Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman
ruhen, bis sie und der Makel des Heidentums ein für alle Mal ausgelöscht sind. Erst dann werde ich mein Schwert niederlegen.«
Die Frau sprach mit einer Feierlichkeit, die Gishild sowohl beeindruckte als auch ängstigte. Es würde also keinen Frieden geben, bis die Ordensritter die Welt vernichtet hatten, in der sie aufgewachsen war. Sie musste zu der Stimme das Gesicht des Verräters finden! Der Mann sprach im Flüsterton und gehetzt. Das veränderte seine Stimme. Vielleicht hatte sie sich geirrt … Sie wünschte sich, dass es niemand vom Hof war. In ihrer Mitte durfte es keine Spitzel geben. Wenn sie doch nur einen Blick auf ihn erhaschen könnte!
Gishild presste die Wange gegen das Weidengeflecht und versuchte durch die schmalen Spalten zwischen den Zweigen zu spähen. Doch ebenso gut hätte sie versuchen können, auf den Grund eines wohlgefüllten Tintenfasses zu schauen. Die Finsternis war vollkommen, solange der Mond hinter den Wolken verborgen blieb. Es gab nur die beiden Stimmen.
»Dein Bote berichtete mir von Ivanna und Mascha. Wie kann es sein, dass sie leben?«, fragte der Mann.
»Sie haben das Massaker in Vilussa unbeschadet überstanden. Sie leben jetzt nahe Marcilla in einem Palast, der auf
marmornen Säulen im Meer steht. Dein Weib hat dreißig Diener, die ihr jeden ihrer Wünsche von den Lippen ablesen. Und deine Tochter Mascha hat sogar den Wunsch geäußert, nach Valloncour auf die berühmteste unserer Ordensschulen zu gehen. Sie ist ein sehr aufgewecktes Kind. Ich habe einen Brief, den sie dir geschrieben hat. Deine Ivanna ist eine sehr stolze Frau. Man hat mir berichtet, dass sie dir nicht schreiben wollte. Ich fürchte, sie verachtet dich dafür, dass du nicht bei ihr warst, als sie und deine Tochter dich am meisten gebraucht hätten. Sie genießt den Luxus im Seepalast.«
Gishild prägte sich die beiden Namen ein. Ivanna und Mascha. Selbst wenn sie den Verräter nicht zu sehen bekäme, würde man durch diese Namen herausfinden können, wer es war. Sie versuchte sie einzuordnen. Es waren Namen aus Drusna …
Wer war es? Sie hasste ihn! Wie konnte er die Gefährten, die an seiner Seite auf dem Schlachtfeld ihr Leben wagten, so schändlich hintergehen? Und warum hatte niemand den Verrat bemerkt? Wenn sie, Gishild, etwas ausgefressen hatte, dann konnte Mutter ihr das vom Gesicht ablesen. Warum war er nicht aufgefallen? Wie verhinderte er, dass man ihm ansah, wie er alle betrog?
»Ich muss mehr über die Anderen wissen. Wo steckt ihr Heerführer Ollowain? Wer ist die junge Frau mit den Flöten? Sie redet kaum. Auch die anderen stehen bei den Verhandlungen in der Scheune nur da und hören zu. Es reden allein die Fjordländer und die Bojaren Drusnas. Wie viel Einfluss haben die Anderen auf das, was König Gunnar tut?«
»Der König hört auf ihren Rat. Meistens. Sie waren dagegen, hierherzukommen. Ollowain sammelt ein Heer, um die Verluste vom Bärensee auszugleichen. Und sie planen einen Winterfeldzug.«
»Einen Winterfeldzug?« Die Frau schnaubte verächtlich. »Einen größeren Gefallen können sie uns nicht tun. Sie werden im hohen Schnee nicht vorankommen, und es werden mehr Krieger erfrieren, als wir den ganzen Sommer über erschlagen haben. Sollen sie nur kommen, dann ist der Widerstand im nächsten Frühling endgültig zerbrochen.«
»Es heißt, Fürst Ollowain werde etwas mitbringen, das unsere Männer vor der Kälte schützt. Angeblich würden wir selbst nackt in einem Schneesturm nicht frieren, wenn wir es tragen. Ein mächtiges Schutzamulett … Es gibt eine Saga aus den Tagen des Königs Alfadas, da ist von solchen Zauberamuletten die Rede.«
Gishild ballte in hilfloser Wut die Fäuste. Sie hatte gehört, wie ihr Vater davon gesprochen hatte. Er wollte die Ordensritter überraschen, wenn sie sich im Winter in Sicherheit fühlten, und der Kobold Brandax war sich ganz sicher, dass man ihnen ein halbes Dutzend ihrer Burgen abnehmen könnte. Zuallererst sollte Paulsburg fallen. Dort befand sich das Hauptquartier der Seeflotte. Noch waren die Festungswerke dieser Burg nicht vollendet. Einem entschlossenen Angriff würde sie nicht widerstehen. Aber all das konnte nur gelingen, wenn die Ordensritter arglos waren. Gishild wünschte sich …. Plötzlich brach das Mondlicht durch die Wolken. Die Prinzessin erkannte eine hochgewachsene, schlanke Gestalt hinter der Weidenwand. Sie verbarg ihr Gesicht unter einer Kapuze. Ganz in Schwarz war sie gekleidet.
»Es ist die Zauberei der
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