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Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman

Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman

Titel: Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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kleinen Löchern in der Schnabelspitze. Er half den fauligen Atem der Pest zu vertreiben. Dank Honoré verwendeten sie alle nur den besten Weihrauch als Räucherwerk. Er stammte aus einer reichen Familie, und trotz des Armutsgelübdes, das er wie alle Brüder und Schwestern der Neuen Ritterschaft abgelegt hatte, hatte er sich die Verbindungen erhalten, die ihm die eine oder andere Vergünstigung einbrachten. Aber jetzt würde ihm all das gar nichts helfen. Er durfte nur auf Tjureds Gnade hoffen, und Michelle war sich nicht sicher, ob sie ihm gewährt würde.

    Wieder blickte die Ritterin zu dem kleinen, blassen Jungen. Trotz seiner Wunden und all der Schrecken, die er erlebt haben musste, weinte er nicht. Hatte Tjured diesen Jungen als seinen Henker erwählt? War es Gottes Fügung, dass er Honoré niedergeschossen hatte? Wahrscheinlich hatte der Kleine nie auch nur von Pestärzten mit ihren Rabenmasken gehört. Er musste sie für Dämonen gehalten haben!
    Michelle betrachtete wieder ihren Kameraden. Sein Blick war schwer vom Wein. Drusna hatte Honoré tiefgreifender verändert als die übrigen Ritter aus ihrer Lanze. Die Dunkelheit der Wälder hatte einen Schatten auf seine Seele geworfen.
    »Was macht das Eisen?«, stieß Honoré hervor. »Warum dauert das so lange?«
    »Weil wir es richtig machen wollen«, entgegnete Nicolo ruhig. »So, wie du es an unserer Stelle tätest.«
    Erneut wanderte Michelles Blick zu dem Kind. Sie sollte ganz bei der Sache sein, statt den Kleinen anzustarren! Doch der Junge faszinierte sie. Er hatte keine Angst, und obwohl sein Arm grässlich schmerzen musste, gab er keinen Laut von sich. Mit wachen dunklen Augen verfolgte er jede ihrer Bewegungen. Ob er nicht sprechen konnte? Wie hatte er es allein in einem Dorf voller Leichen ausgehalten? War er verrückt?
    Honoré schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Ich habe die Warterei jetzt satt! Bringen wir es hinter uns. Rot glühendes Eisen ist heiß genug!«
    Nicolo am Feuer warf ihr einen zweifelnden Blick zu. Michelle nickte knapp. Dann winkte sie Frederic und Corinne, die bei der Tür standen. »Haltet ihn.«
    »Ich werde nicht schreien und strampeln«, protestierte er. Der Wein hatte seine Zunge schwer gemacht. Er lallte ein wenig.
    Michelle sah Honoré fest an. »Red keinen Unsinn! Du
weißt es besser! Keiner ist so stark.« Sie holte das Beißholz aus der Tasche mit den Messern, Sägen und Wundspreizern. Das dunkle, harte Holz war voller Kerben.
    Honoré nahm hastig noch einen letzten Schluck aus der Weinflasche. »Ich werde nicht schreien. Ich nicht!«, zischte er trotzig. »Wir haben Schlimmeres erlebt.«
    »Sicher«, sagte Michelle halbherzig und wünschte sich, dass er endlich den Mund hielt.
    »Tjured hat mich zu Großem bestimmt«, ereiferte sich Honoré. »Das Böse nistet unter uns. Ich muss es ausmisten, muss es mit Stumpf und Stiel vernichten. Das ist meine Berufung. Ich sehe Dinge, die euch verschlossen sind. Tjured hat mir die Gabe verliehen! Sein größtes Geschenk! Ich kann noch nicht gehen. Nicht so!«
    Michelle hatte schon oft erlebt, wie Todesangst Männer zu stammelnden Narren machte, die fest überzeugt waren, dass Gott sie noch brauchte, um sein Werk in der Welt zu vollenden. Doch sie war enttäuscht, dass auch Honoré sich zu solchem Wahn verstieg.
    »Haltet ihn!«, befahl sie knapp.
    Frederic und Corinne packten Honorés Arme und Beine. Der Ritter stöhnte auf, als sich sein Brustmuskel spannte. Seine Wunde begann kräftiger zu bluten.
    Nicolo kam vom Kamin. Seine großen Hände schlossen sich um Honorés Schläfen; er presste den Kopf seines Kameraden fest auf die Tischplatte.
    »Noch irgendwelche ergreifenden Abschiedsworte, bevor wir die nächsten Stunden Ruhe vor dir haben?« Michelle versuchte ihm mit einem milden Lächeln Mut zu machen.
    »Ich will dabei sein, wenn ihr den Jungen verbrennt. Wartet damit, bis ich wieder wach bin.«
    Der Schmerz schien Honoré endgültig den Verstand zu rauben.
Das konnte er nicht ernst meinen! Sich an dem Kind zu rächen … Sie waren hier nicht mehr in Drusna! Michelle entschied sich, den Wunsch ihres Waffenbruders einfach zu übergehen.
    »Du wirst wieder aufwachen«, sagte sie ruhig. »Ich habe schon viele Schusswunden ausgebrannt. Die Mistkerle gehen dabei nie drauf. Du musst dir also keine Sorgen machen. Es erwischt immer nur die Netten.«
    Sie sah in seinen Augen, wie verzweifelt er ihr glauben wollte. Michelle schob ihm das Beißholz in den Mund und verknotete die

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