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Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman

Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman

Titel: Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Mann gekommen, wie sie es vereinbart hatten. Eine Eskorte, eines Königs würdig, doch keine Streitmacht. Schließlich wollten sie in diesem namenlosen, vom Krieg entvölkerten Dorf verhandeln und keine Schlacht austragen. Ihr Vater hatte zu seinem Wort gestanden. Er war immer schon ein ehrenhafter Krieger gewesen.
    Ein dicker Schweißtropfen rann Gishilds Hals hinab. Es war unerträglich schwül. Jeden Augenblick mochte der Regensturm beginnen.
    Die Prinzessin blinzelte zu ihrem Vater hinüber. Wenn man ihn kannte, konnte man ihm seine Anspannung anmerken. Feine Fältchen zeigten sich in den Mundwinkeln, Schweißperlen funkelten im Bart. Als er spürte, dass sie zu ihm hinübersah, schenkte er ihr ein Lächeln, doch seine Augen wirkten traurig. Er hatte ihr gestern Abend erklärt, wie sie sich verhalten sollte, falls die Ordensritter einen Verrat begingen.
    Gishild kniff die Augen zusammen. Sie spürte die Hand ihrer Mutter zittern, die noch immer auf ihrer Schulter ruhte.
    Bitte, ihr Götter des Nordens!, flehte die Prinzessin stumm. Schenkt uns eure Gnade! Lasst meine Eltern und all ihre Freunde nicht heute sterben. Bitte, ich gebe euch mein Leben, wenn ihr heute Blut sehen müsst, um gnädig sein zu können. Lasst das Königshaus des Fjordlands nicht verlöschen, weil mein Vater den Versprechen eines Tjuredpriesters traute. Nehmt mich als Pfand für eure Gnade. Ich gebe mich hin, so wie Ulric und Halgard sich hingegeben haben, um den Norden zu retten, und all die anderen meines Blutes, die ihr Leben dem Land opferten, dem ihr Herz gehörte.

    Als Gishild die Augen wieder öffnete, war sie sich sicher, dass die Götter sie erhört hatten. Die Regenwolken hatten fast die Lichtung erreicht. An den Bannern der Ritter zerrte der Wind. Wenn es regnete, würden die Arkebusiere, die sich im Wald verbargen, ihre Waffen nicht mehr benutzen können.
    Die Prinzessin lächelte trotzig. Sie würde den Rittern ihre Angst nicht zeigen! Sie floh in Gedanken … Wehmütig erinnerte sie sich an all die friedlichen, langweiligen Tage, die sie mit ihrem alten Lehrer Ragnar in der Bibliothek von Firnstayn verbracht hatte. Wie hatte sie damals ihren jüngeren Bruder Snorri beneidet! Ihm war diese stupide Lernerei erspart geblieben. Als Junge hatte er Fechtunterricht bekommen und reiten und schwimmen gelernt. Nur einen einzigen Tag in der Woche musste er zu Ragnar in die Bibliothek, wo sie selbst fünf Tage zu verbringen hatte. Das war ungerecht gewesen …
    Sie schluckte. Eigentlich war sie kein Mädchen, das schnell weinte. Aber wenn sie an den kleinen Snorri dachte, dann stiegen ihr immer noch Tränen in die Augen. So lange er noch gelebt hatte, hatte sie ihn tausendmal am Tag verflucht. Er war eine Landplage gewesen! Hatte sie an den Haaren gezogen, sie mit seinem Holzschwert gepiesackt und keine Gelegenheit ausgelassen, sie zu ärgern. Gishilde, Gishilde, führt ein Strumpfband im Schilde. Mit diesem selbst gedichteten Spottvers hatte er sie seinen letzten Sommer lang geärgert. Ihr Vater hatte Snorri damals erlaubt, sein späteres Königswappen auszuwählen. Ihr Bruder hatte sich für einen stehenden roten Löwen vor weißem Grund entschieden. Gishild durfte natürlich kein Wappen führen. Sie hätte eines Tages verheiratet werden sollen, um einen Verbündeten noch enger an die Königsfamilie zu binden. Ein Strumpfband zu ihrem Wappen
zu erklären, war so schamlos, dass Gishild selbst heute noch die Wangen glühten, wenn sie daran dachte. Ihr wäre es bestimmt gewesen, ihre Schlachten zwischen ihren Schenkeln zu schlagen. Im Ehebett und später dann im Kindbett. Was das hieß, wusste sie nur zu gut. Die Nacht von Snorris Geburt und das ausgezehrte Gesicht ihrer Mutter hatte sie niemals vergessen. Obwohl sie so klein gewesen war, hatte sie begriffen, wie nahe Roxanne dem Tod gewesen war. Sie wollte keine Kinder haben. Doch Gishild wusste, dass sie keine Wahl hatte … Es lag an ihr, das Blut ihrer Sippe weiterzutragen … Aber sie fürchtete sich davor, eine solche Nacht wie ihre Mutter zu erleben. Sie konnte sich vorstellen, mit dem Schwert in der Hand auf dem Schlachtfeld zu sterben. Aber nach endloser Qual im Kindbett … Sie dachte an ihren Bruder. Nein, die Schlacht im Kindbett würde ihr nicht erspart bleiben.
    Im gleichen Sommer, in dem Snorri seinen Spottvers ersonnen hatte, war er ertrunken. Sie hatte ihn noch schreien hören, aber als sie an den Wolkenspiegelsee gelaufen kam, um nach ihm zu sehen, waren auf der glatten

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