Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman
Schnabel unter der Kapuze vor. Blaugrauer Rauch quoll aus der Schnabelspitze und vermengte sich mit dem Pulverdampf, der immer noch durch das Zimmer zog. Ein schwarzer, mit schimmernden Rabenfedern besetzter Umhang wallte von den Schultern der Kreatur.
Sprachlos vor Entsetzen wich Luc vom Kadaver des Wolfs zurück. Seine Mutter hatte recht gehabt. Man durfte das Übel nicht beim Namen nennen! Es konnte immer noch schlimmer kommen! Er hatte mit seinen leichtfertigen Flüchen die Anderen herbeigerufen! Die Herren der Wölfe, die Verderber der Welt!
Lucs Finger schoben sich durch die Bleiranken des zersplitterten Fensters, und sie ertasteten Rosenblüten.
Dumpfe Laute drangen aus dem rauchenden Schnabel. Die Spitze des Rapiers deutete drohend auf Lucs Brust.
Diesmal hatte Tjured Gnade mit ihm. Die schwere Pistole glitt durch Blei und Glassplitter, ohne sich zu verfangen. Mit beiden Händen hielt Luc die Waffe. Sein Finger krümmte sich um den Abzug. Ein greller Mündungsblitz zuckte durch das Zwielicht. Der Rückschlag der Waffe warf Luc gegen den Schrank, und die Welt versank in Dunkelheit und Pulverdampf.
EINE MAUER AUS STAHL
Sie waren Furcht einflößend! Prinzessin Gishild drückte sich sanft an ihre Mutter und beobachtete den Aufmarsch der Ordensritter. Die Leibwache der Unterhändler, die am Waldrand aufzogen, bildete ein kleines Heer. In der drückenden Hitze des Sommernachmittags übertönte das Scheppern ihrer schweren Rüstungen alle anderen Geräusche in dem verlassenen Dorf im Herzen des Waldes.
Gishild spürte, wie der morastige, schwarze Boden unter den Hufen der großen Pferde erbebte. Ein mulmiges Gefühl stieg ihr in den Bauch, das mit jedem Herzschlag schlimmer wurde.
Stickige Hitze lastete auf der weiten Lichtung. Der Geruch von Schweiß und Pferdedung hing in der Luft. Kein Windhauch
regte sich. Gishild spürte, wie ihr leichtes Leinenkleid am Rücken festklebte.
Wie hielten ihre Feinde es nur in den Rüstungen aus? Warum sanken sie nicht ohnmächtig aus den Sätteln? Wie eine Mauer aus Stahl kamen die schwer gepanzerten Reiter aus dem Wald. Dann verharrten sie alle im selben Augenblick. Unheimlich.
Die Reihe der Ritter war so vollkommen ausgerichtet, als hätten sie an einem unsichtbaren Wall gehalten. Alle Reiter hielten die Helmvisiere geschlossen. Hinter schmalen, verschatteten Schlitzen verborgen lagen ihre Augen. Lange weiße Wimpel flatterten an den schweren Lanzenschäften. Auf jedem der Wimpel prangte ihr Wappen, die tote rote Eiche, der Baum, an dem Guillaume, ihr wichtigster Heiliger, einst gestorben war. Es war das Zeichen der Neuen Ritterschaft, der schlimmsten Fanatiker in den Heerscharen der Priester, wie ihr Vater immer sagte.
Selbst ihre riesigen Pferde hatten die Ordensritter in Stahl gewappnet. Prächtige Stirnplatten schmückten die Köpfe, und stählerne Platten schmiegten sich statt weichem Haar in ihre Nacken. Auch der Rumpf und die Kruppe waren in Stahl gewappnet, so wie die Reiter, die ebenfalls völlig in schimmerndem Silber gerüstet waren. Die Schwertgurte aus gefärbtem Leder, das mit Gold und Brillanten besetzt war, und die Federn auf ihren Helmen waren die einzigen Farbtupfen in diesem Wall aus Stahl. Und jene kleinen Wappenschilde aus Emaille, die jeder von ihnen über dem Herzen trug … Sie alle sahen anders aus. Nur den roten Baum hatten sie alle gemeinsam. Doch daneben gab es viele verschiedene Zeichen. Steigende Löwen, Türme und Drachen, Schwerter und Schiffe. Wahrscheinlich konnten sie sich untereinander an diesen Schilden erkennen, überlegte Gishild, selbst
wenn die geschlossenen Visiere ihre Gesichter verbargen. Sie dachte einen Augenblick darüber nach, wie schwer es wohl war, so viele Wappen auseinanderzuhalten. Dann widmete sie ihre Aufmerksamkeit wieder ganz den Pferden. Sie waren riesig und erinnerten die Prinzessin an Kutschpferde. Gishild wusste, dass diese Schlachtrösser dazu ausgebildet waren, ihren Herren im Kampf beizustehen. Sie zermalmten Feinde, die sich zu Fuß näherten, mit ihren mächtigen Hufen, ja, es hieß sogar, sie würden ihr eigenes Leben opfern, um einen tödlichen Streich von ihren Rittern abzuwenden. Das mochte Gishild nicht wirklich glauben. Das wäre Zauberei, und zumindest diese eine Waffe war ihren mächtigen Feinden versagt.
Eine schmale Hand legte sich auf ihre Schultern. »Hab keine Angst«, flüsterte die warme Stimme ihrer Mutter Roxanne. »Die Furcht ist ihre schärfste Waffe.«
Gishild blickte auf in die
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