Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman
fürchterliche Unfälle bei den Manövern haben … Ich sehe das schon vor mir. Jedes Jahr kommen ein paar Novizen bei den Manövern um. Diesmal werden es lauter Löwen aus dem siebenundvierzigsten Jahrgang sein. Und niemand wird uns eine Träne nachweinen. Wir sind erledigt. Tot! Alles ist …«
Gishild stieß ihm den Ellenbogen in die Seite.
»Halt endlich die Klappe, du Jammerlappen. Wir gehen da jetzt hinunter und bringen die Sache hinter uns. Wir sind Löwen!«
Sie sah sich herausfordernd um. Niemand widersprach ihr.
Begleitet von Schmährufen aus dem Publikum, stiegen sie zur Schlammgrube hinab. Beim Plankenweg, der hinauf zum Fahnenmast führte, erwartete sie Drustan. Der Magister war ihnen auf dem Weg von den Baracken ein Stück vorausgeeilt und schon vor ihnen beim Spielfeld angekommen. Mit ernstem Gesicht ließ er einen nach dem anderen vorüberziehen. Als Joaquino vor ihm stand, hielt er den Kapitän an.
»Ich weiß nicht, was hier vor sich geht, Jüngelchen. Es ist mir ein Rätsel. So etwas habe ich noch nie erlebt. Ich weiß, dass ihr dahintersteckt, auch wenn ich keine Vorstellung davon habe, was ihr diesmal wieder angestellt habt. Ich rate euch nur eins: Macht den Löwen keine Schande!« Er musterte die Lanze. »Was haben diese Wasserschläuche zu bedeuten, die ihr umgeschnallt habt?«
»Es ist nicht verboten, Wasserschläuche zu tragen!«, entgegnete Luc, noch bevor Joaquino etwas sagen konnte. Er
wollte nicht, dass jetzt schon herauskam, welche Bewandtnis es damit hatte.
»Verboten ist es nicht …« Er sah sie misstrauisch einen nach dem anderen an. »Trinkt lieber jetzt. Das Spiel wird nicht so lange dauern, dass ihr durstig werden könntet. Es ist nicht gut, unnötigen Ballast mit auf die Ketten zu bringen. Das bringt euch nur unnötig aus dem Gleichgewicht.«
»Was soll das heißen, das Spiel wird nicht so lange dauern? Hast du uns auch schon abgeschrieben, Bruder Drustan? « Gishild war bitter enttäuscht. »Als unser Magister solltest du auf unserer Seite sein.«
»Vor allem sollte ich euch nichts vormachen. Nur ein Wunder kann euch zum Sieg verhelfen«, entgegnete er gereizt. Dann ging er zu den anderen Lehrern.
Luc lächelte trotzig. Er hatte seine Zweifel, ob Tjured ihre Taten gutheißen würde, aber ein Wunder würden sie nicht brauchen. Er trat zu Anne-Marie. »Du weißt, was du zu tun hast?«
Das Mädchen nickte schüchtern. »Ich spiele so wie immer, und ich bin froh, dass ich damit aus der Sache heraus bin. Mir können sie doch nichts tun, oder?«
»Keiner wird uns etwas tun«, beschwichtigte er sie, auch wenn er sich da überhaupt nicht sicher war.
Sie traten auf die Ketten hinaus. Giacomo und Raffael blieben als Reservespieler zurück. Anne-Marie stand in der Mitte der neun Pfähle. Auf den Ketten rechts und links hinter ihr liefen Joaquino und Gishild. Sie waren die besten Kettenläufer ihrer Mannschaft.
Luc spürte das raue, rostige Metall unter den Füßen. Vor Anspannung kaute er auf seiner Unterlippe. Ein Fanfarenstoß eröffnete das Spiel.
Alle Löwen griffen nach den Wasserschläuchen an ihren
Gürteln. Ein leichter Ruck, und die Schnüre aus geflochtenem Gras zerrissen. Luc drehte den Verschluss vom Mundstück ab.
Die Drachen rückten wie erwartet mit all ihren Spielern vor. Sie wollten die Löwen mit einem einzigen Sturmlauf niedermachen. Außer den Reservespielern ließen sie niemanden zurück.
Mascha, die Kapitänin der Drachen, lief in der Mitte ihrer Mannschaft auf der fünften Kette und hielt genau auf Anne-Marie zu.
Luc hatte die schlanke Anführerin der Drachen schon bei etlichen Spielen beobachtet. Sie war kraftvoll und tollkühn. Und sie hielt sich hervorragend auf den Ketten. Anne-Marie war ihr hoffnungslos unterlegen. Davon überzeugt, auf jeden Fall durchzubrechen, ließ Mascha gleich zwei weitere Spieler mit Kampfstäben hinter sich laufen. Sie bildeten den machtvollen Schwerpunkt ihrer Spielformation.
Luc sah, wie Anne-Marie zitterte.
»Fegt sie hinweg, Drachen!«, rief Mascha, und hunderte Zuschauer feuerten sie grölend an. Gegen die Löwen zu wetten, war geschenktes Geld, selbst wenn man zehn Silberstücke aufbieten musste, um nur eines hinzuzugewinnen.
»Löwen bereit!«, bemühte sich Joaquino den allgemeinen Tumult zu übertönen.
Mascha war der restlichen Spielerlinie um drei Schritte voraus. Mit hoch erhobenem Schwert rannte sie auf Anne-Marie zu.
Luc blickte zurück. Raffael machte sich schon bereit, über die Ketten zu
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