft Hummer, weil die Fanggründe im Sommer Ruhe hatten, wenn die Boote nach Lachs fischten. Aber seit es verboten ist, mit Schleppnetzen nach Lachs zu fischen – wegen der drohenden Überfischung -, halten sich die Fischer an den Hummer. Die Folge ist, dass er immer seltener wird.«
    »Was Sie nicht davon abhält, welchen zu essen.«
    Mahon sah mich trotzig an. »Und wenn es der letzte Hummer auf Erden wäre, ich würde ihn essen, keine Frage. Da heißt es: Jeder für sich.«
    Er hörte sich an, als sei das Ende der Welt nahe.
    »Hm. Der Hummer, den Sie im Crabshell gegessen haben
…« Ich schaute in meine Notizen. »Das war ein weibliches Tier, das Eier trug, richtig?«
    »Ja. Sie kleben an der Unterseite des Körpers.«
    »Ich hörte Gus Carmody sagen, dass es nicht verboten ist, sie zu fangen.«
    »Na ja, das ist ein bisschen vertrackt. Hummerfischer werden, sagen wir, ermutigt, Eier tragende Weibchen wieder ins Meer zu entlassen, damit die Population stabil bleibt. Bevor sie es tun, wird ihnen eine V-förmige Kerbe in den Schwanz geschnitten, damit sie beim nächsten Mal, wenn sie in eine Falle geraten, als trächtige Weibchen identifiziert werden können. Es ist allerdings sehr wohl verboten, ein markiertes Weibchen zu fangen, zu verkaufen oder zu servieren, ob es trägt oder nicht.« Er machte eine wegwerfende Handbewegung. »Sie sehen, was für eine Farce das Ganze ist.«
    Ich gab ihm das Notizbuch, damit er das Schwanzstück sehen konnte, das ich mit durchsichtigem Klebeband auf eine Seite geklebt hatte. »Dann wissen Sie, was das hier ist.«
    Er hielt den Block ins Licht. »Das ist vom Schwanz eines markierten Hummers. Mutmaßlich ein brütendes Weibchen. Nicht gekocht, wie ich vielleicht anfügen darf«, sagte er mit gespielter Missbilligung und gab mir den Notizblock zurück. »Woher haben Sie das?«
    »Aus Carmodys Höhle. Es lag neben einer Kiste, in der wahrscheinlich der Hummer, der einmal daran hing, gelagert war – zusammen mit ich weiß nicht wie vielen anderen. Aber ohne die Kerbe würde es einem Fischereiinspektor, der an der Anlegestelle auftaucht, schwerfallen, den Hummer als geschütztes Weibchen zu erkennen.«
    Mahon zuckte mit den Achseln. »Ich heiße illegale Praktiken nicht gut. Aber ich glaube, Sie machen vielleicht eine größere Sache daraus als nötig.«

    »Sie ziehen geschützte Weibchen aus dem Verkehr. Was genauso kurzsichtig ist wie Überfischung. Und für Gus Carmody ist die Sache groß genug, dass er versucht hat, das Gebiet rund um die Höhlen zum Sperrgebiet zu erklären.« Ich blätterte eine Seite um. »Ich habe seinen Beitrag zum Online-Tauch-Führer für diese Gegend erst heute Morgen gelesen: ›Die Intrinsic Bay eignet sich nur bei schönem Wetter zum Tauchen. Sie ist bei schwerer See oder Gischt zu meiden. Die Abriebplattform unter dem Lookout Cliff sollte immer gemieden werden. Die Kombination aus Turbulenzen über ihr und aufsteigenden Strömungen aus der tiefen Senke darunter macht das Tauchen gefährlich, selbst bei scheinbar ruhigen Bedingungen.‹ Ich denke, damit will er eindeutig zum Ausdruck bringen: Denkt nicht mal dran. Finden Sie nicht?«
    »Sicher. Aber so ist Gus eben. Er kann bei manchen Dingen etwas zwanghaft sein. Er wollte die Lage der Höhle geheim halten – was verständlich ist -, und es ist ja tatsächlich ziemlich gefährlich dort.«
    »In welcher Weise noch zwanghaft?«
    Mahon runzelte die Stirn. Er wusste nicht, worauf das Gespräch zusteuerte. »Sie haben ihn im Restaurant gesehen. Er liebt Ordnung. Macht sich Sorgen, wenn Dinge nicht an ihrem Platz sind.«
    »Und wenn er sich nicht, sagen wir, um die Zahl und Art der Hummer sorgt, die er fängt, ist er dann ein religiöser Mensch?«
    Mahon sah mich befremdet an. »In gewisser Weise wohl schon. Als seine Frau starb, lehnte er Religion für eine Weile ab. Aber dann

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