Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman

Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman

Titel: Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
Vom Netzwerk:
ergießt sich, so besteht Hoffnung. Verfärbt die Beule sich aber schwarz, dann ist der Tod nahe. Meist in den kalten Tagen mag es geschehen, dass am ganzen Leibe ein schwarzer, linsenförmiger Ausschlag erscheint. Dies ist ein sicheres Zeichen des nahenden Todes. Kranke, die diese Male tragen, beginnen zu husten, und sie verbreiten die Pest im ganzen Haus. Bringt sie fort von den Lebenden! Sie werden sich an ihrem eigenen Blute zu Tode erbrechen!
    Wird ein schwangeres Weib von dem Fieber ergriffen, das die Krankheit ankündigt, so verschwendet keine Kräfte darauf, ihr Übel zu lindern, denn es besteht keine Hoffnung auf Heilung. Tjured wird stets beide Seelen zu sich rufen. Die einen versterben nach der Geburt eines toten Kindes, die anderen gehen noch bei der Geburt mit den Kindlein zugrunde. Nie sah ich es anders geschehen. Zu viel Kraft kostet es, ein Leben zu schenken. Einem Weib, das in Zeiten der Sieche dies Opfer bringt, dem verbleibt nicht mehr genügend Kraft, um im Ringen mit dem Schwarzen Tode zu bestehen.
    Willst du, tapfere Seele, aber in Zeiten der Pest den Leidenden beistehen und den Sterbenden Trost spenden, so schütze
dich vor dem Odem der Sieche. Trage die Maske des Raben und achte darauf, in der Spitze des Schnabels Weihrauch zu verbrennen oder köstlich duftende Spezerey zu tragen. Verfügst du über keine Maske, so binde ein Tuch vor dein Antlitz und tränke es mit wohlriechenden Essenzen, damit der faulige Geruch der Pest dir nicht in Mund und Nase steigen kann. Es ist diese faulige Luft, die den Tod von Haus zu Haus, von Stadt zu Stadt und von Land zu Land trägt. Kleide dich in einen dichten dunklen Stoff, den du mit Wachs oder Öl bestreichst, bis kein Wasser ihn mehr durchdringen kann. Und so du über sie verfügen kannst, trage Rabenfedern, denn die Pest mag zwar Ratten töten, doch niemals wurde von ihr ein Rabe dahingerafft. Zuletzt aber wappne dich mit Mut und einem kalten Herzen, denn beides wirst du brauchen, wenn du dem Elend und der Verzweiflung entgegentreten willst. Und vergiss eine lange Klinge nicht, denn es mag vorkommen, dass manch Gesunde dich bedrohen, damit du nur ihren Kranken hilfst und niemand anderem. Und weißt du nicht, zu wem du gehen sollst, weil der Kranken so viele sind, so suche Einkehr im Gebet und bedenke, die Alten, die kleinen Kinder und die schwangeren Mütter wirst du nicht retten können. Ebenso wenig jene, die die schwarze Beule tragen. Sie will Tjured zu sich rufen. Missachte nie die Zeichen Gottes, denn tust du es, so wirst du in deinem Bemühen, sich gegen seinen Willen aufzulehnen, stets unterliegen. …«
     
    AUS: VON DEN SIEBEN GROSSEN SIECHEN
UND DEN ZEICHEN, DIE GOTT UNS ZUR
WARNUNG SENDET, S. 72 ff.
IV. DURCHGESEHENE UND BEARBEITETE AUSGABE, SANKT
RAFFAELS KASTELL, IM SIEBENTEN JAHR DES GOTTESFRIEDENS
VERFASST VON NICOLO MANSINI

EIN KIND, ANDERS ALS DIE ANDEREN

    Michelles Welt war auf die kleine rote Wunde im hellen Fleisch geschrumpft. Vorsichtig bewegte sie die Pinzette und suchte nach Stofffetzen. Schweiß rann ihr über die Stirn. Honoré stieß ein gepresstes Stöhnen aus. Er hatte Glück gehabt, dass der verdammte Junge ihn nicht getötet hatte.
    Am Rande ihres Gesichtsfelds bemerkte sie, wie Honoré mit schmerzverzerrtem Gesicht jeder ihrer Bewegungen folgte. Er war der weit bessere Heiler. Seine Erfolge grenzten an Wunder.
    Michelle konzentrierte sich wieder ganz auf die Pinzette, die tief im geschundenen Fleisch steckte. Sie stellte sich vor, dass die beiden stählernen Greifer zu ihrer eigenen Hand gehörten und dass sie mit ihnen ebenso gut fühlen konnte wie mit den Fingerspitzen. Sie musste Erfolg haben! Es ging nicht um die Bleikugel. Die war unter dem Schulterblatt wieder ausgetreten. Gefährlicher noch als die Kugel waren die Stofffetzen! In dem zerschundenen, blutigen Fleisch waren sie fast nicht zu entdecken. Michelle hatte miterlebt, wie das, was unausweichlich folgen musste, wenn sie versagte, stärkere Männer als Honoré umgebracht hatte. Blieben Stofffetzen in der Wunde zurück, dann würde sie brandig werden. Selbst wenn sie zum Abschluss ein glühendes Eisen benutzte, um die Blutung zu stillen und die Wunde zu säubern, konnte sie nicht sicher sein, alle Stofffasern zu vernichten. Sie musste sie jetzt finden!
    Der Junge hatte Honoré ein paar Finger breit über dem Herzen getroffen. Michelle hob den Kopf und wischte sich mit der Linken über die schweißnasse Stirn. Ihre Rabenmaske
hatte sie längst abgenommen, auch

Weitere Kostenlose Bücher