Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Opferung

Die Opferung

Titel: Die Opferung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Masterton
Vom Netzwerk:
noch lebend gesehen, nachdem Sie und Danny gegangen waren. Und Reverend Pickering hat Ihren Besuch bei ihm bestätigt. Wenn Sie nicht gerade in der Lage sind, sich an zwei Orten gleichzeitig aufzuhalten, dann ist es einfach unmöglich, dass Sie Mrs. Kemble etwas angetan haben.«
    Miller trank seinen Tee in kleinen Schlucken aus, dann stand er auf, stellte den Becher ins Spülbecken und sagte: »Vielleicht komme ich noch mal wieder. Sie bleiben doch noch hier, oder?«
    Ich war sicher, dass ich ein schwaches pelziges Rascheln hinter der Fußleiste hörte. Hatte Detective Sergeant Miller es auch wahrgenommen?
    »Ja«, antwortete ich. »Ich bin vorläufig noch hier. Sie haben ja bemerkt, wie mein Wagen aussieht.«
    »Das wollte ich Sie ohnehin noch fragen«, sagte Miller, während ich ihn zur Haustür brachte.
    »Höhere Gewalt.«
    »Hmh«, machte er. Während er fortging, hörte ich hinter mir wieder dieses Scharren.
     

11. Der Garten von gestern
    Um kurz vor acht rief Reverend Pickering an, um zu sagen, dass er sich ein wenig verspäten würde. Zwischen seinen Damen, die für die diesjährige Erntedankfeier die Kirche dekorierten, hatte es einen Streit gegeben. »Ich fürchte, einige meiner Frauen sind sehr entschlossen. Fast wie Walküren.«
    Ich stand im Flur und blickte währenddessen auf das Foto >Fortyfoot House, 1888<. Der junge Mr. Billings hatte mittlerweile die halbe Strecke über den Rasen zurückgelegt und näherte sich der Stelle, an der sein Schatten auf ihn wartete. Neben ihm befand sich eine dunkle kleine Gestalt, die schlichtweg alles hätte sein können. Ein Fleck auf dem Negativ, ein Tintenklecks, ein Schatten. Oder Brown Jenkin, das Rattenwesen, das durch Fortyfoot House rannte und suchte ... aber nach was? Auf dem Dachboden gab es nichts zu essen, und es gab keine Anzeichen dafür, dass Ratten an den Möbelstücken genagt oder nach einem Weg in die Vorratskammer gesucht oder sich Nester aus alten Zeitungen gebaut hatten.
    Falls Brown Jenkin eine Ratte war, dann eine verdammt seltsame. Wir hatten über Nacht in der Küche Käse offen herumliegen lassen, der nicht angerührt worden war. Es hatte auch keine Versuche gegeben, die Vorratskammer zu plündern. Allerdings fanden sich darin in erster Linie Corned-Beef-Dosen und Spaghetti-Packungen. Entweder war Brown Jenkin gar keine Ratte, oder er bevorzugte anderes Essen.
    Wir aßen Lasagne und Salat und tranken den Wein aus. Danny war schläfrig, sodass ich ihn gegen Viertel nach neun huckepack nahm und nach oben brachte. Nachdem ich ihn zugedeckt hatte, sagte er: »Diese Taschenkrebsc können doch nicht an Land kommen, oder?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ganz bestimmt nicht.«
    »Kann ich das Licht anlassen?«
    »Natürlich.«
    »Die Taschenkrebse können nicht ins Haus kommen, oder?«
    »Nein, das können sie nicht. Sie müssen im Wasser bleiben, sonst sterben sie. Hör mal, Danny, du hast heute etwas Schreckliches gesehen, aber die Taschenkrebse haben Mrs. Kemble nicht getötet. Sie hat sich das Genick gebrochen, vermutlich ist sie von den Felsen gestürzt. Die Taschenkrebse machen keinen Unterschied darin, welches Fleisch sie essen. Sie essen tote Vögel, Muscheln, eigentlich alles. Manchmal ist die Natur grausam.«
    Ich strich sein Haar zurück und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. »Schlaf gut«, sagte ich. »Und dass du mir ausschließlich von einer großen Tüte Lakritz träumst.«
    »Lakritz mag ich nicht mehr.«
    »Na, dann träum von etwas, was du magst.«
    »Ich mag Frauen.«
    »Frauen ? Oh, du meinst sicher Mädchen?«
    »Nein, Frauen. Ich hasse Mädchen.«
    Oha, dachte ich, während ich die Tür leise zuzog. Wie der Vater, so der Sohn. Ich blieb einen Moment lang im Flur stehen und lauschte auf das verstohlene Scharren hinter den Fußleisten. Oder auf diese tiefen unverständlichen Gesänge. Doch heute Nacht schien Fortyfoot House besonders ruhig zu sein, als habe es sich heimlich in zwei Meter dicke Watte eingepackt.
    Ich ging nach unten. Liz saß im Wohnzimmer im Schneidersitz auf dem Sofa und sah fern. »Haben wir noch Wein?«, fragte sie.
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Und was sollen wir dann Reverend Pickering anbieten?«
    »Tee, dachte ich. Vikare trinken doch immer Tee, oder?«
    »Nicht die, die ich kenne.«
    »Na gut«, erwiderte ich. »Dann gehe ich noch mal zum Laden. Ich glaube, ich habe noch genug Geld für eine Magnumflasche Plonko de France.«
    Der Abend war warm, also verzichtete ich auf einen Mantel. Ich zog die Haustür

Weitere Kostenlose Bücher