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Die Opferung

Die Opferung

Titel: Die Opferung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Masterton
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Dunkelheit zurück, während die Steinmauern, die zu beiden Straßenseiten standen, ein lautes Echo meiner Schritte warfen. Je länger ich darüber nachdachte, umso sicherer war ich, dass ich Liz an dem Geschäft hatte vorbeilaufen sehen. Oder jemanden, der ihre Zwillingsschwester hätte sein können. Aber was sollte Liz hier auf der Straße gemacht haben, noch dazu in einem langen braunen Umhang? Und wie sollte sie mich überholt haben, während ich von Fortyfoot House zum Geschäft gegangen war? Dass sie mich nicht überholt hatte, war sicher.
    Als ich die letzte Biegung der Straße erreicht hatte, tauchte hinter den Bäumen Fortyfoot House auf. Eine Ansammlung von Dreiecken, Buckeln und Vielecken, aus dem Schornsteine sich wie schwere kopflastige Spitzen in den Himmel streckten. Während ich mich dem Haus näherte, stellte ich fest, dass ich immer intensiver auf das Muster starrte, zu dem sich das Dach formte. Allmählich erreichte es eine Form, die mir vertraut war. Und genauso allmählich wurde mir die Bedeutung dieses außergewöhnlichen und sonderbaren Designs bewusst. Ich blieb stehen und betrachtete das Dach, und mit einem Mal wusste ich, dass ich die Bedeutung von Fortyfoot House von Anfang an richtig eingeschätzt hatte, als sei ich auf meine Ankunft vorbereitet worden, lange bevor ich auch nur eine Ahnung hatte, dass ich herkommen würde.
    Von hier aus bildete das Dach exakt die Form des sumerischen Tempels in der Ausgabe von National Geographie, jenes Tempels, den die Türken abgerissen halten. Die gleichen Kanten, die gleichen Spitzen, die gleichen unmöglichen Perspektiven.
    Wenn Kezia Mason wirklich selbst dieses Dach entworfen hatte, dann hatte der alte Mr. Billings viel mehr als nur ein verzogenes Mädchen aus dem East End ins Fortyfoot House gebracht. Er hatte einer jahrhundertealten Intelligenz Zutritt verschafft, die wusste, wie man Bauwerke errichtet, die auf eine übernatürliche Weise von den normalen Grenzen von Raum und Zeit befreit sind.
    Ich stand wie erstarrt da und sah das zusammengekauerte Profil des Hauses an, während ich das Gefühl hatte, entweder von einer genialen Erkenntnis oder vom Wahnsinn erfüllt zu sein. Saul auf dem Weg nach Tarsus. Es war ein gewaltiges Gefühl, ein Gefühl, das mir ein Rauschen in den Ohren bescherte, als würde ich ins Vakuum des Alls geschleudert und könnte plötzlich Gott verstehen.
    Ich kehrte zum Haus zurück. Ein beiger Renault Kombi parkte gleich neben dem Wrack meines Audi. Reverend Pickering war also angekommen.
    Liz öffnete die Haustür, während ich noch nach meinem Schlüssel suchte. »Der Vikar ist hier«, sagte sie. »Was ist?«, fragte sie dann, als sie bemerkte, dass ich sie offenbar etwas seltsam ansah.
    »Bist du noch mal rausgegangen?«, fragte ich.
    »Raus? Natürlich nicht. Ich habe darauf gewartet, dass du den Wein bringst. Wieso?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ist nicht so wichtig.«
    Sie nahm mir die Weinflasche ab, während ich ins Wohnzimmer ging. Dennis Pickering hatte in einem der alten Sessel Platz genommen und unterhielt sich mit Danny, der wieder aufgestanden war. Als ich hereinkam, erhob sich Pickering und gab mir die Hand. Er sah ein wenig müde aus, und auf dem Revers seiner grünen Tweed-Sportjacke war ein Fleck Tomatensuppe zu sehen.
    »Wie wäre es mit einem Glas Wein?«, fragte ich.
    »Vielleicht später«, sagte er und sah sich um. »Ich muss gestehen, David, dass dieses Haus mich unruhig werden lässt. Reine Einbildung, aber in meiner Branche muss man sich schon eine Menge einbilden können. Vom Glauben mal ganz abgesehen.«
    »Ich nehme an, Sie haben gehört, was Mrs. Kemble zugestoßen ist«, sagte ich.
    Er nickte. »Bedauerlicherweise ja. Eine meiner Damen hat mich angerufen. Das ist schrecklich. Tragisch. Die Polizei scheint zu glauben, dass sie auf den Felsen spazieren gegangen und dann ausgerutscht ist. Sie hat sich wohl den Kopf gestoßen und ist dann ertrunken. Das ist nicht besonders schwierig, vor allem für eine Frau in ihrem Alter. Außerdem kann man ohne weiteres in nur wenige Zentimeter tiefem Wasser ertrinken. Ein kleiner Junge aus Shanklin ist letzten Sommer fast an derselben Stelle ertrunken.«
    »Heute Abend haben wir noch keine Geräusche gehört«, sagte ich. »Außer, es sind welche zu hören gewesen, als ich den Wein gekauft habe.«
    Danny schüttelte den Kopf. »Ich bin nur aufgewacht, weil ich dachte, ich hätte die Ratte gehört. Sonst war nichts.«
    »Und wo hast du sie gehört?«
    »Oben

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